Erkenntnis
von dunderklumpen
Kurzbeschreibung
„Danke, Derek. Danke fürs Zuhören”, sagte Reid und bevor Morgan wusste, was geschah, umarmte ihn sein junger Kollege. Er war überrascht aber erwiderte die Umarmung herzlich. - Pre-Slash zu Morgan/Reid. Basierend auf dem Anfangsdialog zwischen Derek und Elle aus der Folge 122, "The Fisher King", Teil 1, den ich frei aus dem Englischen übersetzt habe. Die Idee kam mir, als ich die Folge gesehen habe und den Dialog hörte. Die Geschichte ist, in Ermangelung eines Beta-Lesers, ungebetat, aber hoffentlich mit nicht zu vielen Fehlern.
GeschichteAllgemein / P12 / MaleSlash
Derek Morgan
Dr. Spencer Reid
21.12.2007
21.12.2007
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„Erkenntnis”
Lächelnd stießen sie mit ihren Kaffeetassen an. Endlich Urlaub! Es war lange genug her, dass die BAU sie aus ihren Klauen entlassen hatte. JJ und Morgan grinsten bei dem Gedanken an all die freie Zeit, die vor ihnen lag. Keine Fälle, keine Mörder, keine unschuldigen Opfer! Einfach Sonne, Strand und Faulenzen wie Morgan es jedem, der es hören wollte, seit Tagen erzählte. Auch Reid, der ins Büro trat und zu seinem Schreibtisch hetzte.
„Oh, da ist er ja”, sagte Morgan lächelnd und ging mit seinem Kaffee in der Hand zu Reid. JJ folgte ihm zum Schreibtisch des jüngsten BAU-Mitglieds.
„Pretty Boy“, sagte Morgan und leichte Ironie schwang in seiner Stimme mit.
Reid stand auf und griff seine Büchertasche.
„Letzte Chance“, fuhr der dunkelhäutige Profiler fort, „ich kann meinen Freund dazu bringen, dir ein Zimmer zu besorgen, für praktisch nichts! Selbst du kannst dann ein bisschen Liebe irgendwo dort draußen finden.“
Obwohl es nicht böse gemeint war, wurde Morgan plötzlich klar, wie dieser Kommentar geklungen haben musste. Doch er hätte sich keine Gedanken machen müssen. Reid hörte überhaupt nicht zu. Er war darin vertieft seine Sachen zusammen zu suchen und in die Tasche zu stecken.
Während er einen Stapel CDs durchsah schaute er kurz auf und ein Blinder hätte sehen können, dass er gedanklich völlig woanders war.
„Danke trotzdem”, war alles, was Reid erwiderte und schob ein paar ausgewählte CDs in die Seitentasche.
„Komm schon, Reid”, bettelte Morgan nun, “leb ein wenig, huh?“
Doch er schien auf taube Ohren zu stoßen. Der Braunhaarige legte sich den Riemen seiner schweren Tasche über die Schultern und drehte sich noch einmal zu Morgan und JJ herum.
„Ich muss gehen – ich fahre nach Hause“, erklärte er kurz angebunden. „Schönen Urlaub, Leute.“
Mit diesen Worten eilte er aus dem Büro, scheinbar alles andere als glücklich darüber, freie Zeit zu haben. Bevor beide auch nur etwas erwidern konnten war er bereits zur Tür hinaus.
“Tschüß!”, brachte JJ noch über die Lippen, aber Reid hörte sie nicht mehr.
Besorgt wendete Morgan sich ihr zu, immer noch auf Reids Schreibtischkante sitzend.
„Machte er einen normalen Eindruck auf dich?“
JJ zuckte nur mit den Schultern als sie entgegnete: „Er macht den Eindruck als fühle er sich so wie ich mich fühle, wenn ich zwei Wochen mit meiner Familie verbringen müsste!“
Morgan starrte die Tür an, die immer noch leicht hin- und herschwang. Für ihn hatte Reid alles andere als glücklich gewirkt.
