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Trust - Vertrauen

Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Jason Riki
26.09.2007
30.09.2007
3
17.865
24
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26.09.2007 4.838
 
Nein, das war alles doch einfach nicht wahr... es war so... unfair! Aber... was um Himmels Willen hatte er denn erwartet!? Dass er, ein dummer, dreckiger, kleiner Mongorel mehr als eine nette Unterhaltung für einen Blondie war??? Ausgerechnet ER?  Was war er denn schon? Ein Pet. Und dumm genug gewesen. freiwillig zurückzukehren, weil er noch viel dümmer gewesen war und sich in einen Blondie verliebt hatte! In einen Blondie!! Und nicht nur das! Er hatte auch noch gedacht, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte!!

Dafür hatte er es sogar hingenommen, wieder diesen entwürdigenden Ring um sein bestes Stück zu tragen, nur um in Iasons Nähe sein zu können! Es hatte doch alles so schön begonnen, als er zurückgekehrt war!

Es waren immer nur Kleinigkeiten gewesen. Die Tatsache, dass Iason zu spät gekommen war, wenn er versprochen hatte, um eine gewisse Uhrzeit da zu sein, dass er vergessen hatte, etwas mitzubringen, dass er ihn nicht wirklich zur Kenntnis genommen hatte.

Kleinigkeiten in den letzten Wochen, in denen er zurückgekehrt war, die ihm nur zu deutlich zeigten, wie tief er im Ansehen des Anderen stand. War er für Iason überhaupt mehr, als ein billiges, nett anzusehendes Spielzeug, mit dem er gleichzeitig gegen Jupiter rebellieren konnte?

Nein.

Vielleicht war er das mal gewesen, inzwischen war er es sicher nicht mehr.
Sonst hätte Iason ihm das hier nicht angetan! Wütend über sich selbst und seine unglaubliche Dummheit und Leichtgläubigkeit starrte Riki in den stockdunklen Himmel. Er hätte es nicht vergessen, ihn nicht so hängen lassen. Ohne ein Wort zu sagen, kein Kommentar darüber, dass er nicht hier war. Nichts. Gar nichts. Das war wohl das Schlimmste. Nicht mal mehr eine dumme Ausrede. Nicht einmal mehr das.

Iason hatte ihn einfach vergessen.

Warum auch nicht? Was war er schon? Ein Pet. Kaum mehr, als ein dummer, billiger Sexsklave, eine nette Unterhaltung, die nur hübsch und brav zu sein hatte, ohne eigenen Willen und ohne Verstand. Ohne Gefühle am Besten auch noch...

„Master Riki! Ihr solltet wirklich...!“

„Lass mich!“, brüllte der nur, stieß Daryl erneut von sich. Zwar tat es ihm im nächsten Moment schon wieder leid, doch das spielte keine Rolle. Er ertrug jetzt niemanden um sich herum, musste allein bleiben. Allein mit sich und seinen trüben Gedanken.

Er selbst hatte sich erniedrigt und diesmal auch noch freiwillig! War Iason wieder gefolgt, zurück nach Eos! Es war seine eigene Schuld!

Nicht einmal der eisige, harte, auf ihn einprasselnde Regen, der durch seine Haut stach, wie spitze Nadeln, vermochte den Schmerz und die Verzweiflung in seinem Inneren zu betäuben. Aber sie lenkte ab. Er wollte, er konnte nicht zurück in sein Zimmer. Wo ihn alles an seinen blonden Master erinnerte, den er liebte und doch gleichzeitig nur noch so schrecklich hasste. Er hatte es vergessen...


Ratlos starrte Daryl hinaus in den strömenden Regen, schauderte, als die eisige Nachtluft ihn streifte. Die dunkle, zusammengesunkene Gestalt, die da im Regen stand, war kaum zu erkennen. Er war ratlos! Was sollte er denn tun? Riki konnte da unmöglich stehen bleiben! Er würde sich noch den Tod holen und das war sicher nicht in Master Iasons Sinne! Im Gegenteil der Blondie würde toben, sollte Riki etwas zustoßen! Aber der Mongorel hatte ihn inzwischen schon mehrmals rüde von sich gestoßen und zwei Schirme hatten ihren Weg über die Balustrade des Balkons gefunden.

Nein, er sah keine andere Möglichkeit. Schnell lief er zu einem der Terminals und drückte hastig eine Nummer. Nur Sekunden später erschien das vertraute Gesicht. Die rotblonden Haare, das feine Gesicht, dass auch die Narbe nicht zu entstellen vermochte.

