Coming Home
von dunderklumpen
Kurzbeschreibung
"Er grinste von einem Ohr zum anderen und zeigte stumm an die Decke, wo ein grüner Mistelzweig unschuldig und fast verloren hing. Er war ihr bisher noch nicht aufgefallen, obwohl sie heute schon etliche Male darunter hindurch gelaufen war. Doch Derek schien auf den richtigen Zeitpunkt gewartet zu haben." - Zum Song "Coming Home" von Sasha dreht sich diese Geschichte genau darum. Was machen die BAU-Mitglieder zur Weihnachtszeit? Es sind SPOILER FÜR DIE 3. STAFFEL in der Story.
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
14.12.2007
14.12.2007
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2.912
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14.12.2007
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“Coming Home”
(Sasha)
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
After the fall
There comes a time to rest your senses
And after all
I decided that I won’t be on my own
So I’m driving
And the streets
Are as white as they can be
There’s a light in everything I see
I’m coming home
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
I walk along
And the perfect smell seems so familiar
Like I never been gone
And I feel the warm embrace of everyone
I was missing
Now I’m here
And I’m listening to the voice
That is leading me the last steps down the road
I’m coming home
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
It’s a beautiful day
It´s a day to remember
I’m coming home
It’s a beautiful day
and I finally end up
I’m coming home
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
I’m coming home
I’m coming home
I’m coming home
I’m coming home
(Sasha)
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
After the fall
There comes a time to rest your senses
And after all
I decided that I won’t be on my own
So I’m driving
And the streets
Are as white as they can be
There’s a light in everything I see
I’m coming home
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
I walk along
And the perfect smell seems so familiar
Like I never been gone
And I feel the warm embrace of everyone
I was missing
Now I’m here
And I’m listening to the voice
That is leading me the last steps down the road
I’m coming home
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
It’s a beautiful day
It´s a day to remember
I’m coming home
It’s a beautiful day
and I finally end up
I’m coming home
It’s a beautiful day
It’s a beautiful morning
I’m coming home
It’s a beautiful day
Memories are calling
I’m coming home
I’m coming home
I’m coming home
I’m coming home
I’m coming home
„Das ist lieb von dir, Derek, aber das geht nicht.“
„Natürlich geht das. Meine Mutter besteht darauf!“
„Wahrscheinlich nur, weil du ihr damit so lange in den Ohren gelegen hast. Ich kann doch nicht einfach so bei euch auftauchen. Ich gehör doch noch nicht mal zur Familie!“
Garcia hob hilflos die Hände.
„Penelope Garcia… du wirst an Weihnachten nicht alleine in deiner Wohnung sitzen und Trübsal blasen! Davon abgesehen bist du, was mich angeht, Teil meiner Familie!“
Garcia errötete und stupste spielerisch gegen seinen Arm. „Derek Morgan… du weißt, wie du mich überzeugen kannst.“
************************
„Dickens ist maßlos überschätzt“, sagte sie und ihr Tonfall ließ keine Widerrede zu.
Reid seufzte ergeben. „Das ist mir bewusst, Mom, aber das Buch ist ein Weihnachtsklassiker!“
Sie nickte und nahm es ihm aus der Hand.
„Ich weiß, Baby“, sagte sie und deutete auf den Platz neben sich, „setz dich, ich les es dir vor.“
Ihre Stimme war plötzlich weich und Reid ließ sich neben sie auf das Sofa fallen.
„Marley war tot, damit wollen wir anfangen. Kein Zweifel kann darüber bestehen. Der Schein über seine Beerdigung ward unterschrieben von dem Geistlichen, dem Küster, dem Leichenbestatter und den vornehmsten Leidtragenden. Scrooge unterschrieb ihn, und Scrooges Name wurde auf der Börse respektiert, wo er ihn nur hinschrieb. Der alte Marley war so tot wie ein Türnagel…“, begann sie, aber stoppte nach den ersten Sätzen.
„Das lesen wir doch sonst immer nur an Weinachten“, stellte sie verwirrt fest.
Reid nahm ihre Hand und drückte sie. „Heute ist Weihnachten“, sagte er ruhig, darauf bedacht sie nicht noch mehr aufzuregen.
„Oh“, erwiderte sie nur und schien wieder in ihre eigene Welt versunken. Reid seufzte leise und wollte gerade aufstehen, als seine Mutter ihre Hand auf seinen Arm legte und weiter las.
Müde schloss er die Augen und lauschte der Stimme seiner Mutter, die klar durch den Raum hallte. Erinnerungen an glücklichere Weihnachten stiegen in ihm auf.
Und während das melodiöse Auf und Ab der Sprache Dickens ihn in den Schlaf lullte, wurde er wieder zum Kind, das gemeinsam mit seinem Dad und seiner Mom ein Weihnachten feierte, wie es zu sein hatte – voller Freude und Sorglosigkeit!
************************
„Hab ich dich!“, mit einem Satz fing sie das quietschende Kind ein und begann es zu kitzeln.
„Nein, Tante Jenny, hör auf!“, bettelte es lachend und schnappte nach Luft.
JJ hielt kurz inne und tat so als ob sie angestrengt nachdachte. „Mhh… das muss ich mir noch überlegen.“
Der Blondschopf sah sie gespannt an.
