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Iren im Unabhängigkeitskrieg

von Fenny
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Humor / P16 / Gen
Benjamin Martin Captain Wilkins Colonel William Tavington Gabriel Edward Martin General Lord Charles Cornwallis General Lord O'Hara
17.06.2007
25.10.2011
13
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17.06.2007 2.874
 
Die „York“ war kein Passagierschiff, sondern transportierte nur Güter für die englische Armee nach South Carolina. Unter den Gütern waren Waffen, Medikamente und Uniformen. Das Schiff hatte zwei Masten und weiße Segel. Es war nicht gerade das Schiff des Königs, was hauptsächlich Ann-Maria störte, die so einiges an Luxus gewöhnt war.
Während der langen Reise beschäftigten sich die Irinen mit den Gepäckstücken, die sie damals wegen des schnellen Aufbruchs nicht vergessen hatten. Elanor las das Neue Testament und wurde dazu von Ann-Maria auf der Geige begleitet. Cornelia, Cinthya und Cathrin spielten Karten. Niemand sagte ein Wort.
Einen Tag vor ihrer Ankunft in Amerika war die Aufregung groß. Cinthya und Ann-Maria diskutierten miteinander. „Ich bin so gespannt, was uns dort erwartet.“ „Ach ja? Ich will wieder nach Hause!“ „Es wird bestimmt schön. Außerdem kommen wir dann auch endlich von diesem stinkenden Schiff herunter!“ „Das ist auch das einzig Positive!“ „Du bist ein richtiger Pessimist, Cinthya. Dort werden wir auch neue Leute kennen lernen.“ „Gerade das ist meine größte Angst!“ Cinthya dachte an eine mögliche Hochzeit mit irgendeinem Engländer, der es geschafft hatte ihren Großvater zu beeindrucken. „Und wie soll ich Lord Cornwallis unter die Augen treten?“ Nun blickte Ann-Maria aufgrund dieser Frage verständnislos drein. Da versuchte Elanor die Sache zu erklären: „Cinthya hat doch nur Hemden und Hosen. Kleider hatte sie noch nie gemocht. Außerdem war sie trotz ihres Adelsstandes mehr im Wald unterwegs, als auf irgendwelche Festivitäten zu gehen. Und ich bin ziemlich sicher, dass Lord Cornwallis viel wert auf Etikette legt.“ Das Gespräch ging noch bis spät in die Nacht hinein, bis sie der Schlaf übermannte.
Cornelia erwachte als Erste am nächsten Morgen. Sie ging an Deck und bemerkte, dass die „York“ bereits in einer Hafenbucht angelegt hatte. Mit einem Freudenschrei rannte sie zurück in ihre Kajüte. Cathrin empfing sie mit einem bösen Blick. „Was polterst du hier schon wieder so herum?!“ „Wir sind da! Wir haben angelegt! Jetzt sind wir Amerikaner!“ „Blödsinn! Wir sind und bleiben Iren!“ Die Fünf brauchten nicht einmal zehn Minuten um von Bord gehen zu können.
Als sie mit ihrem Gepäck an Deck standen, mussten sie auf kleine Boote warten, die kommen würden um die Güter auszuladen. Der eigentliche Hafen war anscheinend zu flach und das Schiff hatte zu viel Tiefgang um dort anzulegen, also ankerte es nur ein Stück weit entfernt.
Der Soldat in dem Ruderboot war sehr erstaunt, als er erfuhr, dass er keine Waffen mitnehmen sollte, sondern Passagiere. Cinthya kletterte zuerst eine Strickleiter herunter und der Soldat half ihr in das Boot. Anschließend wurde das Gepäck zu ihnen hinuntergeworfen. Elanor und Cornelia folgten. Ann-Maria hatte auf eine bequemere Art hinunter zukommen gehofft. Also musste Cathrin sie erst überreden bis sie bereit war in das Boot zu steigen.