„Daryl?“

„Kaze, ich habe ein Problem!“

„Ganz ruhig,“! befahl die Stimme am anderen Ende: „Was ist los?“

„Master Riki steht schon seit über einer Stunde im Regen und ich bekomme ihn einfach nicht rein! Er...!“

„Warum?“

„Ich... Master Iason hatte eigentlich versprochen, heute... und er ist nicht gekommen... und seitdem steht er da...! Was soll ich denn tun?!“

„Schon gut, ich komme rüber,“ gab Kaze knapp zurück, bevor der Bildschirm wieder schwarz wurde.


Seltsam, kam ihm das nur so vor, oder war der Regen schwächer geworden? Müde hob Riki seinen Blick etwas, betrachtete den dichten Vorhang der ohne Unterlass fallenden Tropfen. Nein, nicht wirklich. Man konnte die eigene Hand immer noch nicht vor Augen sehen. Ein dichter Vorhang. Ach, wenn er doch nur zwischen sich und seine Gefühle auch so einen Vorhang ziehen könnte!

Wie einfach wäre dann das Leben.

Er wäre nicht zurückgekommen. Er wäre Iason nicht zurück nach Eos gefolgt, wo er sich doch ohnehin so fehl am Platze fühlte. Zum einen, weil er im Grunde inzwischen mit seinen knapp achtzehn fast schon zu alt für ein Pet war, nach den Begriffen der Blondies und zum Anderen, weil alle anderen Pets doch immer nur auf ihn herabsahen. Auf ihn, den Wilden, das Stück Dreck aus der Gosse.

Eine Zeit lang hatte er tatsächlich sogar versucht, sich anzupassen. Hatte seinen Stolz begraben, nur für Iason. Nun, so viel dazu, dachte er nur kalt.

Er war eben dumm. Genau das, was ihm immer unterstellt wurde.

Er hätte Bison nicht zum zweiten Mal verlassen dürfen, bei Guy bleiben sollen. Guy und er gehörten doch im Grunde zusammen. Sie waren beide das Unterste vom Untersten, doch als er Eos noch nicht gekannt hatte, hatte er sich nie so gefühlt.

So wertlos.

Riki merkte kaum, wie seine heißen Tränen, Tränen der Verzweiflung und der Wut, sich mit dem eisigen Regen vermischten. Seine Haut schien irgendwie taub geworden zusein.

Er wollte nur noch zurück. Zurück nach Hause... er versuchte, die Slums von Tanagura durch den Regen ausfindig zu machen, aber genauso gut hätte er versuchen können, Jupiter zu zerstören. Ach, wozu auch die Mühe... er ließ seinen Kopf wieder sinken, schloss die Augen.

Außerdem: wie konnte er sich auch in Tanagura wieder sehen lassen? Guy hatte ihm noch ins Gesicht geschrieen, dass er ihn nie wieder sehen wollte, dass er für seinen ehemaligen besten Freund und Geliebten tot war.

Ja, in Grunde war Riki the Dark gestorben. Kurz nachdem er von Iason mitgenommen war. Erstickt an dem Luxus  mit dem er hier überhäuft worden war.

War es am Ende nur das gewesen, weswegen er zurückgekommen war? Nein, sicher nicht. Luxus konnte ihn nicht locken. Wie oft hatte er nachts seine Decke genommen, um sich auf den Boden zu legen, weil die Matratze ihm zu weich gewesen war! Er hatte nie um irgendetwas gebeten oder mehr genommen, als unbedingt nötig war.

Er war nur für Iason zurückgekommen, an den Ort, den er im Grunde so wenig mochte. Er hatte aufgehört, die Peteinrichtungen hier zu besuchen, die Tage in Iasons Apartment verbracht und aus Langeweile heraus sogar gelesen. Nur um sich zu beschäftigen.

Wofür das Ganze?

Nur um erkennen zu müssen, was für ein Narr er war.

Aber das Schlimmste war, dass er selbst jetzt nicht aufhören konnte, den Blondie, dem er gehörte, zu lieben und dass er sich deswegen noch viel mehr hasste. Er wollt enur noch verschwinden....


Kaum hatte Kaze den Aufzug verlassen und war zur Tür von Iasons Apartment getreten, wurde Selbige auch schon aufgerissen. Daryl, Iasons Furniture, sah ihm entgegen. Immer noch mit demselben, fast panischen Ausdruck auf dem Gesicht.

„Er steht also immer noch da draußen?“

„Ja! Mitten im Regen! Kaze, er..:!“

Kaze drängte sich an Daryl vorbei in das Apartment seines ehemaligen Masters. Es hatte sich hier nichts verändert. Immer noch alles von erlesenster Qualität und besten Geschmacks. Perfekt angeordnet. Iason eben.

Er schüttelte seinen Kopf, einige Regentropfen flogen aus seinen Haaren, während er zum Balkon ging und hinaussah.

