Vom selben Stern
von Sonny
Kurzbeschreibung
Zwei Menschen treffen sich. Sie sind sich sehr ähnlich, auch wenn sie in unterschiedlichen Lagern sind...
SongficFreundschaft, Schmerz/Trost / P12 / Gen
Makie
Manji
21.10.2007
08.06.2009
1
2.403
21.10.2007
2.403
Disclaimer: Die Figuren gehören Hiroaki Samura und ich verdiene kein Geld mit dieser Story. Das Lied "Vom selben Stern" von Ich+Ich gehört auch nicht mir und auch damit verdiene ich kein Geld.
Liedausschnitte: Vom selben Stern - Ich + Ich
Anmerkung: Es ist jetzt vielleicht sehr melancholisch geworden, doch ich finde man sollte Manji und die anderen Schwertkämpfer nicht als gefühllose Klötze abstempeln. Sicher haben sie auch Gefühle und Zweifel, auch wenn sie es nie so zeigen. Und wenn sie diese Gefühl schon anderen Leuten nicht zeigen, dann vielleicht anderen Schwertkämpfern. Wer weiß...
Vom selben Stern
Mit einem Funkeln in den Augen starrte er über den Platz zwischen den einstöckigen Holzhäusern zu ihr hinüber. Sie hatten gerade einen harten Kampf gegeneinander bestritten und noch immer ging ihr Atem nur stoßweise und ihre bebenden Körper verharrten noch immer in den Haltungen, in denen sie ihren letzten Angriff beendet hatten. Sie hatten ihren Angriff in der jeweils anderen Ecke begonnen, waren in der Mitte des Platzes aufeinander getroffen und waren noch bis in ihre jetzige Position gerutscht. Ihre noch blutigen Waffen hatten sie noch in den Händen und mal wieder war er es, an dessen Körper mehr Blut herunterlief. Sie war einfach zu geschickt mit ihrer langen Lanze, er hatte in den meisten Fällen einfach keine Chance. Zu seinen Gunsten musste man aber sagen, dass auch sie nicht mehr allzu fit aussah und kleinere Verletzungen hatte. Dies machte natürlich wieder seinen Vorteil deutlich. Seine Wunden, so schwer sie auch waren, würden nach kurzer Zeit heilen, ihre jedoch würden sich nicht einfach so schließen. Auf lange Sicht hatte er also bessere Aussichten den Kampf zu gewinnen - und zu überleben. Aber so war das in einem Leben als Schwertkämpfer. Man wurde verletzt und bekam nicht einmal Mitleid dafür. Man ließ sich für jemanden Stück hauen und derjenige bedankte sich nicht, weil es ihm zu peinlich war. So war das nun einmal, wenn man seine Dienste als Schwertkämpfer jemand anderem unterstellte. Sie war da anders, sie bekam meistens nicht einmal Blut ab, geschweige denn schwere Verletzungen. Auch das gab es, Schwertkämpfer waren nun einmal so unterschiedlich, wie ihre Waffen.
Steh auf, zieh dich an
jetzt sind andre Geister dran
Ich nehm' den Schmerz von dir,
Ich nehm' den Schmerz von dir
Sie hatten sich zufällig auf der Straße getroffen, wobei getroffen übertrieben wäre, gesehen wäre treffender. Denn sie hatten sich nur kurz in die Augen gesehen, während er auf Rin gewartet hatte. Und während er dies getan hatte, hatte er sie gesehen, wie sie langsam die Straße herunterging. Noch immer trug sie dieses weiße Tuch um den Körper geschlungen. Es sah aus wie eine Art Hülle, die sie vor allem Übel dieser Welt beschützen sollte, doch gleichzeitig betonte es wunderschön ihren zarten Körper. Zwar hatten sie sich nur ganz kurz in die Augen gesehen, doch sie hatten sich sofort verstanden. Ein kurzer Blick noch zurück, Rin war noch nicht zu sehen, dann verschwand er in einer Seitengasse. Und auch sie betrat die Gasse kurz nach ihm, immer noch ohne dass sie auch nur ein Wort gesprochen hatten, sie hatten sich nicht mal gesehen in letzter Zeit. Doch trotzdem hatten sie ohne irgendein Wort in der Gasse aufgestellt und ihre Waffen bereit gemacht. Sie hatten keine Vereinbarung getroffen oder sich begrüßt. Es war eine stille Übereinkunft, dass das was sie hier gleich taten, richtig war. So waren sie einfach. Sie waren Schwertkämpfer. Sie mussten nicht reden, um sich zu verständigen. Sie verstanden eh nur die Sprache des Schwertes.