Zur selben Zeit und nicht weit entfernt rannte ein Spähposten auf einen kleinen Hügel. Dort traf er Colonel Tavington, der im Gras lag und einer Libelle die Flügel ausrupfte, und seine treuesten Dragoons an. „Colonel Tavington, Sir!“ Der Mann war völlig außer Atem. „Was ist denn? Ich bin beschäftigt!“ „Unser Versorgungsschiff, die „York“, ist angekommen.“ „Das weiß ich!“ „Und sie hat Passagiere geladen.“ „Passagiere?! Captain, geben sie mir das Fernrohr!“ Tavington stellte sich hin, setzte es an und sah fünf Frauen, obwohl er sich nicht ganz sicher war, denn zwei trugen Hemd und Hosen. „Das werde ich mir persönlich ansehen! Auf die Pferde!“ Er und seine Dragoons ritten den Hügel hinunter zum Steg. Als sie dort ankamen, stiegen die jungen Frauen gerade aus dem Boot. Cathrin sah die Dragoons zuerst und raunte den anderen zu, dass selbstsicheres Auftreten wohl das Beste sei.
Cinthya ging auf die Dragoons und ihre großen Pferde zu und wurde dabei von Elanor begleitet. Colonel Tavington war von diesem Damenbesuch wenig begeistert, obwohl ihm eine der Frauen besonders zusagte. Cinthya wandte sich absichtlich erst an einen niederen Soldaten, dem sie einen Brief für Lord Cornwallis in die Hand drückte, der ihre Ankunft ankündigte. „Ein markierter Meldereiter soll sofort damit zu Lord General James Cornwallis reiten!“ Der Soldat nickte nur und lief los. Cinthya fing sich, wegen dieser absichtlichen Respektlosigkeit, einen bösen Blick von Tavington ein, der Cathrin’s Intensität an Blicken bei Weitem überstieg. Cinthya lief es dabei kalt den Rücken runter.
„Ich würde gern wissen, wer sie sind und was sie hier wollen!“ Cinthya versuchte Cathrin’s Ratschlag zu befolgen: „Steigen Sie erst mal vom Pferd und stellen sich vor! Ich dachte Engländer wären Gentlemen.“ „Daraus schließe ich, dass sie keine Engländerin sind. Von der Sprache eher irische Abstammung!“ Tavington dachte nicht einmal darüber nach, ob er vom Pferd steigen sollte, und er wollte sich auch garantiert nicht zuerst vorstellen.
Cornelia bemerkte, dass die Fronten verhärtet waren und stellte sich und die anderen kurzerhand vor: „Ich bin Cornelia Irwin und das sind Elanor Baggins, Ann-Maria Wood, Cathrin Springer und Cinthya Cornwallis.“ Tavington staunte nicht schlecht, als er Cinthya’s Namen hörte, fing sich aber schnell wieder. „Colonel William Tavington, der Green Dragoons.“
Cinthya, die sich nach Cornelia’s Eingreifen ihres Vorteils beraubt sah, hatte ihn womöglich soeben wiederbekommen. Aus den Briefen ihres Großvaters wusste sie, dass Tavington mal mehr und mal weniger in seiner Gunst stand. Sie hoffte inständig, dass Tavington in der letzten Zeit irgendeinen Fehler gemacht hatte und sich deswegen zurücknehmen würde. Lord Cornwallis hatte ihn nämlich immer als sehr brutal und rücksichtslos, aber doch als ausgezeichneten Soldaten beschrieben.
„Iren sind hier nicht gern gesehen und haben auch keine Rechte!“ „Heißt das, dass sie mich aufhängen wollen?“ „Sie müssen doch zumindest eine halbe Engländerin sein, oder?“ Cinthya schwieg, aber Ann-Maria brachte sie gerade in große Schwierigkeiten. „Cinthya kann ausgezeichnet mit dem Säbel umgehen. Sie würde jedem, der uns etwas antun will, die Kehle durchschneiden.“ Elanor zischte vor Schreck nur ein „Sei still!“. Tavington musterte Cinthya eingehend und mit einem hämischen Grinsen. „Ach, ist das so? Nun gut. Captain Wilkins, Sie werden dafür sorgen, dass ein Zelt für die jungen Ladies geräumt wird. Morgen früh werde ich sie dann zu Lord Cornwallis bringen.“ Zum Abschluss sah er Cinthya, die leicht errötete, noch einmal in die Augen und ritt dann in Richtung Soldatenlager.