Rikis Gestalt war durch den heftigen Regen kaum zu erkennen, aber er stand da wirklich! Himmel, hatte der Junge eine Schraube locker! War ihm denn gar nicht klar, was für einen Mist er da produzierte!? Wusste er nicht, dass Iason, sollte Riki krank werden, ihnen allen die Hölle heiß machen würde?? War dem Idioten denn gar nicht bewusst, was er für den Blondie bedeutete?

„Ich hole ihn,“ knurrte er entschlossen und zog eine Spritze aus seinem Ärmel hervor.

„Was...?“

„Ein Sedativum. Ich habe keine gesteigerte Lust darauf, dass er um sich schlägt. Ich bin zwar stärker als er, aber weh tun, das kann er mir immer noch. Vor Allem in dem Zustand. Keine Angst, ich werde es nur einsetzen, wenn es notwendig wird.“

„Was kann ich...?“

„Lass heißes Wasser in die Wanne ein, wir werden ihn wohl erst mal aufwärmen dürfen.“

„Hai!,“ und schon war der junge Mann verschwunden.

„Gut,“ knurrte Kaze, während er grummelnd in den Regen trat. „Und nun zu dir, du vermaledeiter Sturrkopf...“


Was war denn das? Schritte! Definitiv Schritte! Riki konnte hören, die Stiefel durch die Pfützen trampelten. Stiefel. Schwerere Schuhe, als die, die Daryl besaß.
Iason! War er am Ende doch gekommen!?

Aufgeregt wirbelte Riki herum – und erstarrte. Nein!! Was... sollte das? Das...war nicht Iason!

Auf einmal merkte er auch noch, dass er sich wohl zu heftig bewegt hatte. Eine seltsame Schwärze legte sich wie ein Schleier über seine Augen. Warm und sanft. Eine Decke unter der er sich verkriechen konnte. Er kämpfte nicht dagegen an. Zu angenehm war diese Fluchtmöglichkeit. Weg. Weit weg von all seinen Gedanken. Nur für sich allein, ohne Iason, der ihn nur verletzte und es wahrscheinlich noch nicht einmal merkte...


Kaze trat durch den Regen auf Riki zu. Ohne Schirm, da er vermutlich beide Hände brauchen würde, um Riki zu ‚überzeugen’, ihn ins Haus zu begleiten, die Spritze hatte er wieder unter dem Ärmel verborgen. Außerdem hatte der Mongorel offensichtlich schon fast alle Schirme des Haushalts über den Balkon flattern lassen...

Schon nach zwei Schritten war auch er bis auf die Haut durchnässt. Großartig! Wehe Riki, wenn er sich jetzt auch noch irgendeinen dummen Infekt holte! Er hasste Krankheiten! Viren oder andere Dinge. Nichts war ihm mehr zuwider, als eine zue Nase!

Er sah, wie Riki auf einmal herumwirbelte. Der Jüngere hatte ihn also doch kommen gehört. Gut, er konnte nicht behaupten, dass er sonderlich darauf bedacht gewesen war, nicht bemerkt zu werden.

Kurz glomm etwas in den braunen Augen auf. Hoffnung? Er wusste es nicht genau. Leben... Doch kaum hatte Riki ihn erkannt, wurden sie wieder stumpf. Leblos. Seltsam. Der Mongorel hatte Daryl immer wieder von sich gestoßen, nun machte er gar keine Anstalten, sich zur Wehr zu setzen, obwohl Riki sicher klar war, warum er hier war.

Er streckte seine Hand fordernd aus, doch der Brünette rührte sich nicht von der Stelle, die leeren Augen sahen direkt an ihm vorbei, an einen wohl schrecklich interessanten Punkt and er Wand, bevor Riki sich langsam wieder umwandte. Ohne einen Ton von sich zu geben.

Gerade, als Kaze die Spritze ziehen wollte, sah er es. Ein Zittern, dass durch den Körper des Mongorels lief, bevor er kollabierte. Hastig sprang Kaze vor, gerade noch rechtzeitig, um Riki davor zu bewahren, kopfüber irgendwo aufzuschlagen.
Hastig lud er seine Last, die sich netterweise auch noch selbst KO gesetzt hatte, auf die Arme und trug sie zurück in die warme Wohnung, ins Bad, wo Daryl schon auf sie wartete.

„Hast du...!?“

Kaze schüttelte den Kopf, hob die immer noch aufgezogene Nadel hoch: „Nein, er ist umgekippt, wohl wegen der Kälte,“ wehrte Kaze ab, legte die Nadel beiseite und half Daryl, den Mongorel von den vollkommen durchnässten Kleidern zu befreien, um ihn anschließend ins heiße Wasser zu legen.