„Na verschwinde schon!“ lachte JJ und entließ die Kleine aus der Umarmung. Diese rannte sofort zurück zu den anderen Kindern, die erwartungsvoll an der geschlossenen Wohnzimmertür standen und zu erspähen versuchten, was sich dahinter befand.
JJ schmunzelte bei dem Anblick und strich ihre Hosen glatt, während sie zur Küche ging.
„Hallo, Schatz“, begrüßte sie ihre Mutter, die mit vorgebundener Schürze Frühstück zubereitete.
„Kann ich dir helfen?“, fragte JJ, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
„Nein, du bringst mir nur meine Ordnung durcheinander. Hilf lieber deinem Vater, die Rasselbande da draußen zu besänftigen, wenn er sie ins Wohnzimmer lässt. Ich fürchte, sonst gibt es ein heilloses Durcheinander.“
JJ grinste. Ihre Mutter wusste genau, dass es nicht anders sein würde als sonst auch. Sobald Dad die Wohnzimmertür geöffnet hatte, war der Raum Sperrgebiet bis die Kinder damit fertig waren, ihre Geschenke auszupacken. Auch nur ansatzweise Disziplin dort hineinzubringen hatten sie schon vor Jahren aufgegeben. Jetzt hieß es nur noch Haltung bewahren, Schäden begrenzen und zusammengeknülltes Papier aufsammeln!
Als sie aus der Küche schritt, hörte sie die dunkle, kehlige Stimme ihres Vaters. Er hatte kaum das Wort „Geschenke“ ausgesprochen, als lauter Kinderjubel alle anderen Geräusche im Haus übertönte.
***********************
Es war kalt und kleine Dampfwölkchen bildeten sich, wenn sie ausatmete. Die Landschaft war in ein puderiges Weiß gehüllt und Eis krachte unter ihren Füßen. Krächzend flog eine Krähe über sie hinweg. Müde rieb sie sich die Augen und sah dem schwarzen Vogel hinterher wie er immer kleiner wurde und am Horizont verschwand. Es war ein anstrengendes Jahr gewesen, mit Entscheidungen, die sie bereute und Entscheidungen, die sie genau so immer wieder machen würde. Ihr fehlte die BAU, doch sie wusste, dass es kein Zurück gab. Fröstelnd zog sie die Jacke enger um ihren dünnen Leib und schritt schneller, um in die Wärme der Wohnung zurück zu kommen. Ja, sie vermisste die BAU und ihre Kollegen. Doch zugleich wusste sie eines mit todsicherer Gewissheit: Es war richtig gewesen William Lee zu erschießen!
***********************
Rauch hing in der Luft und eine bunte Lichterkette blinkte über der Bar. Es war einer von diesen Schläuchen, die die Farbe wechselten und mit zu den hässlichsten Dingen gehörte, die Hotch kannte. Frustriert ließ er sich an der Bar nieder ohne darauf zu achten, wer noch dort saß. Es war auch egal. Welcher halbwegs normale Mensch würde an einem Tag vor Weihnachten hier schon sitzen? – Nur die Verzweifelten!
Der Barkeeper kam und sah ihn fragend an.
„Einen doppelten Whiskey und ein Bier“, sagte er und kassierte ein Nicken.
Als sie seine Stimme hörte, fuhr sie zusammen.
„Sir?“
Hotch blickte auf und sah Prentiss zwei Plätze weiter ebenfalls an der Bar sitzen. Das durfte doch nicht wahr sein! Natürlich war dies die Bar, in der die BAU sich nach der Arbeit traf, aber doch nicht an einem Tag wie diesem. Zugegeben, er war nicht sonderlich kreativ gewesen, als er sich diesen Platz ausgesucht hatte. Aber mit seinem Team hatte er heute hier beileibe nicht gerechnet. Zögernd stand sie auf und man sah ihr den inneren Kampf an.
„Setzen sie sich zu mir.“, sagte er und zog den Hocker neben sich ein Stück vor. Erleichtert trat sie neben ihn und ließ sich auf die harte Holzfläche sinken. Fast schon verschämt sah sie ihn an.
„Ich… ich hatte nicht erwartet hier jemanden von der BAU zu treffen“, sprach sie das aus, was er eben noch gedacht hatte, „zumindest nicht heute!“
Der Anflug eines Lächelns fuhr über Hotchs Gesicht, bevor es wieder die reservierte Maske wurde, die er immer trug. „Nun, um ehrlich zu sein: Ich auch nicht.“
Sie sah ihn fragend an, während sie nervös ihr Glas hin- und her drehte. Die Situation war seltsam. Es war Weihnachten und sie beide saßen in einer Bar zusammen statt bei ihren Familien zu Hause zu sein. Zudem war er ihr Vorgesetzter und sie seine Untergebene. Sie wusste nicht, wie sie sich korrekt verhalten sollte.
Er räusperte sich und Emily sah auf.
„Nun, was immer sie heut Abend hierher getrieben hat… wenn sie darüber reden wollen: Ich kann zuhören.“
Sie lächelte ihn an und ihre Augen leuchteten amüsiert. Das war so typisch Hotch. Immer der ‚Helfer’!