****************
Pfeiffend stieg Morgan in sein Auto. Endlich raus aus dem Büro und rein ins Vergnügen! Er wusste selbst kaum noch wie lange sein letzter Urlaub her war. Nur eins war ihm klar: Er brauchte dringend eine Pause. Obwohl es keiner von ihnen zugab, ging die tägliche Arbeit nicht spurlos an ihnen vorbei. Viel zu oft waren sie mit Grausamkeit und Tod konfrontiert, mit den perversesten Gedanken der Menschen. Und viel zu selten konnten sie eines der Opfer retten. Eine Pause war genau das, was sie alle gebrauchen konnten. Während er aus der Tiefgarage fuhr, dachte er an seine Kollegen. An Elle, die mit ihm nach Jamaica flog; an Hotch, der sich um seine Familie kümmerte; an Gideon, der in seiner einsamen Hütte Entspannung suchte und auch an Reid, der so unglücklich gewirkt hatte, als er ihn heute Mittag zuletzt sah. Unbewusst schüttelte er den Kopf. Vielleicht sollte er bei ihm vorbeischauen und herausfinden, was ihn belastete. Reid war nicht der Typ, der über seine Probleme sprach, erst Recht nicht auf der Arbeit. Aber in seinen eigenen vier Wänden war er sicherlich zugänglicher. Und schließlich war er sein Freund. Er konnte es doch nicht zulassen, dass der Jüngste nicht auch seinen Spaß in der raren freien Zeit hatte. Schließlich war dazu selten genug Gelegenheit. Und wenn er ehrlich war, dann musste er zugeben, dass er sich um den Jüngsten des Teams Sorgen machte seitdem dieser heute Mittag so überstürzt davon geeilt war. Irgendetwas brannte ihm auf der Seele und man musste kein Profiler sein, um das zu erkennen.
********************
Morgan klingelte an der Tür. Er wartete, doch es reagierte keiner. Er klingelte noch einmal, doch noch immer blieb es ruhig. Ein weiteres Mal versuchte der dunkle Agent sein Glück, klopfte diesmal jedoch gegen die Tür. Es dauerte nicht lange und ein völlig verschlafener Reid öffnete. Die Haare waren durcheinander und er hatte immer noch das zerknautscht wirkende Gesicht desjenigen, den man eben unsanft aus seinem Schlummer gerissen hatte.
„Derek? Was machst du denn hier? Ist etwas passiert?”
Derek Morgan lächelte und antwortete: “Nein, alles in Ordnung. Kann ich reinkommen?”
Wortlos trat Reid zur Seite und lud seinen Kollegen somit in die Wohnung. Morgan trat ein, noch immer den Anflug eines Lächelns um die Mundwinkel. Er kannte Reids Appartment. Es war nicht sonderlich groß, aber ausreichend. An der rechten Wand standen mehrere Regale mit Büchern und ein Sofa lud zum Verweilen ein.
„Du hast geschlafen?“, stellte Morgan fest und steuerte zielstrebig das Sofa an. Reid folgte ihm.
„Ja. Ich habe ein paar alte Akten bearbeitet und muss darüber eingeschlafen sein.”
Morgan hob eine Augenbraue. „Alte Akten? Reid”, in seiner Stimme klang ein Vorwurf, „wir haben Urlaub! Da werden keine Akten mehr gewälzt!“
Der Jüngere zuckte nur mit den Achseln. „Willst du was trinken?“
Morgan nickte. „Ein Kaffee wäre gut.“
Reid sah ihn entschuldigend an.
„Sorry, ich hab nur noch Tee da.”
Morgan seufzte ergeben. „Dann also einen Tee.”