„Also, noch mal: warum zum Henker, hat dieser dumme, kleine Trottel sich bei dem Wetter da raus gestellt!“

„Er.. hat auf Master Iason gewartet... aber...“

„Nun, ich sehe ihn nicht. Also wird er nicht gekommen sein. War heute was Besonderes?“

„Master Riki...er .. hat heute... Geburtstag und Master hat versprochen auf jeden Fall bis dahin zurück zu sein. Riki hat den ganzen Tag gewartet, aber als er vor vier Stunden immer noch nicht da war, ist er... durchgedreht und rausgerannt... und stehen geblieben.“

Danach herrschte Stille. Daryl schrubbte Riki, bis dessen Haut rot und heiß leuchtete, während Kaze sich selbst in die Duscheinheit stellte, denn auch er war bis auf die Haut durchnässt und im Gegensatz zu dem Mongorel empfand er das nicht gerade als prickelnd.

Er fragte sich ohnehin, was im Moment in Rikis Kopf vorging. Nun gut, selbst, wenn er es wüsste, er bezweifelte, dass er viel hätte unternehmen können.
„Hat Iason sich nicht wenigstens gemeldet?,“ fragte Kaze schließlich, als er heraustrat und nach einem Handtuch griff.

Daryl schüttelte nur den Kopf. „Er hat sich bisher nicht gemeldet.“

„Gut – das ist ungewöhnlich,“ murmelte Kaze nur, zog sich rasch die Dinge an, die Daryl wahrscheinlich aus Rikis Zimmer geholt hatte und half dem Kleineren dann, den Mongorel in dessen Zimmer zu tragen. Nun – wenigstens hatte der vormalige Eisklotz wieder eine normale Temperatur.

„Riki!,“ rief er kurz.

Keine Reaktion.

„Riki, mach die Augen auf,“ herrschte Kaze unwirsch. Er hatte auch noch bessere Dinge zu Tun, als Babysitter für einen durchdrehenden Mongorel zu spielen! Wirklich! „Daryl, bring mir etwas kaltes Wasser,“ knurrte er, als auch das keine Wirkung zeigte.

Der junge Mann brachte wortlos das Gewünschte, Kaze nahm etwas von der Flüssigkeit und schleuderte sei dem Mongorel ins Gesicht.

Tatsächlich, die Augen begannen, zu flattern.

„Das wurde aber auch Zeit!“

„Kaze, ich glaube... sieh mal! Er... nimmt uns doch gar nicht wahr!“

Der Schwarzmarktboss sah mit gerunzelter Stirn in die trüben Augen, die exakt an ihm vorbei an die Wand starrten.

„Na gut, lassen wir ihn schmollen,“ seufzte Kaze unwillig. „Und sehen morgen weiter.“

„Kommst... kommst du morgen wieder?“

Kaze seufzte leise auf. Aber er wusste, dass Daryl nicht mit Riki fertig werden würde, sollte der durchdrehen. „Ich bleib heute Nacht einfach da,“ schlug er dem Jüngeren schließlich vor. „Wenn er noch mal meint, durchzudrehen, kann ich ihn wenigstens gleich windelweich prügeln, bis sein Verstand zurückkommt. Komm, gehen wir. Lassen wir ihn erst mal in Ruhe.“

Erleichtert nickte Daryl. Er wusste, man sah ihm an, wie glücklich er mit Kazes Vorschlag war. Er hatte nicht die geringste Lust, dass er zur Verantwortung gezogen wurde, weil Riki irgendetwas zugestoßen war und wenn dieser noch so oft selbst daran Schuld gewesen war, das würde Iason vollkommen gleichgültig sein. Hier waren alle dafür verantwortlich, dass dem Mongorel nichts zustieß...

Wie durch einen Nebel meinte Riki wahrzunehmen, dass er nicht mehr im Regen stand. Es war dämmrig, wo er nun war, nicht mehr kalt. Etwas lag auf ihm, wie ein Stein, er war nicht in der Lage, sich irgendwie zu rühren, um sich davon zu befreien, hatte keinen festen Untergrund, lag auf Etwas, dass ihm viel zu weich war... Sein Bett? Sein Zimmer? Er wusste es nicht, es spielte keine Rolle.

Aus der Entfernung, wie durch eine dicke Wand, meinte er sogar, Stimmen zu hören, die sich unterhielten. Er kannte sie, kannte sie beide und doch war es nicht die, auf die er gehofft hatte. Wortlos, er wäre ohnehin nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Ton von sich zu geben, schloss er seine Augen wieder. Es war viel zu anstrengend, sie offen zu halten.