„Sir“, begann sie, doch er unterbrach sie.
„Wir sind nicht im Dienst, Prentiss“, erwiderte er fast sanft, „kein Sir und keine Gedanken an die Arbeit. Nur zwei Bekannte, die sich zufällig in der gleichen Bar treffen.“
„Am Vorweihnachtsabend?“
Er zuckte mit den Schultern, bevor er einen Schluck Whiskey nahm.
Sie seufzte. „Es gibt nichts zu erzählen“, hörte er sie leise über ein viel zu fröhliches „Jingle Bells“ im Hintergrund. „Meine Mutter gibt morgen einen Empfang in der Botschaft, so dass wir die Weihnachtsfeier auf heute Abend vorverlegt hatten. Nichts Besonderes. Ein Essen, ein paar Geschenke…“
Er hörte den gequälten Ton in ihrer Stimme. „Und?“, fragte er.
„Und nichts. Das wars. Keine Frage danach, wie es mir geht, wie ich mich fühle, was sich in meinem Leben verändert hat. Nur höflicher Smalltalk. Als wäre ich eine Fremde!“ Energisch trank sie ihr Glas aus. „Warum kann sie nicht Anteil nehmen an dem, was ich tue, an meinem Leben? Nach unserem letzten Treffen hatte ich gedacht, es würde sich etwas ändern… aber das hat es nicht.“ Wütend umklammerte sie ihr Glas und ihre Knöchel traten weiß hervor.
Hotch winkte dem Barkeeper und zeigte lässig auf Prentiss Glas. „Noch einen, bitte.“
Wieder ein stummes Nicken als dieser sich zur anderen Seite drehte.
„Und sie, Sir?“
Er blickte ernst.
„Äh, sorry Sir… ich… äh… ich meine… Hotch?“
Freundlich streckte er ihr seine Hand entgegen. „Aaron“, sagte er.
Sie ergriff seine Hand und legte ihre Finger in die seine. „Emily“, erwiderte sie nur.
In dem Moment brachte der Barmann ihr Glas und sie stießen an.
Was bringt sie hierher?“, fragte sie nun ihrerseits neugierig.
Sein Gesicht verfinsterte sich und sie wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte, die trügerische Vertrautheit zu akzeptieren. „Ich meine… es geht mich absolut nichts an, Sir.“
Als er ihr „Sir“ hörte, verzog er das Gesicht. „Aaron“, wiederholte er ruhig. „Und… ich komme gerade von Haley und Jack.“ Es war sinnlos darum ein Geheimnis zu machen. Alle im Team wussten, dass er von Haley getrennt lebte und die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien.
„Das tut mir leid.“, sagte Prentiss.
„Wir wollten alles so normal wie möglich für Jack machen. Den Abend vor Weihnachten schmücken wir immer den Weihnachtsbaum. So auch vorhin. Für wenige Minuten war es wie früher. Jack war so glücklich als er das Lametta an den Baum hängen durfte.“ Hotch lächelte gedankenverloren. „Ich hab ihn anschließend ins Bett gebracht.“ Er verstummte und trank seinen Whiskey aus. „Dass ich gehen musste, hat mir die Augen geöffnet. Haley und ich, es klappt einfach nicht mehr. Und ich glaube…“, er schluckte hart, „… sie hat einen anderen Mann gefunden.“
Still saßen sie nebeneinander. Sie sagten nichts, sondern zogen Trost aus der Anwesenheit des Anderen.
„Als ich 15 wahr ließen sich meine Eltern scheiden“, durchbrach Emily plötzlich die Stille. „Sie hatten seit Jahren nur noch nebeneinander her gelebt. Kein Streit oder Geschrei, nur vorwurfsvolle Blicke und kaltes Schweigen. Sie hätten sich schon viel früher trennen sollen, aber ein Botschafter ohne Frau war in arabischen Ländern so gut wie unmöglich. Als mein Vater nach Frankreich versetzt wurde, trennten sie sich. Ich war erleichtert, dass sich die Situation endlich entspannte. Und obwohl mein Vater etliche Meilen von mir entfernt war, hab ich seine Liebe für mich niemals in Frage gestellt. Ich wusste immer, dass er mich liebt. Er hatte nicht mich verlassen, sondern meine Mutter. – Was ich damit sagen will ist, dass es manchmal besser ist, sich zu trennen.“ Erneut trafen sich ihre Blicke. „Jack weiß, dass du ihn liebst, Aaron. Er wird es immer wissen, denn du bist da für ihn. Und auch nach allem, was ich über Haley gehört habe, wird sie es nicht zulassen, dass Jack unter euren Problemen zu leiden hat.“
Hotch atmete tief durch. Er wusste, dass Emily Recht hatte. Sein Verstand sagte es ihm ganz deutlich, aber tief in seinem Innern gab er sich die Schuld.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen ergriff sie seine Hand. Es war untypisch für sie, eine freundschaftliche Geste, die sie ihrem Vorgesetzten gegenüber niemals zugelassen hätte. Doch es war intuitiv geschehen, ohne darüber nachzudenken. Neben ihr saß nicht Aaron Hotchner, der Teamleiter der BAU, neben ihr saß Aaron, ein Freund, der tief in seinem Innern an sich und an der Welt verzweifelte.