Während Reid in der Küche rumorte sah Morgan sich näher um. Der Blick des Profilers bestätigte sein Bild von Reid nur. Sauber und ordentlich, analysiert und logisch. Wenig Möbel, dafür aber bequem. Bücher dominierten den Raum und Persönliches war wenig vorhanden. Neugierig stand er auf und schlenderte zur Kommode, auf der ein paar Bilder standen. Eine junge Frau und ein junger Mann, glücklich lächelnd an ihrem Hochzeitstag, dieselbe junge Frau mit einem kleinen Jungen, vermutlich 6 oder 7 Jahre alt. Das waren wohl Reid und seine Mutter. Und ein weiteres Bild. Es zeigte das Team wie es in die Kamera lächelte. Ein Schnappschuss, der vor gut einem Jahr entstanden war. Morgan erinnerte sich an den Tag. Es war kurz nach dem Osmond-Fall gewesen, bei dem es ihnen gelungen war, drei junge Frauen vor einem Serienvergewaltiger zu retten. Die Stimmung war euphorisch gewesen und als ein Reporter sie mit einem freundlichen „Bitte Lächeln“ dazu brachte zu ihm zu sehen, drückte dieser auf den Auslöser. Das Bild war zusammen mit dem Artikel über die BAU und ihre Erfolge erschienen. Morgan hatte es schon damals gefallen, weil es sie alle auf so natürliche Art und Weise widerspiegelte. Kein Schein für die Öffentlichkeit, sondern einfach nur eine Truppe von Leuten, die zusammen arbeiteten und sich mochten. Morgan hatte nicht gewusst, dass Reid einen Abzug des Bildes besaß.
Unbewusst hatte er das Foto in die Hand genommen, um es besser betrachten zu können und hörte in seine Gedanken versunken nicht, wie Reid den Raum betrat. Erst als dieser die Kanne und zwei Tassen auf den Tisch stellte wurde es ihm bewusst und er drehte sich um.
„Ich wusste gar nicht, dass du dies Bild hast.“
„Es gefällt mir“, entgegnete Reid nur und begann einzuschenken.
Morgan stellte den Rahmen zu den anderen Fotos und setzte sich seinem braunhaarigen Kollegen gegenüber hin.
„Nun,“, fuhr Reid fort. „Was machst du hier, Derek?“
Morgan blickte unschuldig.
„Du wohnst auf der anderen Seite der Stadt! Erzähl mir nicht, du seiest zufällig in der Gegend gewesen.”
Morgan grinste. „Ich hab wohl keine Chance dem Scharfblick eines Genies zu entgehen.”
„Morgan…“
„Schon gut, Mann!“ Er nahm die Tasse zur Hand und probierte einen Schluck. Reid schaufelte sich gerade den dritten Löffel Zucker in den Tee. „Ich bin vorbeigekommen, weil du heute Mittag unglücklich aussahst.“ Reid runzelte die Stirn und Morgan fuhr fort: „Reid, wir haben Urlaub und auch du solltest dich entspannen und versuchen den Alltag hinter dir zu lassen; die Batterien auftanken. Aber so wie du heute aus dem Büro rausgestürzt bist, schienst du eher auf der Flucht. Was ist los?“ Er sah den jungen Profiler an, dessen Blick an Morgan vorbei auf einen bestimmten Gegenstand hinter ihm gerichtet schien.
„Es geht mir gut Derek.“ Er sah den Älteren an. „Wirklich. Es ist nichts. Ich bin ein wenig gestresst. Das ist alles.“
„Das ist ja der Punkt, Reid. Du solltest nicht mehr gestresst sein, wo wir eine Auszeit nehmen können. Und erst Recht nicht, wenn es zu deiner Familie geht.“
Reid zuckte unmerklich zusammen bei diesen Worten und Morgan wusste sofort, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. Der junge Profiler antwortete nicht.