Er wollte nur noch schlafen und nie, nie wieder aufwachen. Iason hatte ihn vergessen, ohne ein Wort, ohne gar nichts.

Einfach vergessen....




Seiner Gewohnheit entsprechend wachte Kaze am nächsten Morgen sehr früh auf, da es Spätherbst war, war es draußen auch noch stockfinster. Erst einmal sah er sich kurz orientierungslos um, bis ihm wieder einfiel, dass er ja die Nacht in Iasons Wohnung verbracht hatte, nachdem Riki am Abend durchgedreht war. Ein anderer Ausdruck für dieses bekloppte Benehmen fiel ihm ums Verrecken nicht ein.
Apropos... er konnte ja mal nach dem Starrkopf sehen... das wäre nicht mal so schlecht, dann musste Daryl sich nicht auch noch darum kümmern. Aber bei dem Mongorel war sicher wieder alles in Ordnung.

Danach würde er sich wieder auf den Weg zu sich selbst machen, schließlich hatte er noch andere Dinge zu Tun, als Babysitter zu spielen. Beim besten Willen. Rasch schlug er die Decke zurück und stellte fest, dass neben dem Gästebett, in das Daryl ihn manövriert hatte, auf einem Stuhl, seine Sachen hingen. Trocken und sauber hergerichtet.

Umso besser.

Schnell zog er sich an und trat aus dem Zimmer. Das Licht im Flur brannte schon. War der Jüngere etwa doch schon wach? Oder war es am Ende Riki, der mal wieder ziellos durch die Wohnung stromerte, wie Daryl ihm erzählt hatte!

Kopfschüttelnd machte Kaze sich erst mal auf den Weg in Rikis Zimmer, schaltete das Licht ein, stellte es aber so um, dass es den Raum nur in ein Dämmerlicht tauchte. Nicht, dass der Mongorel noch aufwachte und wieder einen Anfall von wer weiß was bekam...

Nein, Riki schlief noch. Zusammengerollt, wie ein Fötus am Fußende des Bettes, die braunen Haare wirr im Gesicht, von Zeit zu Zeit zusammenzuckend, als würde er schlecht träumen.

So gesehen sah Riki richtig süß aus, unschuldig, wie ein Kind. War es das, was Iason so an ihm fesselte? Nun – es wäre auf jeden Fall endlich mal eine Erklärung!
Kaze ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Am anderen Ende, gegenüber der Tür, unter dem hohen Fenster, stand ein Schreibtisch mit einem Stuhl. Auf dem Schreibtisch ein Modell des neuesten Computers, der gerade auf den Markt gekommen war.

Die Kleidung, die Riki, wie er von Daryl wusste, meist quer durchs Zimmer warf, lag ordentlich zusammengefaltet auf einem Stuhl. Alles Designerstücke, verstand sich. Und in dem riesigen Schrank dort neben dem Bett waren sicher noch mindestens ein paar Dutzend mehr davon. Der Boden war mit weichen Teppichen in hellen Farben ausgelegt, die dem recht großen Raum, der früher zu seinen Zeiten, einmal das große Gästezimmer gewesen war, eine anheimelnde Atmosphäre. Wusste Riki eigentlich, wie viel Geld Iason ausgegeben hatte, um es ihm hier gemütlich zu machen? Nein, wahrscheinlich eher nicht.

Sonst würde der Junge sich nicht so schlichtweg blamabel benehmen.

Obwohl alles doch recht friedlich aussah, trat Kaze schließlich doch zu dem Bett, betrachtete Riki genauer. „Als ob er dir je weh tun wollte,“ murmelte Kaze nur kopfschüttelnd, beobachtete, wie der Mongorel erneut zusammenzuckte

Automatisch streckte Kaze seine Hand aus – und zog fragend die Augenbrauen hoch. Was-...? kurzerhand fühlte er die Stirn des Jüngeren.

Himmel! Der kochte ja! Riki hatte Fieber! Er zuckte nicht zusammen, weil er schlecht träumte, sondern weil ihm kalt war! Deshalb hatte er sich so zusammengerollt!
„Daryl!“

Der junge Mann steckte seinen Kopf durch die Tür zu Rikis Zimmer.

„Kaze? Was ist denn?,“ frage der überrascht.

„Ein Fiebermesser, sofort!“

Nun doch sichtlich beunruhigt brachte er das Gewünschte.