ich kann deinen Herzschlag hörn
Du bist vom selben Stern wie ich, wie ich, wie ich
Weil dich die gleiche Stimme lenkt
Und du am gleichen Faden hängst
Weil du Dasselbe denkst wie ich, wie ich, wie ich
Langsam hob sie den Kopf und schaute zu ihm herüber. Er musste nur in ihre Augen sehen, um sie zu verstehen. So ähnlichen waren sie sich. Sie beide waren einsame Kämpfer, eigentlich nur sich selbst verpflichtet, wenn sie sich nicht an Menschen gebunden hätten, die schwächer waren als sie. Beide könnten auch gut alleine leben, sie bräuchten nicht unbedingt eine Begleitung auf ihrem Weg und die Menschen, die sie sich ausgesucht hatten, waren ihnen auch keine Hilfe, doch sie waren ihnen verpflichtet. Aus welchen Motiven hatten sie wohl gehandelt? Das konnte niemand sagen, vielleicht nicht einmal sie selbst, sie hatten es einfach getan. Eine Entscheidung aus dem Bauch, vielleicht aber auch eine Entscheidung, um Gesellschaft in ihrem einsamen Leben zu haben. Niemand konnte das sagen.
Anfangs hatten sie wohl nicht gewusst, was für Folgen ihr Entscheidung haben würde. Was war schon das Begleiten zurück in die Stadt oder das Beschützen vor einem Hund? Es war nichts, zumindestens nicht in ihrem Leben. Sie konnten nicht ahnen, dass es so enden würde. Dass sie ihr Leben für den Menschen einsetzen würde, dem sie sich anfangs vielleicht nur angeschlossen hatten, weil sie Abwechslung suchten. Vielleicht suchten sie aber nur einen Menschen, an den sie erneut ihr Herz hängen konnten. Sie beide hatten geliebte Menschen verloren und hatten erlebt, was Leid bedeutet. Manche Menschen schlitzten sich den Bauch auf, wenn sich zu viel Leid auf ihren Schultern angesammelt hatte. Sie nicht, sie lebten damit. Sie waren nun mal Schwertkämpfer, keine Samurais, einfach nur Schwertkämpfer, die mit ihrem Leid leben mussten.
Lass uns zusammen unsre Bahnen ziehn
Wir fliegen Heute noch über Berlin
Ich nehm den Schmerz von dir,
Ich nehm den Schmerz von dir
Trost fanden sie selten. Nur im Kampf. Dann konnten sie unbeschwert sein, konnten das tun, was sie wollten. Und vielleicht auch das einzige was sie konnten. Was konnten sie schon außer kämpfen? Auf dem Gebiet waren sie Meister, doch sonst konnten sie nicht viel. Solche angeblichen Nichtsnutze wie sie hatten nicht viele Freunde auf der Welt. Freunde waren dazu da, damit sie einem in schwierigen Situationen aus der Klemme helfen konnten. Doch in der heutigen Zeit wurden immer seltener Leute gebraucht, die ihre Freunde bis aufs Blut verteidigten. Zwar gab es noch hin und wieder Menschen, wie die, denen sie sich verpflichtet hatten. Doch solche Menschen wurden selten und so blieben sie unter sich. Schwertkämpfer gesellt sich zu Schwertkämpfer.
Doch auch hier war wahre Freundschaft eher selten. Wenn man sich zufällig traf, dann setzte man sich zwar zusammen oder kämpfe gegeneinander wie sie es gerade getan hatten, doch wenn man sich nicht sah, dann sah man sich eben nicht und es wurde auch keine Verabredungen getroffen, um dies herbeizuführen. Doch wenn man sich traf, dann war es auch egal, welchem Herrn man gerade diente. Man kam trotzdem zusammen und kämpfte zusammen. Das Kuriose daran war, man tat es auch, wenn man sich kaum kannte. Einen langjährigen Bekannten zu treffen und sich dann zu unterhalten war normal, aber einen Menschen, den man erst einmal gesehen hatte, zum Kampf herauszufordern, war nicht normal, zumindestens bei normalen Menschen. Bei Schwertkämpfern war das normal, da man sich gegenseitig sofort erkannt, auch wenn man sich eigentlich gar nicht kannte. Man erkannte seinesgleichen eben sofort. Und so gesellten sich Schwertkämpfer eben zusammen, denn untereinander sahen sie sich nicht angewidert an, wenn sie die stinkenden Schwerter sahen. Nur untereinander fanden sie Trost. Und nur da. Dabei hatten sie ihn so nötig.