„Reid?“, Morgan legte seine Hand auf Reids Schulter und schreckte den Jungen aus seinen Gedanken. „Wohin fliegst du?“
Reid sah ihn nur an. Dann seufzte er hörbar und antwortete: „Zu meiner Mutter. Sie lebt immer noch in Las Vegas.“ Morgan beobachtete den jungen Mann und sah, wie dessen Blick zu den Bildern auf der Kommode ging. Also hatte er Recht gehabt. Die blonde Frau war Reids Mutter. „Sie“, sagte Reid unvermittelt in die Stille und man hörte, dass es ihm schwer fiel weiter zu sprechen. „Sie lebt in einer Nervenklinik.“ Er schluckte hart. „Sie hat Schizophrenie.“
Es war still in der Wohnung und für den Bruchteil weniger Sekunden erschien das Ticken der Wanduhr ohrenbetäubend. Morgans Griff verstärkte sich und er drückte aufmunternd Reids Schultern. Doch er sagte nichts, hörte nur zu als der junge Mann vor ihm anfing aus seinem Leben zu erzählen. Ihm zu offenbaren, wie es gewesen war. Seine Mutter krank mit Wahnvorstellungen; sein Vater, der es nicht mehr aushielt und die Familie verließ; Reid, der zu früh gezwungen war erwachsen zu werden und schließlich mit 18 die grausame Aufgabe hatte, seine Mutter in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Er hörte zu und je mehr er erfuhr, desto klarer wurde ihm, warum Reid war, wie er war, und wie schwer es für ihn gewesen sein musste. Der junge Profiler berichtete von seiner Kindheit kühl und nüchtern, fast so als fasse er einen Fall zusammen. Doch Morgan durchschaute ihn. Er sah den Schmerz und die Überwindung, die es den Jüngeren kostete. Vor ihm saß nicht nur das Genie Spencer Reid, sondern auch der kleine Junge, der er einst gewesen war.
Morgans Herz füllte sich mit Mitleid und Verständnis als er aufstand, um sich neben Reid zu setzen, der seine Erzählung beendet hatte. Er wendete sich dem jungen Mann zu und ergriff seine Schultern.
„Spencer, sieh mich an!“ Reid schaute ihm in die Augen und es schlug Derek plötzlich, wie tief und dunkel sie waren. „Jeder von uns hat Geister in seiner Vergangenheit. Ich bin geehrt, dass du mir das alles erzählt hast und du weißt, dass es unter uns bleibt. Aber eines muss dir klar sein. So schwer das alles für dich gewesen sein mag, es hat dich zu dem gemacht, wer du heute bist. Und auf das, was du erreicht hast, kannst du stolz sein! Ja, unsere Vergangenheit hat uns geformt, aber sie darf nicht unsere Zukunft bestimmen! Die liegt ganz allein in deiner Hand!“
Reid sah ihn an und nickte. „Ich weiß. Und trotzdem fühle ich mich unwohl, wenn ich zu meiner Mutter fahre. Ich liebe sie, Derek. Wirklich! Aber sie führt mir vor Augen, wo ich eines Tages enden könnte und es versetzt mich in Panik auch nur daran zu denken!”
Morgans Griff verstärkte sich und er strahlte die Ruhe und Gelassenheit aus, die Reid so dringend brauchte. „Du bist nicht deine Mutter, Spencer. Du kannst dein Leben lang gesund bleiben oder morgen schon vom Bus überfahren werden. Das sind Dinge, die wir nicht in der Hand haben und in Angst davor zu leben hilft nicht weiter. Es verdirbt dir nur die Gegenwart! Leb im Jetzt, Reid, und genieße dein Leben!“
Reid lächelte.
Sie saßen an dem Abend noch lange zusammen und unterhielten sich. Die Stimmung schien leichter und sie lachten gemeinsam über Alles und Nichts. Es war bereits 1.30 Uhr als Reid seinen Gast zur Tür geleitete. Morgan stand mit dem Rücken zum Ausgang als sie sich verabschiedeten.
„Danke, Derek. Danke fürs Zuhören”, sagte Reid und bevor Morgan wusste, was geschah, umarmte ihn sein junger Kollege. Er war überrascht aber erwiderte die Umarmung herzlich.
„Nichts zu danken, Spencer“, antwortet er in dessen Ohr als er den unverwechselbaren Duft des Jüngeren einatmete. Noch einmal presste er den dünnen Körper Spencers an sich und entließ ihn aus der Umarmung.
Als die Tür sich hinter ihm schloss ging er zu seinem Wagen, in dem er lange Minuten saß und nachdachte, bevor er schließlich losfuhr. Er war verwirrt, denn das Einzige, an das er dachte, war, wie er sich gefühlt hatte als der junge Agent ihm so nahe gewesen war. Immer noch verwirrt öffnete er seine Haustür und betrat die vertrauten Räume seiner Wohnung. Dort gestand er sich ein, was er seit langem insgeheim wusste: Er liebte Spencer Reid.