„Scheiße!“

„Kaze?“

„Dieser Trottel muss sich im Regen doch noch was geholt haben,“ knurrte Kaze nur und deutete auf die Ziffer: 39,9°. „Er hat Fieber.“

„Was... soll ich denn tun?!“

„Ruf einen Arzt,“ gab Kaze zurück. Er hatte ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache. „Und bring mir auf dem Rückweg eine Schüssel kaltes Wasser und einen Lappen mit. Ich fürchte, wir haben ein Problem.“




Unruhig sah Iason auf die Uhr. Sein schlechtes Gewissen piesackte ihn inzwischen ordentlich. Gut, wenn ihm dieser dämliche Minister dazwischenkam, das war eine Sache, aber erst nach dem ersten Gespräch war ihm eingefallen, was für ein Tag gewesen war und wo  er eigentlich hätte sein sollen. Himmel! Riki würde toben! Und das auch noch zurecht! Wie hatte er DAS nur vergessen können? Rikis Geburtstag! Er hatte doch versprochen, da  zu sein! Aber nach Mitternacht war es einfach zu spät gewesen, noch daheim anzurufen, hatte er befunden.

Nun war es zehn Uhr morgens und Riki sollte wohl auch endlich aus den Federn gekrochen sein. Er drückte eine Nummer auf dem Display des Sprachterminals. Immerhin musste er sich nicht nur entschuldigen, sondern Riki klar machen, dass er vor in zwei Tagen kaum zurückkommen würde. Dank einer brisanten, politischen Angelegenheit, die es einzurenken galt. Das Toben des Mongorels konnte er sich schon jetzt ausmalen. Diesmal durfte er sich eine verdammt gute Entschuldigung einfallen lassen. Von einer Wiedergutmachung mal ganz zu Schweigen...

Kurze Zeit später tauchte Daryls Gesicht auf dem Display auf. Irrte Iason sich oder sah der Kleine irgendwie... gehetzt aus?

„Daryl, gib mir bitte Riki.“

„Riki...er...“

„Schläft etwa noch??!“

„Na ja, er... hat die ganze Nacht...“

„Auf mich gewartet?“

Der Junge am anderen Ende nickte nur. Gut,  das war eine Sache, aber warum sah Daryl dann so betroffen aus? Oha, wahrscheinlich hatte Riki so gegen drei Uhr morgens das Toben angefangen.

„Gut, lass ihn schlafen,“ seufzte Iason, obwohl er ihn nur zu gern gesehen hatte. Er vermisste seinen Kleinen schrecklich, auch wenn er das niemals zugeben würde. Raoul und Kaze hatten Recht behalten. Der Junge war seine Achillesferse. Sein einzig verletzlicher Punkt. Er konnte nur beten, dass Jupiter das nie, niemals erfahren würde. „Aber richte ihm aus, dass mir das wegen gestern leid tut und etwas sehr wichtiges dazwischengekommen ist. Ich werde wahrscheinlich nicht vor in zwei Tagen wieder da sein.“

„Sehr wohl, Master,“ murmelte der Jüngere.

Iason runzelte die Stirn, setzte gerade zu einer Frage an, doch da hörte er auch schon, wie Raoul ihn rief.

„Gut, Daryl. Alles Weitere besprechen wir, wenn ich wieder da bin. Wenn ein Notfall vorliegt, melde dich.“ Damit unterbrach er die Verbindung und befahl gleichzeitig der Tür, sich zu öffnen.

„Raoul.“

„Guten Morgen, Iason,“ gab sein langjähriger Vertrauter nur zurück, betrachtete Iason, der vor dem Terminal saß.

„Jetzt sag mir nicht, du hast schon wieder deinen Mongorel angerufen!“

„Erstens ist es meine Sache, mit wem ich mich unterhalte und zweitens geht es dich nichts an,“ gab Iason ruhig zurück, wobei er verzweifelt versuchte, das schreckliche Gefühl, dass sich in ihm breit gemacht hatte, zu unterdrücken.
Es war doch alles in Ordnung gewesen! Sah man mal davon ab, dass Daryl mit Sicherheit unter einem ziemlich stinkigen Riki zu Leiden hatte. Also warum hatte er dann das Gefühl, dass etwas Schreckliches geschehen war? Nun ja, das war im Moment nebensächlich. Wäre etwas mit Riki gewesen, hätte Daryl es ihm mitgeteilt. Nun zählte erst mal dieser idiotische, kriegsversessene Minister, der auf andere Gedanken gebracht werden musste.




„Nun?,“ fragte Kaze unwirsch. Er hatte schon alle möglichen Drohungen aussprechen müssen, damit dieser arrogante Arzt sich überhaupt herabgelassen hatte, einen Mongorel zu untersuchen und letztendlich hatte er es auch erst getan, als Kaze Iasons Namen ins Spiel gebrach hatte.

„Er ist gesund.“

„A~ha?“, fragte Kaze nur spöttisch.