Dankbar drückte er ihre Hand bevor sie sie wieder losließ.
„Barkeeper“, rief sie, „noch zwei, bitte!“
Sie sah Hotch an, der nickte und ihr aufmunternd zulächelte. Das versprach ein interessanter Abend zu werden.
***************************
Der Flughafen war voller Menschen. Er hatte nicht erwartet, dass zu dieser Zeit noch so Viele unterwegs sein würden. Mit geschultem Blick betrachtete er die Reisenden. Es war ein Fluch und ein Segen zugleich Profiler zu sein!
Eine Hand legte sich von hinten auf seine Schulter. Er drehte sich um und lächelte als er sah, wer es war.
„Hallo, Dad!“, sagte der dunkelhaariger junge Mann, aus dessen Gesicht ihm seine Augen entgegen sahen. „Darf ich vorstellen“, er wies auf die junge Frau neben sich, „das ist Debbie, meine Freundin. – Debbie, das ist mein Dad.“
Auch sie schaute ihn freundlich an als er ihr seine Hand reichte und immer noch lächelnd erwiderte: „Ich heiße Gideon!“
***************************
Der Pater erteilte den Segen und die Gemeinde verließ den Saal. David Rossi blieb sitzen. Er hatte sich in eine der hinteren Bänke gesetzt, so dass er keinen beim Verlassen der Kirche störte.
Gedankenverloren schaute er auf das Holzkreuz, welches über dem Altar hing und den leidenden Christus darstellte. Es war keine kunstvolle Arbeit, aber von routinierten Händen geschnitzt wie er feststellte. Die Formen waren nicht ganz so weich und grazil wie es ein echter Meister gemacht hätte, aber das würde hier sowieso keiner merken.
Sein Blick streifte weiter durch die dunklen Räume. Er mochte alte Kirchen. In ihnen fühlte er sich geborgen. Egal, wo er auf der Welt war oder welche Grausamkeiten er gesehen und erlebt hatte, eine Kirche war für ihn immer wie ein Stück zu Hause.
Als der Schatten des Priesters auf ihn fiel, sah er auf.
„Kann ich dir helfen, mein Sohn?“, fragte der Alte Pfarrer und ein Vertrauen erweckendes Paar Augen musterte ihn freundlich.
„Nein, Padre.“, erwiderte Rossi und rollte die goldene Kette zwischen seinen Fingern. „Mir kann keiner helfen!“
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Die Stimmung war fröhlich und gelöst. Garcia war mit Morgans Mutter in der Kirche gewesen und genoss nun die Aufmerksamkeit und das Gefühl einer richtigen Familie. Es wurde gelacht und geschnattert, alte und neue Geschichten berichtet. Das Essen war köstlich gewesen und nachdem sie ihre Geschenke ausgetauscht hatten, saßen sie zusammen im Wohnzimmer am Weihnachtsbaum, jeder mit der obligatorischen Schokolade bewaffnet, und erzählten. Ein warmes Gefühl breitete sich in Garcia aus. Sie war froh, dass Derek sie dazu überredet hatte mitzukommen. Seine Familie hatte sie mit offenen Armen empfangen und Dereks Schwestern hatten sie sofort in ihren verschwörerischen Kreis aufgenommen.
Ihr war heiß und ihre Wangen glühten, als sie aufstand und in den Flur ging. Sie verharrte eine Weile im Dunkeln und dachte nach. So wohl sie sich hier auch fühlte, machte die ausgelassene Fröhlichkeit sie auch ein wenig traurig. Genauso war es gewesen, bevor ihre Eltern gestorben waren und an Tagen wie diesen sehnte sie sich besonders nach ihnen!
Derek trat aus dem Wohnzimmer zu ihr.
„Penelope?“
Sie schaute auf.
„Hi, Derek“, erwiderte sie matt und versuchte zu lächeln.
„Alles in Ordnung?“
Sie nickte. „Ja, es ist schön bei deiner Familie. Ich bin froh, dass du mich überredet hast mitzukommen.“
Er lächelte.
„Weißt du, bei all der Fröhlichkeit und Vertrautheit zwischen euch sind mir meine Eltern eingefallen und ich brauchte einfach einen kurzen Moment für mich.“
Er verstand so gut, was sie meinte und nickte nur kurz als er einen weiteren Schritt auf sie zutrat. „Nun, Penelope… scheint, dass der Moment jetzt vorbei ist.“
„Was…?“, fragte Garcia verwirrt, denn Derek stand nun so nah bei ihr, dass sein Atem sie an der Wange kitzelte.
Er grinste von einem Ohr zum anderen und zeigte stumm an die Decke, wo ein grüner Mistelzweig unschuldig und fast verloren hing. Er war ihr bisher noch nicht aufgefallen, obwohl sie heute schon etliche Male darunter hindurch gelaufen war. Doch Derek schien auf den richtigen Zeitpunkt gewartet zu haben.
Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er sie schon in die Arme geschlossen und sie fühlte seinen warmen Körper gegen ihren. Als er sich ihr näherte, schloss sie die Augen und spürte seine weichen Lippen. Es war ein langsamer, ein sinnlicher Kuss. Ein sanftes Tasten, neugieriges Erforschen und zärtliches Berühren.