Wir alle sind aus Sternenstaub,
In unsren Augen warmer Glanz,
wir sind noch immer nicht zerbrochen,
wir sind ganz.
Du bist vom selben Stern
Noch immer schaute sie ihn an, dann legte sie achtsam ihre Waffe beiseite und stand langsam auf. Sie wurden oft als unmenschliche Kampfmaschinen ohne Herz und Skrupel dargestellt. Sie würden töten ohne viel nachzudenken und einfach nur Befehle befolgen. Doch taten sie das wirklich? Dachten sie nicht nach? Natürlich war es besser nicht nachzudenken, wenn man tötete, am Ende würde man sonst so enden wie er, seinen eigenen Herrn und die Verfolger zu töten zeugte ja eigentlich nicht von vielem Nachdenken. Doch dadurch war es ja erst zu dieser Situation gekommen. Er hatte nachgedacht, doch bei manchen Dingen durfte man nicht nachdenken. Doch waren sie deshalb herzlos? Nein, sie hatten genauso Gefühle wie andere Menschen auch, doch sie zeigten es nun mal nicht so. Sie brauchten auch Zuwendung, doch in den meisten Fällen verweigerte man ihnen diese, da geglaubt wurde, sie würden sie nicht brauchen. Und schon wieder brauchten sie die Gesellschaft andere Schwertkämpfer. Die wussten wie es in ihrem Inneren aussah und wusste, wie es einem ging. Und auf dieser Suche nach Zuwendung und ein bisschen Zärtlichkeit, da kam es dann auch mal zu so ungewöhnlichen Zusammenkünften wie bei ihnen, die eigentlich nichts mit einander zu tun haben sollten. Doch auf der Suche nach Gleichgesinnten ist man nicht wählerisch. Sie waren Schwertkämpfer und sie waren beide hier.
Ich nehm den Schmerz von dir...
Beinahe andächtig gingen sie aufeinander zu. Schon von weitem erkannte er den großen Schmerz in ihren Augen. Er hatte sie schon einmal getroffen und er wusste, ihr Gemüt war genauso zart und gebrechlich wie ihr Körper, der eigentlich viel stärker war als er aussah. Doch das traf nicht auf ihre Seele zu, sie war genau so zerbrechlich wie es in ihren Augen den Anschein hatte. Sie nahm sich immer viel zu Herzen, deshalb waren ihre Augen auch immer so voller Schmerz, sobald man sie sah, hatte man das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen und zu beschützen, da ihr weißes Tuch anscheinend dazu nicht reichte. Zumindestens dachte er so, andere Menschen dachten wahrscheinlich nicht so. Sie waren nun mal Schwertkämpfer, nur sie wussten wie es in anderen Schwertkämpfern aussah.
Seine Schritte waren größer, er erreichte schneller die Mitte des Platzes und blieb dort stehen. Fast zögerlich kam sie dann die letzten Schritte auf ihn zu. Jetzt konnte er jedes Detail an ihr erkennen, die kleinen Wunden vom Kampf, das feine Muster auf ihrem Kimono, kleine Löcher in ihrem Tuch und ihr Gesicht. Vor allem ihr Gesicht. Doch nicht etwa ihren schönen Mund oder ihre edel geschwungenen Augenbrauen betrachtete er, nur ihre Augen konnte er betrachten, diese unglaublich traurigen Augen. Ein bisschen sah er sich selbst in diesen Augen. Er zeigte es nicht, doch er fühlte sich in langen Nächten genauso wie diese Augen aussahen. Verletzlich und einsam. Doch nie sahen es andere Menschen, nie zeigte er es anderen Menschen, er hatte sogar das Gefühl, er konnte es nicht mal mehr jetzt zeigen, jetzt wo er doch ihr mitteilen wollte, dass er genauso fühlte, aber keine Worte dafür fand. Für so etwas gab es keine passenden Worte. Vielleicht fand er sie auch nur nicht, er war ja nur ein Schwertkämpfer, der für so etwas keine Worte fand.