„Körperlich ist dieser... Mongorel... vollkommen gesund,“ bekräftigte der Mann mit hochgezogenen Augenbrauen, wobei er seine Messgeräte in die Höhe hielt. In seinem Blut war nicht mal die Spur eines Erkältungsvirus.“

„Und wie kommt es dann, dass er glüht?,“ spöttelte Kaze, wobei er eine Blick auf das gerötete Gesicht warf, dass unter den vielen Decken, die Daryl herbeigetragen hatte, kaum noch zu finden war. Jetzt noch mehr, als am Morgen sah Riki aus, wie ein verletzliches Kind.

Ausgeliefert.
Hilflos.
Verzweifelt.
Krank.

„Das weiß ich nicht,“ gab der Arzt unwillig zu. „Ich habe ihm einige fiebersenkende Mittel gespritzt. Wenn das Fieber bis zum Abend nicht sinkt, sollten Sie ihn zu mir ins Krankenhaus bringen.“

„Nein,“ konterte Kaze. „Da werden wir ihn direkt hinbringen.“

„Das halte ich für übertrieb..“

„Das ist mir vollkommen gleichgültig! Aber SIE werden Iason Mink dann morgen erklären, warum der Zustand seines Pets sich derart rapide verschlechtert hat!“

„Schon gut,“ lenkte der Arzt unglücklich ein. Ich werde einen Krankentransport hierher schicken.“

„Gut,“ gab Kaze unbeeindruckt zurück, bevor er sich neben Rikis Kopf auf die Matratze setzte und den inzwischen warm gewordenen Wickel auf der Stirn gegen einen Neuen austauschte. „Was hast du nun schon wieder angestellt?,“ fragte er den Mongorel, der seit dem Morgen die Augen nicht wieder geöffnet hatte. Kaze hoffte im Moment nur, dass es nicht noch schlimmer wurde.

„Kaze?“

„Hm?“

„Master Iason hat mich eben angerufen.“

„Du hast es ihm nicht gesagt,“ gab Kaze zurück. Eine Feststellung.

Daryl nickte nur.

„Dann sollten wir beten, dass sein Zustand sich nicht verschlechtert und wir ihn wieder rechtzeitig aufpäppeln. Wie lang haben wir Zeit?“

„Zwei... Tage,“ murmelte Daryl mutlos.

„Oha,“ war Kazes einzige Antwort, bevor sie von einem weiteren Klingeln an der Tür unterbrochen wurden.



Entgegen der Versprechen der Ärzte ging es Riki weder bis zum Abend, noch bis zum nächsten Tag irgendwie besser, im Gegenteil, trotz all der fiebersenkenden Mittelchen, mit denen sie den reglosen Körper voll pumpten, stieg die Temperatur weiter an, so, dass man den Mongorel in ein Eisbett legte, um seine Temperatur wenigstens konstant halten zu können. Außerdem war er die ganze Zeit über nicht einmal erwacht.

Riki hatte sich gar nicht geregt. Überhaupt nicht. Auf nichts reagiert.

Kaze warf einen kurzen Blick auf Daryl, der an Rikis Seite saß und gerade mal wieder die Lappen auf der Stirn austauschte. Nein, sie hatten wohl keine Wahl mehr. Vor Allem, weil einer der Ärzte vor zwei Stunden festgestellt hatte, dass Riki von seiner tiefen Bewusstlosigkeit in ein Koma abgerutscht war.

„Daryl.“

Der Junge sah ängstlich auf.

„Wir müssen ihn anrufen. Er muss es wissen.“

Daryl zuckte zusammen, als habe man ihn geschlagen.

„Soll ich es machen?,“ bot Kaze schließlich seufzend an.

„Würdest... würdest du das... tun?,“ fragte Daryl mit einer solchen Erleichterung in der Stimem, dass Kaze nur den Kopf schütteln konnte.

„Sicher,“ meinte er nur leise. „Ich bin kurz weg. Ich hab meinen Paiger dabei. Sobald sich was tut, piep mich kurz an.“

Daryl nickte, bevor er sich wieder zu Riki wandte, über das fieberheiße Gesicht strich, wohl wissend, dass eigentlich ein Anderer hier sitzen müsste. Es war alles so schnell gegangen! Er wollte gar nicht wissen, was geschehen wäre, hätte Kaze nicht darauf bestanden, den Mongorel direkt hierher zu bringen. Sein ängstlicher Blick suchte erneut die regelmäßig piependen Monitore, die Atmung und Herzschlag überwachten. Eine Vorsichtsmaßnahme, wie man ihnen versichert hatte. Aber – warum bildete Daryl sich dann ein, dass der Herzschlag schwächer geworden war?