Kichern unterbrach sie und sie schauten überrascht zur Wohnzimmertür.
„Wow, Derek, was war denn das?“, hörte er seine Schwestern giggeln als seien sie wieder zwei vierzehnjährige Teenager.
Penelope sah ihn aus großen Augen an und wiederholte atemlos: „Ja, Derek, was war das?“
Er lächelte nur. Penelope war süß, wenn sie so verwirrt schaute.
„Das war das, Babygirl“, erwiderte er leise und zog sie erneut an sich. Es war ein leidenschaftlicher Kuss mit all der Süße und all der Härte, die ein solcher Kuss haben musste.
Atemlos standen sie sich gegenüber und schauten einander in die Augen. In den wenigen Sekunden fand ein stummer Dialog zwischen ihnen statt: Er liebte sie und sie liebte ihn.
Mitten in die Stille prusteten seine Schwestern los. „Wurde aber auch langsam mal Zeit! Das war ja nicht zum Aushalten mit euch beiden!“
Er lächelte und zog die blonde Technikerin in seine Arme.
„Da habt ihr verdammt recht!“
„Natürlich geht das. Meine Mutter besteht darauf!“
„Wahrscheinlich nur, weil du ihr damit so lange in den Ohren gelegen hast. Ich kann doch nicht einfach so bei euch auftauchen. Ich gehör doch noch nicht mal zur Familie!“
Garcia hob hilflos die Hände.
„Penelope Garcia… du wirst an Weihnachten nicht alleine in deiner Wohnung sitzen und Trübsal blasen! Davon abgesehen bist du, was mich angeht, Teil meiner Familie!“
Garcia errötete und stupste spielerisch gegen seinen Arm. „Derek Morgan… du weißt, wie du mich überzeugen kannst.“
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„Dickens ist maßlos überschätzt“, sagte sie und ihr Tonfall ließ keine Widerrede zu.
Reid seufzte ergeben. „Das ist mir bewusst, Mom, aber das Buch ist ein Weihnachtsklassiker!“
Sie nickte und nahm es ihm aus der Hand.
„Ich weiß, Baby“, sagte sie und deutete auf den Platz neben sich, „setz dich, ich les es dir vor.“
Ihre Stimme war plötzlich weich und Reid ließ sich neben sie auf das Sofa fallen.
„Marley war tot, damit wollen wir anfangen. Kein Zweifel kann darüber bestehen. Der Schein über seine Beerdigung ward unterschrieben von dem Geistlichen, dem Küster, dem Leichenbestatter und den vornehmsten Leidtragenden. Scrooge unterschrieb ihn, und Scrooges Name wurde auf der Börse respektiert, wo er ihn nur hinschrieb. Der alte Marley war so tot wie ein Türnagel…“, begann sie, aber stoppte nach den ersten Sätzen.
„Das lesen wir doch sonst immer nur an Weinachten“, stellte sie verwirrt fest.
Reid nahm ihre Hand und drückte sie. „Heute ist Weihnachten“, sagte er ruhig, darauf bedacht sie nicht noch mehr aufzuregen.
„Oh“, erwiderte sie nur und schien wieder in ihre eigene Welt versunken. Reid seufzte leise und wollte gerade aufstehen, als seine Mutter ihre Hand auf seinen Arm legte und weiter las.
Müde schloss er die Augen und lauschte der Stimme seiner Mutter, die klar durch den Raum hallte. Erinnerungen an glücklichere Weihnachten stiegen in ihm auf.
Und während das melodiöse Auf und Ab der Sprache Dickens ihn in den Schlaf lullte, wurde er wieder zum Kind, das gemeinsam mit seinem Dad und seiner Mom ein Weihnachten feierte, wie es zu sein hatte – voller Freude und Sorglosigkeit!
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„Hab ich dich!“, mit einem Satz fing sie das quietschende Kind ein und begann es zu kitzeln.
„Nein, Tante Jenny, hör auf!“, bettelte es lachend und schnappte nach Luft.
JJ hielt kurz inne und tat so als ob sie angestrengt nachdachte. „Mhh… das muss ich mir noch überlegen.“
Der Blondschopf sah sie gespannt an.
„Na verschwinde schon!“ lachte JJ und entließ die Kleine aus der Umarmung. Diese rannte sofort zurück zu den anderen Kindern, die erwartungsvoll an der geschlossenen Wohnzimmertür standen und zu erspähen versuchten, was sich dahinter befand.
JJ schmunzelte bei dem Anblick und strich ihre Hosen glatt, während sie zur Küche ging.
„Hallo, Schatz“, begrüßte sie ihre Mutter, die mit vorgebundener Schürze Frühstück zubereitete.
„Kann ich dir helfen?“, fragte JJ, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
„Nein, du bringst mir nur meine Ordnung durcheinander. Hilf lieber deinem Vater, die Rasselbande da draußen zu besänftigen, wenn er sie ins Wohnzimmer lässt. Ich fürchte, sonst gibt es ein heilloses Durcheinander.“
JJ grinste. Ihre Mutter wusste genau, dass es nicht anders sein würde als sonst auch. Sobald Dad die Wohnzimmertür geöffnet hatte, war der Raum Sperrgebiet bis die Kinder damit fertig waren, ihre Geschenke auszupacken. Auch nur ansatzweise Disziplin dort hineinzubringen hatten sie schon vor Jahren aufgegeben. Jetzt hieß es nur noch Haltung bewahren, Schäden begrenzen und zusammengeknülltes Papier aufsammeln!