Ich nehm den Schmerz von dir...
Um sich nicht in diesen Augen zu verlieren, hob er die Hand und strich ihr damit seitlich durchs Haar, bis er an ihrer Wange verharrte. Noch immer schauten ihn diese intensiven Augen an. Doch es war noch etwas dazu gekommen, jetzt war in ihnen auch Vertrauen zu sehen, etwas das kaum in diese sonst so traurigen Augen passte. Er spürte, wie sie ihren Kopf gegen seine Hand neigte, als könnte sie gar nicht genug von seiner von Kampf rau gewordenen Hand bekommen. Doch es lag nicht an der Hand, es lang nur an der Tatsache, dass dort jemand war, der einem, wenn auch nur für einen kurzen Moment, Halt gab. Halt, den man sonst kaum bekam, denn selbst die Menschen, denen sie sich verpflichtet hatte, wussten nicht immer war in ihnen vorging und konnte einem so keinen Halt geben, natürlich versuchten sie es, doch sie konnten es nicht, sie konnten es einfach nicht. Nur Schwertkämpfer wie sie konnten einander verstehen, da sie sich nun einmal so ähnlich waren.
Seine Hand wanderte von ihrer Wange an ihren Hinterkopf und zog sie dann sanft zu sich heran. Sie wehrte sich nicht, auch nicht als sich auch sein anderer Arm um sie schloss, als er einfach dem Bedürfnis nachging, sie schützend in den Arm zu nehmen. Und plötzlich legte auch sie ruckartig ihre Arme um ihn. Sie brauchte den Halt, doch nicht nur sie brauchte diesen, er brauchte ihn auch, er brauchte ihn genauso wie sie und wollte diesen Moment auf keinen Fall missen. Ohne Halt und ohne ein bisschen Zuneigung konnte der Mensch nicht leben. Er spürte, wie sie sich in seinen Armen entspannte und wie sie immer wieder tief einatmete und er wusste, dass sie auch seinen Atem spürte, genauso wie sein Herz. So ähnlich waren sie sich, auch wenn sie sich erst einmal begegnet waren. Sie hatten sofort gespürt, wie ähnlich sie sich waren und hatten sich unbewusst die ganze Zeit auf ein Wiedersehen gefreut. So etwas brauchte der Mensch auch, Dinge, auf die er sich freuen kann, auch wenn er es eigentlich nicht weiß.
Eine Weile standen sie noch so da, auf dem kleinen Hof zwischen den Holzhäusern, zwischen ihren Waffen und den Blutspuren auf der Erde. So sehr sie es sich jetzt auch wünschten, sie würden nicht ewig so beisammen sein können, sie müssten sich trennen und wieder eine ganze Weile auf diesen Trost verzichten müssen. Es ging nicht anders. Dafür waren ihre Leben zur Zeit zu unterschiedlich. Aber irgendwann würden ihre Leben sich vielleicht wieder ähnlicher sein, wenn auch nicht so ähnlich, wie sie selbst es sich wären.
Beinahe gleichzeitig lösten sie ihre Arme, doch trotzdem schauten sie sich noch tief in die Augen, als wüssten sie nicht, was sie dort sehen würden. Vielleicht wollten sie sich diesen Blick aber auch nur einprägen, da sie genau wussten, dass sie selbst genau den selben Ausdruck in den Augen hatten. Sie wollten wissen, mit was für einem Blick sie durchs Leben gingen. Manchmal half so etwas ja, den Blick für andere Menschen verschwinden zu lassen, auch wenn er für Schwertkämpfer wie sie immer sichtbar sein würde.
Ohne sie aus den Augen zu lassen ging er rückwärts zurück, wobei er bei jedem Schritt eine Waffe einsammelte und einsteckte.
Dann, ein letzter tiefer Blick, sie würden sich jetzt lange nicht sehen, würden das Treffen in ein paar Tagen wahrscheinlich schon wieder für einen Traum halten, doch trotzdem würden sie sich unbewusst schon auf ihr nächsten Treffen freuen, auf ein Treffen mit jemandem, der sie versteht und genau weiß, was man fühlt, auch, wenn man sich eigentlich gar nicht kennt...