„Bitte, Riki,“ flüsterte er. „Bau keinen Mist!“

Das Schlimmste aber war, dass die Ärzte alle zu demselben Schluss gekommen waren – im Grunde war der Mongorel vollkommen gesund. So etwas wäre ihnen noch nie untergekommen.

Sie hatten gesagt, dass es auf sie wirke, als habe Riki sich selbst aufgegeben... „Riki, bitte!,“ rief Daryl nochmals, doch wieder gab der Mongorel nicht eine Regung von sich.




„Lord Iason?,“ eine junge Sekretärin trat in den Raum, in dem der Minister gerade zur Besiegelung ihrer ausgearbeiteten Pläne eine Flasche Wein geöffnet hatte. Ein vorzüglicher Jahrgang, nebenbei bemerkt.

Er wandte seinen Kopf um, musterte die Frau von oben bis Unten, während sein Gegenüber unwillig fragte: „Was gibt es? Hab ich nicht ausdrücklich gesagt...!?“

„Aber der Mann am Telefon, der auch auf Lord Minks Notfallliste steht, hat behauptet, die Sache dulde keinen weiteren Aufschub!“, verteidigte die Frau sich.

„Wer will mich sprechen?,“ fragte Iason äußerlich so ruhig wie immer, doch das schlechte Gefühl, dass ihn schon eine Weile verfolgte, nahm bohrend an Intensität zu.

„Ein gewisser Kaze...er sagte mir auch, ich solle ausrichten, es ginge ausdrücklich nicht um ein Problem auf dem Markt...“

Raoul, der mit ihnen im Zimmer saß, hob nur eine Augenbraue: „Ich hoffe, es geht nicht schon wieder um..“

„Raoul, noch einmal und zum Mitschreiben: mein Privatleben ist weder deine noch Jupiters Angelegenheit, ich komme,“ fügte er noch an die Sekretärin gewandt hinzu. „Und das ist meine letzte Warnung an dich,“ wandte er sich noch einmal an seinen alten Freund. „Ich wünsche nicht mehr auf dieses Thema angesprochen zu werden.“

Raoul sah seinem Freund nur wortlos hinterher. Merkte Iason eigentlich gar nicht, wie er sich immer mehr in die Geschichte mit dem Mongorel verrannte? Dass er sich in dieser Hinsicht immer lächerlicher machte?

„Was gibt es?,“ fragte Iason knapp, als er Kazes wie üblich ausdrucksloses Gesicht im Monitor musterte. „Was ist so wichtig, dass..?“

„Riki.“

„Was ist mit ihm?,“ rief der Blondie, merkte gar nicht, wie seine Stimme sich vom einen auf den Anderen Moment verändert hatte.

„Er... ist im Krankenhaus.“

„Warum... was ist passiert?“

„Das wissen wir nicht.“

„Was soll denn das heißen!“

„Die Ärzte bestätigen immer wieder, dass er weder eine Krankheit noch eine andere physische Verletzung oder Unregelmäßigkeit aufweist, aber er hat hohes Fieber und ist vor etwa zwei Stunden in ein Koma gefallen.“

„Wie... wie KONNTE das geschehen!!?“

„Das ist uns allen gleichermaßen ein Rätsel,“ konterte Kaze nur. Er konnte schlecht sagen, was er dachte, nämlich ,dass die Hauptschuld bei Iason selbst lag. Dass Riki sich aufgegeben hatte, aus welchen Gründen auch immer.

„Ich bin auf dem Weg, erwartet mich noch heute Abend,“ antwortete Iason, der sich mühsam zur Ruhe zwang, dann brach der Kontakt ab.

„Riki,“ flüsterte der Blondie nur, bedeckte sein Gesicht kurz mit den Händen. Das schlechte Gefühl, dass er bei seinem Anruf bei Daryl gehabt hatte... aber... warum hatte sein Furniture ihm nichts gesagt!!

„Lord Min...?“

„Wo und wann fliegt das nächste Shuttle nach Eos?“

Die junge Frau musterte den heranstürmenden Mann verwundert, gab aber die gewünschte Auskunft: „Eines fliegt in 10 Minuten ab, aber...“

„Sorgen Sie dafür, dass es auf mich wartet, ich bin auf dem Weg! Und sagen Sie Lord Am, er soll sich um meine Sachen kümmern! Es geht um einen Notfall!“ Mit diesen Worten und unendlich vielen Selbstvorwürfen hastete Iason and en verwunderten Menschen vorbei aus dem Gebäude.
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So, hier ist auch meine zweite AnK - Story. Ich hoffe, ihr mögt sie. Ich werde auch versuchen, sie bis Mitte nächster Woche ganz hochzuladen. Der nächste Teil wird dann wahrscheinlich Freitag Früh kommen. Bis dahin...



Mata ne,


ADE
 
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