Als sie aus der Küche schritt, hörte sie die dunkle, kehlige Stimme ihres Vaters. Er hatte kaum das Wort „Geschenke“ ausgesprochen, als lauter Kinderjubel alle anderen Geräusche im Haus übertönte.
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Es war kalt und kleine Dampfwölkchen bildeten sich, wenn sie ausatmete. Die Landschaft war in ein puderiges Weiß gehüllt und Eis krachte unter ihren Füßen. Krächzend flog eine Krähe über sie hinweg. Müde rieb sie sich die Augen und sah dem schwarzen Vogel hinterher wie er immer kleiner wurde und am Horizont verschwand. Es war ein anstrengendes Jahr gewesen, mit Entscheidungen, die sie bereute und Entscheidungen, die sie genau so immer wieder machen würde. Ihr fehlte die BAU, doch sie wusste, dass es kein Zurück gab. Fröstelnd zog sie die Jacke enger um ihren dünnen Leib und schritt schneller, um in die Wärme der Wohnung zurück zu kommen. Ja, sie vermisste die BAU und ihre Kollegen. Doch zugleich wusste sie eines mit todsicherer Gewissheit: Es war richtig gewesen William Lee zu erschießen!
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Rauch hing in der Luft und eine bunte Lichterkette blinkte über der Bar. Es war einer von diesen Schläuchen, die die Farbe wechselten und mit zu den hässlichsten Dingen gehörte, die Hotch kannte. Frustriert ließ er sich an der Bar nieder ohne darauf zu achten, wer noch dort saß. Es war auch egal. Welcher halbwegs normale Mensch würde an einem Tag vor Weihnachten hier schon sitzen? – Nur die Verzweifelten!
Der Barkeeper kam und sah ihn fragend an.
„Einen doppelten Whiskey und ein Bier“, sagte er und kassierte ein Nicken.
Als sie seine Stimme hörte, fuhr sie zusammen.
„Sir?“
Hotch blickte auf und sah Prentiss zwei Plätze weiter ebenfalls an der Bar sitzen. Das durfte doch nicht wahr sein! Natürlich war dies die Bar, in der die BAU sich nach der Arbeit traf, aber doch nicht an einem Tag wie diesem. Zugegeben, er war nicht sonderlich kreativ gewesen, als er sich diesen Platz ausgesucht hatte. Aber mit seinem Team hatte er heute hier beileibe nicht gerechnet. Zögernd stand sie auf und man sah ihr den inneren Kampf an.
„Setzen sie sich zu mir.“, sagte er und zog den Hocker neben sich ein Stück vor. Erleichtert trat sie neben ihn und ließ sich auf die harte Holzfläche sinken. Fast schon verschämt sah sie ihn an.
„Ich… ich hatte nicht erwartet hier jemanden von der BAU zu treffen“, sprach sie das aus, was er eben noch gedacht hatte, „zumindest nicht heute!“
Der Anflug eines Lächelns fuhr über Hotchs Gesicht, bevor es wieder die reservierte Maske wurde, die er immer trug. „Nun, um ehrlich zu sein: Ich auch nicht.“
Sie sah ihn fragend an, während sie nervös ihr Glas hin- und her drehte. Die Situation war seltsam. Es war Weihnachten und sie beide saßen in einer Bar zusammen statt bei ihren Familien zu Hause zu sein. Zudem war er ihr Vorgesetzter und sie seine Untergebene. Sie wusste nicht, wie sie sich korrekt verhalten sollte.
Er räusperte sich und Emily sah auf.
„Nun, was immer sie heut Abend hierher getrieben hat… wenn sie darüber reden wollen: Ich kann zuhören.“
Sie lächelte ihn an und ihre Augen leuchteten amüsiert. Das war so typisch Hotch. Immer der ‚Helfer’!
„Sir“, begann sie, doch er unterbrach sie.
„Wir sind nicht im Dienst, Prentiss“, erwiderte er fast sanft, „kein Sir und keine Gedanken an die Arbeit. Nur zwei Bekannte, die sich zufällig in der gleichen Bar treffen.“
„Am Vorweihnachtsabend?“
Er zuckte mit den Schultern, bevor er einen Schluck Whiskey nahm.
Sie seufzte. „Es gibt nichts zu erzählen“, hörte er sie leise über ein viel zu fröhliches „Jingle Bells“ im Hintergrund. „Meine Mutter gibt morgen einen Empfang in der Botschaft, so dass wir die Weihnachtsfeier auf heute Abend vorverlegt hatten. Nichts Besonderes. Ein Essen, ein paar Geschenke…“
Er hörte den gequälten Ton in ihrer Stimme. „Und?“, fragte er.