Du bist vom selben Stern
ich kann deinen Herzschlag hörn
Du bist vom selben Stern wie ich, wie ich, wie ich
Weil dich die gleiche Stimme lenkt
Und du am gleichen Faden hängst
Weil du dasselbe denkst wie ich, wie ich, wie ich...
FIN
Stand: Januar 2011
Liedausschnitte: Vom selben Stern - Ich + Ich
Anmerkung: Es ist jetzt vielleicht sehr melancholisch geworden, doch ich finde man sollte Manji und die anderen Schwertkämpfer nicht als gefühllose Klötze abstempeln. Sicher haben sie auch Gefühle und Zweifel, auch wenn sie es nie so zeigen. Und wenn sie diese Gefühl schon anderen Leuten nicht zeigen, dann vielleicht anderen Schwertkämpfern. Wer weiß...
Vom selben Stern
Mit einem Funkeln in den Augen starrte er über den Platz zwischen den einstöckigen Holzhäusern zu ihr hinüber. Sie hatten gerade einen harten Kampf gegeneinander bestritten und noch immer ging ihr Atem nur stoßweise und ihre bebenden Körper verharrten noch immer in den Haltungen, in denen sie ihren letzten Angriff beendet hatten. Sie hatten ihren Angriff in der jeweils anderen Ecke begonnen, waren in der Mitte des Platzes aufeinander getroffen und waren noch bis in ihre jetzige Position gerutscht. Ihre noch blutigen Waffen hatten sie noch in den Händen und mal wieder war er es, an dessen Körper mehr Blut herunterlief. Sie war einfach zu geschickt mit ihrer langen Lanze, er hatte in den meisten Fällen einfach keine Chance. Zu seinen Gunsten musste man aber sagen, dass auch sie nicht mehr allzu fit aussah und kleinere Verletzungen hatte. Dies machte natürlich wieder seinen Vorteil deutlich. Seine Wunden, so schwer sie auch waren, würden nach kurzer Zeit heilen, ihre jedoch würden sich nicht einfach so schließen. Auf lange Sicht hatte er also bessere Aussichten den Kampf zu gewinnen - und zu überleben. Aber so war das in einem Leben als Schwertkämpfer. Man wurde verletzt und bekam nicht einmal Mitleid dafür. Man ließ sich für jemanden Stück hauen und derjenige bedankte sich nicht, weil es ihm zu peinlich war. So war das nun einmal, wenn man seine Dienste als Schwertkämpfer jemand anderem unterstellte. Sie war da anders, sie bekam meistens nicht einmal Blut ab, geschweige denn schwere Verletzungen. Auch das gab es, Schwertkämpfer waren nun einmal so unterschiedlich, wie ihre Waffen.
Steh auf, zieh dich an
jetzt sind andre Geister dran
Ich nehm' den Schmerz von dir,
Ich nehm' den Schmerz von dir
Sie hatten sich zufällig auf der Straße getroffen, wobei getroffen übertrieben wäre, gesehen wäre treffender. Denn sie hatten sich nur kurz in die Augen gesehen, während er auf Rin gewartet hatte. Und während er dies getan hatte, hatte er sie gesehen, wie sie langsam die Straße herunterging. Noch immer trug sie dieses weiße Tuch um den Körper geschlungen. Es sah aus wie eine Art Hülle, die sie vor allem Übel dieser Welt beschützen sollte, doch gleichzeitig betonte es wunderschön ihren zarten Körper. Zwar hatten sie sich nur ganz kurz in die Augen gesehen, doch sie hatten sich sofort verstanden. Ein kurzer Blick noch zurück, Rin war noch nicht zu sehen, dann verschwand er in einer Seitengasse. Und auch sie betrat die Gasse kurz nach ihm, immer noch ohne dass sie auch nur ein Wort gesprochen hatten, sie hatten sich nicht mal gesehen in letzter Zeit. Doch trotzdem hatten sie ohne irgendein Wort in der Gasse aufgestellt und ihre Waffen bereit gemacht. Sie hatten keine Vereinbarung getroffen oder sich begrüßt. Es war eine stille Übereinkunft, dass das was sie hier gleich taten, richtig war. So waren sie einfach. Sie waren Schwertkämpfer. Sie mussten nicht reden, um sich zu verständigen. Sie verstanden eh nur die Sprache des Schwertes.