„Und nichts. Das wars. Keine Frage danach, wie es mir geht, wie ich mich fühle, was sich in meinem Leben verändert hat. Nur höflicher Smalltalk. Als wäre ich eine Fremde!“ Energisch trank sie ihr Glas aus. „Warum kann sie nicht Anteil nehmen an dem, was ich tue, an meinem Leben? Nach unserem letzten Treffen hatte ich gedacht, es würde sich etwas ändern… aber das hat es nicht.“ Wütend umklammerte sie ihr Glas und ihre Knöchel traten weiß hervor.
Hotch winkte dem Barkeeper und zeigte lässig auf Prentiss Glas. „Noch einen, bitte.“
Wieder ein stummes Nicken als dieser sich zur anderen Seite drehte.
„Und sie, Sir?“
Er blickte ernst.
„Äh, sorry Sir… ich… äh… ich meine… Hotch?“
Freundlich streckte er ihr seine Hand entgegen. „Aaron“, sagte er.
Sie ergriff seine Hand und legte ihre Finger in die seine. „Emily“, erwiderte sie nur.
In dem Moment brachte der Barmann ihr Glas und sie stießen an.
Was bringt sie hierher?“, fragte sie nun ihrerseits neugierig.
Sein Gesicht verfinsterte sich und sie wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte, die trügerische Vertrautheit zu akzeptieren. „Ich meine… es geht mich absolut nichts an, Sir.“
Als er ihr „Sir“ hörte, verzog er das Gesicht. „Aaron“, wiederholte er ruhig. „Und… ich komme gerade von Haley und Jack.“ Es war sinnlos darum ein Geheimnis zu machen. Alle im Team wussten, dass er von Haley getrennt lebte und die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien.
„Das tut mir leid.“, sagte Prentiss.
„Wir wollten alles so normal wie möglich für Jack machen. Den Abend vor Weihnachten schmücken wir immer den Weihnachtsbaum. So auch vorhin. Für wenige Minuten war es wie früher. Jack war so glücklich als er das Lametta an den Baum hängen durfte.“ Hotch lächelte gedankenverloren. „Ich hab ihn anschließend ins Bett gebracht.“ Er verstummte und trank seinen Whiskey aus. „Dass ich gehen musste, hat mir die Augen geöffnet. Haley und ich, es klappt einfach nicht mehr. Und ich glaube…“, er schluckte hart, „… sie hat einen anderen Mann gefunden.“
Still saßen sie nebeneinander. Sie sagten nichts, sondern zogen Trost aus der Anwesenheit des Anderen.
„Als ich 15 wahr ließen sich meine Eltern scheiden“, durchbrach Emily plötzlich die Stille. „Sie hatten seit Jahren nur noch nebeneinander her gelebt. Kein Streit oder Geschrei, nur vorwurfsvolle Blicke und kaltes Schweigen. Sie hätten sich schon viel früher trennen sollen, aber ein Botschafter ohne Frau war in arabischen Ländern so gut wie unmöglich. Als mein Vater nach Frankreich versetzt wurde, trennten sie sich. Ich war erleichtert, dass sich die Situation endlich entspannte. Und obwohl mein Vater etliche Meilen von mir entfernt war, hab ich seine Liebe für mich niemals in Frage gestellt. Ich wusste immer, dass er mich liebt. Er hatte nicht mich verlassen, sondern meine Mutter. – Was ich damit sagen will ist, dass es manchmal besser ist, sich zu trennen.“ Erneut trafen sich ihre Blicke. „Jack weiß, dass du ihn liebst, Aaron. Er wird es immer wissen, denn du bist da für ihn. Und auch nach allem, was ich über Haley gehört habe, wird sie es nicht zulassen, dass Jack unter euren Problemen zu leiden hat.“
Hotch atmete tief durch. Er wusste, dass Emily Recht hatte. Sein Verstand sagte es ihm ganz deutlich, aber tief in seinem Innern gab er sich die Schuld.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen ergriff sie seine Hand. Es war untypisch für sie, eine freundschaftliche Geste, die sie ihrem Vorgesetzten gegenüber niemals zugelassen hätte. Doch es war intuitiv geschehen, ohne darüber nachzudenken. Neben ihr saß nicht Aaron Hotchner, der Teamleiter der BAU, neben ihr saß Aaron, ein Freund, der tief in seinem Innern an sich und an der Welt verzweifelte.
Dankbar drückte er ihre Hand bevor sie sie wieder losließ.
„Barkeeper“, rief sie, „noch zwei, bitte!“
Sie sah Hotch an, der nickte und ihr aufmunternd zulächelte. Das versprach ein interessanter Abend zu werden.
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Der Flughafen war voller Menschen. Er hatte nicht erwartet, dass zu dieser Zeit noch so Viele unterwegs sein würden. Mit geschultem Blick betrachtete er die Reisenden. Es war ein Fluch und ein Segen zugleich Profiler zu sein!
Eine Hand legte sich von hinten auf seine Schulter. Er drehte sich um und lächelte als er sah, wer es war.
„Hallo, Dad!“, sagte der dunkelhaariger junge Mann, aus dessen Gesicht ihm seine Augen entgegen sahen. „Darf ich vorstellen“, er wies auf die junge Frau neben sich, „das ist Debbie, meine Freundin. – Debbie, das ist mein Dad.“
Auch sie schaute ihn freundlich an als er ihr seine Hand reichte und immer noch lächelnd erwiderte: „Ich heiße Gideon!“
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Der Pater erteilte den Segen und die Gemeinde verließ den Saal. David Rossi blieb sitzen. Er hatte sich in eine der hinteren Bänke gesetzt, so dass er keinen beim Verlassen der Kirche störte.