ich kann deinen Herzschlag hörn
Du bist vom selben Stern wie ich, wie ich, wie ich
Weil dich die gleiche Stimme lenkt
Und du am gleichen Faden hängst
Weil du Dasselbe denkst wie ich, wie ich, wie ich
Langsam hob sie den Kopf und schaute zu ihm herüber. Er musste nur in ihre Augen sehen, um sie zu verstehen. So ähnlichen waren sie sich. Sie beide waren einsame Kämpfer, eigentlich nur sich selbst verpflichtet, wenn sie sich nicht an Menschen gebunden hätten, die schwächer waren als sie. Beide könnten auch gut alleine leben, sie bräuchten nicht unbedingt eine Begleitung auf ihrem Weg und die Menschen, die sie sich ausgesucht hatten, waren ihnen auch keine Hilfe, doch sie waren ihnen verpflichtet. Aus welchen Motiven hatten sie wohl gehandelt? Das konnte niemand sagen, vielleicht nicht einmal sie selbst, sie hatten es einfach getan. Eine Entscheidung aus dem Bauch, vielleicht aber auch eine Entscheidung, um Gesellschaft in ihrem einsamen Leben zu haben. Niemand konnte das sagen.
Anfangs hatten sie wohl nicht gewusst, was für Folgen ihr Entscheidung haben würde. Was war schon das Begleiten zurück in die Stadt oder das Beschützen vor einem Hund? Es war nichts, zumindestens nicht in ihrem Leben. Sie konnten nicht ahnen, dass es so enden würde. Dass sie ihr Leben für den Menschen einsetzen würde, dem sie sich anfangs vielleicht nur angeschlossen hatten, weil sie Abwechslung suchten. Vielleicht suchten sie aber nur einen Menschen, an den sie erneut ihr Herz hängen konnten. Sie beide hatten geliebte Menschen verloren und hatten erlebt, was Leid bedeutet. Manche Menschen schlitzten sich den Bauch auf, wenn sich zu viel Leid auf ihren Schultern angesammelt hatte. Sie nicht, sie lebten damit. Sie waren nun mal Schwertkämpfer, keine Samurais, einfach nur Schwertkämpfer, die mit ihrem Leid leben mussten.
Lass uns zusammen unsre Bahnen ziehn
Wir fliegen Heute noch über Berlin
Ich nehm den Schmerz von dir,
Ich nehm den Schmerz von dir
Trost fanden sie selten. Nur im Kampf. Dann konnten sie unbeschwert sein, konnten das tun, was sie wollten. Und vielleicht auch das einzige was sie konnten. Was konnten sie schon außer kämpfen? Auf dem Gebiet waren sie Meister, doch sonst konnten sie nicht viel. Solche angeblichen Nichtsnutze wie sie hatten nicht viele Freunde auf der Welt. Freunde waren dazu da, damit sie einem in schwierigen Situationen aus der Klemme helfen konnten. Doch in der heutigen Zeit wurden immer seltener Leute gebraucht, die ihre Freunde bis aufs Blut verteidigten. Zwar gab es noch hin und wieder Menschen, wie die, denen sie sich verpflichtet hatten. Doch solche Menschen wurden selten und so blieben sie unter sich. Schwertkämpfer gesellt sich zu Schwertkämpfer.
Doch auch hier war wahre Freundschaft eher selten. Wenn man sich zufällig traf, dann setzte man sich zwar zusammen oder kämpfe gegeneinander wie sie es gerade getan hatten, doch wenn man sich nicht sah, dann sah man sich eben nicht und es wurde auch keine Verabredungen getroffen, um dies herbeizuführen. Doch wenn man sich traf, dann war es auch egal, welchem Herrn man gerade diente. Man kam trotzdem zusammen und kämpfte zusammen. Das Kuriose daran war, man tat es auch, wenn man sich kaum kannte. Einen langjährigen Bekannten zu treffen und sich dann zu unterhalten war normal, aber einen Menschen, den man erst einmal gesehen hatte, zum Kampf herauszufordern, war nicht normal, zumindestens bei normalen Menschen. Bei Schwertkämpfern war das normal, da man sich gegenseitig sofort erkannt, auch wenn man sich eigentlich gar nicht kannte. Man erkannte seinesgleichen eben sofort. Und so gesellten sich Schwertkämpfer eben zusammen, denn untereinander sahen sie sich nicht angewidert an, wenn sie die stinkenden Schwerter sahen. Nur untereinander fanden sie Trost. Und nur da. Dabei hatten sie ihn so nötig.