Gedankenverloren schaute er auf das Holzkreuz, welches über dem Altar hing und den leidenden Christus darstellte. Es war keine kunstvolle Arbeit, aber von routinierten Händen geschnitzt wie er feststellte. Die Formen waren nicht ganz so weich und grazil wie es ein echter Meister gemacht hätte, aber das würde hier sowieso keiner merken.
Sein Blick streifte weiter durch die dunklen Räume. Er mochte alte Kirchen. In ihnen fühlte er sich geborgen. Egal, wo er auf der Welt war oder welche Grausamkeiten er gesehen und erlebt hatte, eine Kirche war für ihn immer wie ein Stück zu Hause.
Als der Schatten des Priesters auf ihn fiel, sah er auf.
„Kann ich dir helfen, mein Sohn?“, fragte der Alte Pfarrer und ein Vertrauen erweckendes Paar Augen musterte ihn freundlich.
„Nein, Padre.“, erwiderte Rossi und rollte die goldene Kette zwischen seinen Fingern. „Mir kann keiner helfen!“
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Die Stimmung war fröhlich und gelöst. Garcia war mit Morgans Mutter in der Kirche gewesen und genoss nun die Aufmerksamkeit und das Gefühl einer richtigen Familie. Es wurde gelacht und geschnattert, alte und neue Geschichten berichtet. Das Essen war köstlich gewesen und nachdem sie ihre Geschenke ausgetauscht hatten, saßen sie zusammen im Wohnzimmer am Weihnachtsbaum, jeder mit der obligatorischen Schokolade bewaffnet, und erzählten. Ein warmes Gefühl breitete sich in Garcia aus. Sie war froh, dass Derek sie dazu überredet hatte mitzukommen. Seine Familie hatte sie mit offenen Armen empfangen und Dereks Schwestern hatten sie sofort in ihren verschwörerischen Kreis aufgenommen.
Ihr war heiß und ihre Wangen glühten, als sie aufstand und in den Flur ging. Sie verharrte eine Weile im Dunkeln und dachte nach. So wohl sie sich hier auch fühlte, machte die ausgelassene Fröhlichkeit sie auch ein wenig traurig. Genauso war es gewesen, bevor ihre Eltern gestorben waren und an Tagen wie diesen sehnte sie sich besonders nach ihnen!
Derek trat aus dem Wohnzimmer zu ihr.
„Penelope?“
Sie schaute auf.
„Hi, Derek“, erwiderte sie matt und versuchte zu lächeln.
„Alles in Ordnung?“
Sie nickte. „Ja, es ist schön bei deiner Familie. Ich bin froh, dass du mich überredet hast mitzukommen.“
Er lächelte.
„Weißt du, bei all der Fröhlichkeit und Vertrautheit zwischen euch sind mir meine Eltern eingefallen und ich brauchte einfach einen kurzen Moment für mich.“
Er verstand so gut, was sie meinte und nickte nur kurz als er einen weiteren Schritt auf sie zutrat. „Nun, Penelope… scheint, dass der Moment jetzt vorbei ist.“
„Was…?“, fragte Garcia verwirrt, denn Derek stand nun so nah bei ihr, dass sein Atem sie an der Wange kitzelte.
Er grinste von einem Ohr zum anderen und zeigte stumm an die Decke, wo ein grüner Mistelzweig unschuldig und fast verloren hing. Er war ihr bisher noch nicht aufgefallen, obwohl sie heute schon etliche Male darunter hindurch gelaufen war. Doch Derek schien auf den richtigen Zeitpunkt gewartet zu haben.
Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er sie schon in die Arme geschlossen und sie fühlte seinen warmen Körper gegen ihren. Als er sich ihr näherte, schloss sie die Augen und spürte seine weichen Lippen. Es war ein langsamer, ein sinnlicher Kuss. Ein sanftes Tasten, neugieriges Erforschen und zärtliches Berühren.
Kichern unterbrach sie und sie schauten überrascht zur Wohnzimmertür.
„Wow, Derek, was war denn das?“, hörte er seine Schwestern giggeln als seien sie wieder zwei vierzehnjährige Teenager.
Penelope sah ihn aus großen Augen an und wiederholte atemlos: „Ja, Derek, was war das?“
Er lächelte nur. Penelope war süß, wenn sie so verwirrt schaute.
„Das war das, Babygirl“, erwiderte er leise und zog sie erneut an sich. Es war ein leidenschaftlicher Kuss mit all der Süße und all der Härte, die ein solcher Kuss haben musste.
Atemlos standen sie sich gegenüber und schauten einander in die Augen. In den wenigen Sekunden fand ein stummer Dialog zwischen ihnen statt: Er liebte sie und sie liebte ihn.
Mitten in die Stille prusteten seine Schwestern los. „Wurde aber auch langsam mal Zeit! Das war ja nicht zum Aushalten mit euch beiden!“
Er lächelte und zog die blonde Technikerin in seine Arme.
„Da habt ihr verdammt recht!“