Wir alle sind aus Sternenstaub,
In unsren Augen warmer Glanz,
wir sind noch immer nicht zerbrochen,
wir sind ganz.
Du bist vom selben Stern
Noch immer schaute sie ihn an, dann legte sie achtsam ihre Waffe beiseite und stand langsam auf. Sie wurden oft als unmenschliche Kampfmaschinen ohne Herz und Skrupel dargestellt. Sie würden töten ohne viel nachzudenken und einfach nur Befehle befolgen. Doch taten sie das wirklich? Dachten sie nicht nach? Natürlich war es besser nicht nachzudenken, wenn man tötete, am Ende würde man sonst so enden wie er, seinen eigenen Herrn und die Verfolger zu töten zeugte ja eigentlich nicht von vielem Nachdenken. Doch dadurch war es ja erst zu dieser Situation gekommen. Er hatte nachgedacht, doch bei manchen Dingen durfte man nicht nachdenken. Doch waren sie deshalb herzlos? Nein, sie hatten genauso Gefühle wie andere Menschen auch, doch sie zeigten es nun mal nicht so. Sie brauchten auch Zuwendung, doch in den meisten Fällen verweigerte man ihnen diese, da geglaubt wurde, sie würden sie nicht brauchen. Und schon wieder brauchten sie die Gesellschaft andere Schwertkämpfer. Die wussten wie es in ihrem Inneren aussah und wusste, wie es einem ging. Und auf dieser Suche nach Zuwendung und ein bisschen Zärtlichkeit, da kam es dann auch mal zu so ungewöhnlichen Zusammenkünften wie bei ihnen, die eigentlich nichts mit einander zu tun haben sollten. Doch auf der Suche nach Gleichgesinnten ist man nicht wählerisch. Sie waren Schwertkämpfer und sie waren beide hier.
Ich nehm den Schmerz von dir...
Beinahe andächtig gingen sie aufeinander zu. Schon von weitem erkannte er den großen Schmerz in ihren Augen. Er hatte sie schon einmal getroffen und er wusste, ihr Gemüt war genauso zart und gebrechlich wie ihr Körper, der eigentlich viel stärker war als er aussah. Doch das traf nicht auf ihre Seele zu, sie war genau so zerbrechlich wie es in ihren Augen den Anschein hatte. Sie nahm sich immer viel zu Herzen, deshalb waren ihre Augen auch immer so voller Schmerz, sobald man sie sah, hatte man das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen und zu beschützen, da ihr weißes Tuch anscheinend dazu nicht reichte. Zumindestens dachte er so, andere Menschen dachten wahrscheinlich nicht so. Sie waren nun mal Schwertkämpfer, nur sie wussten wie es in anderen Schwertkämpfern aussah.
Seine Schritte waren größer, er erreichte schneller die Mitte des Platzes und blieb dort stehen. Fast zögerlich kam sie dann die letzten Schritte auf ihn zu. Jetzt konnte er jedes Detail an ihr erkennen, die kleinen Wunden vom Kampf, das feine Muster auf ihrem Kimono, kleine Löcher in ihrem Tuch und ihr Gesicht. Vor allem ihr Gesicht. Doch nicht etwa ihren schönen Mund oder ihre edel geschwungenen Augenbrauen betrachtete er, nur ihre Augen konnte er betrachten, diese unglaublich traurigen Augen. Ein bisschen sah er sich selbst in diesen Augen. Er zeigte es nicht, doch er fühlte sich in langen Nächten genauso wie diese Augen aussahen. Verletzlich und einsam. Doch nie sahen es andere Menschen, nie zeigte er es anderen Menschen, er hatte sogar das Gefühl, er konnte es nicht mal mehr jetzt zeigen, jetzt wo er doch ihr mitteilen wollte, dass er genauso fühlte, aber keine Worte dafür fand. Für so etwas gab es keine passenden Worte. Vielleicht fand er sie auch nur nicht, er war ja nur ein Schwertkämpfer, der für so etwas keine Worte fand.
Ich nehm den Schmerz von dir...
Um sich nicht in diesen Augen zu verlieren, hob er die Hand und strich ihr damit seitlich durchs Haar, bis er an ihrer Wange verharrte. Noch immer schauten ihn diese intensiven Augen an. Doch es war noch etwas dazu gekommen, jetzt war in ihnen auch Vertrauen zu sehen, etwas das kaum in diese sonst so traurigen Augen passte. Er spürte, wie sie ihren Kopf gegen seine Hand neigte, als könnte sie gar nicht genug von seiner von Kampf rau gewordenen Hand bekommen. Doch es lag nicht an der Hand, es lang nur an der Tatsache, dass dort jemand war, der einem, wenn auch nur für einen kurzen Moment, Halt gab. Halt, den man sonst kaum bekam, denn selbst die Menschen, denen sie sich verpflichtet hatte, wussten nicht immer war in ihnen vorging und konnte einem so keinen Halt geben, natürlich versuchten sie es, doch sie konnten es nicht, sie konnten es einfach nicht. Nur Schwertkämpfer wie sie konnten einander verstehen, da sie sich nun einmal so ähnlich waren.
Seine Hand wanderte von ihrer Wange an ihren Hinterkopf und zog sie dann sanft zu sich heran. Sie wehrte sich nicht, auch nicht als sich auch sein anderer Arm um sie schloss, als er einfach dem Bedürfnis nachging, sie schützend in den Arm zu nehmen. Und plötzlich legte auch sie ruckartig ihre Arme um ihn. Sie brauchte den Halt, doch nicht nur sie brauchte diesen, er brauchte ihn auch, er brauchte ihn genauso wie sie und wollte diesen Moment auf keinen Fall missen. Ohne Halt und ohne ein bisschen Zuneigung konnte der Mensch nicht leben. Er spürte, wie sie sich in seinen Armen entspannte und wie sie immer wieder tief einatmete und er wusste, dass sie auch seinen Atem spürte, genauso wie sein Herz. So ähnlich waren sie sich, auch wenn sie sich erst einmal begegnet waren. Sie hatten sofort gespürt, wie ähnlich sie sich waren und hatten sich unbewusst die ganze Zeit auf ein Wiedersehen gefreut. So etwas brauchte der Mensch auch, Dinge, auf die er sich freuen kann, auch wenn er es eigentlich nicht weiß.
Eine Weile standen sie noch so da, auf dem kleinen Hof zwischen den Holzhäusern, zwischen ihren Waffen und den Blutspuren auf der Erde. So sehr sie es sich jetzt auch wünschten, sie würden nicht ewig so beisammen sein können, sie müssten sich trennen und wieder eine ganze Weile auf diesen Trost verzichten müssen. Es ging nicht anders. Dafür waren ihre Leben zur Zeit zu unterschiedlich. Aber irgendwann würden ihre Leben sich vielleicht wieder ähnlicher sein, wenn auch nicht so ähnlich, wie sie selbst es sich wären.
Beinahe gleichzeitig lösten sie ihre Arme, doch trotzdem schauten sie sich noch tief in die Augen, als wüssten sie nicht, was sie dort sehen würden. Vielleicht wollten sie sich diesen Blick aber auch nur einprägen, da sie genau wussten, dass sie selbst genau den selben Ausdruck in den Augen hatten. Sie wollten wissen, mit was für einem Blick sie durchs Leben gingen. Manchmal half so etwas ja, den Blick für andere Menschen verschwinden zu lassen, auch wenn er für Schwertkämpfer wie sie immer sichtbar sein würde.
Ohne sie aus den Augen zu lassen ging er rückwärts zurück, wobei er bei jedem Schritt eine Waffe einsammelte und einsteckte.
Dann, ein letzter tiefer Blick, sie würden sich jetzt lange nicht sehen, würden das Treffen in ein paar Tagen wahrscheinlich schon wieder für einen Traum halten, doch trotzdem würden sie sich unbewusst schon auf ihr nächsten Treffen freuen, auf ein Treffen mit jemandem, der sie versteht und genau weiß, was man fühlt, auch, wenn man sich eigentlich gar nicht kennt...
Du bist vom selben Stern
ich kann deinen Herzschlag hörn
Du bist vom selben Stern wie ich, wie ich, wie ich
Weil dich die gleiche Stimme lenkt
Und du am gleichen Faden hängst
Weil du dasselbe denkst wie ich, wie ich, wie ich...
FIN
Stand: Januar 2011