Captain Wilkins, ein 28-jähriger Amerikaner, der für die Engländer kämpfte, führte die Besucher zu einem Zelt im Zentrum des Lagers. Dann verließ er sie wieder. Cathrin hatte vorhin Cinthya’s  Gesichtsausdruck bemerkt, als Tavington sich vorstellte. „Du weißt doch etwas über diesen Colonel!“ „Ein wenig. Nur das, was in Großvaters Briefen stand.“ „Ich höre dir aufmerksam zu.“ „Na schön, er ist wohl ein ausgezeichneter Soldat, aber auch sehr ehrgeizig. Er neigt deswegen wohl oft zu Fehlentscheidungen, die er aber durch seine enorme Brutalität wieder ausgleicht. Unter den Kolonisten nennt man ihn deswegen „den Schlächter“ und Frauen und Kinder tötet er ebenso, wie Soldaten. Mehr weiß ich nicht.“ Cathrin runzelte die Stirn. „Das hört sich nicht gut an. Was ist denn hier los?“ Draußen fing ein heftiger Tumult an. Ann-Maria schrie, weil sie vor dem Zelt von englischen Soldaten bedrängt wurde. Cinthya, die gerade aus dem Zelt trat, schnappte sich kurzerhand einen Säbel von einem Soldaten, der in der Nähe stand, und fing an die anderen Soldaten zu bedrohen. Tavington stand in einigen Metern Entfernung und sah dem Treiben interessiert zu. Er zog schließlich seinen Säbel und entschied sich dafür, Cinthya zu maßregeln. Diese bemerkte, wie der Colonel auf sie zukam, und zog Ann-Maria von den Soldaten weg. Cathrin nahm sich ihrer sofort an und mahnte Cinthya zur Vorsicht.
Tavington und Cinthya standen sich nun gegenüber. Beide machten einen Schritt aufeinander zu und Cinthya versuchte ihrem Gegner den Bauch aufzuschlitzen. Ohne große Mühe parierte Tavington den Angriff und versuchte seinerseits ihren rechten Arm kampfunfähig zu machen. Cinthya schaffte es nur knapp und mit großer Anstrengung seinem Schlag entgegenzuwirken. Er wusste sofort, dass sie ihm weit unterlegen war. Er beschloss dennoch ein wenig mit ihr zu spielen und übernahm die Offensive. Cinthya bemerkte das, konnte aber nichts dagegen machen. Ihre Versuche, ihn wieder in die Defensive zu drängen, blieben erfolglos. Er lockte sie schon nach kurzer Zeit aus der Reserve. Sie hatte immer größere Mühe seine kräftigen Schläge zu parieren und musste ihnen zum Teil sogar ausweichen. Nach einigen Minuten hatte Tavington allerdings genug und machte einen Ausfall. Er schnitt ihr in den linken Unterarm. Es war nur leicht, zeigte aber die Wirkung, die er sich erhoffte. Cinthya schrie auf, ließ ihren Säbel fallen und versuchte unter Schmerzen die Wunde am Bluten zu hindern. Cathrin schob Ann-Maria in das Zelt und rannte auf Cinthya zu, um sie zu verarzten. Sie warf Tavington, der hämisch grinste, einen bösen Blick zu und zog Cinthya ebenfalls in das Zelt.
Tavington grinste nun selbstgefällig, befahl aber, dass die Reinirinen vorerst in Ruhe gelassen werden sollten. Vorerst.

Im Zelt versuchte Cathrin unterdessen Cinthya’s Wunde abzubinden. Allerdings besaß niemand Verband und so mussten ein paar Stoffstreifen notdürftig herhalten. Die konnten aber auch nicht richtig zusammengehalten werden. Cathrin fluchte innerlich, wegen Ann-Maria’s Dummheit, sich draußen in einem Lager Engländer herumzutreiben. Ann-Maria stand noch unter Schock und wurde von Elanor getröstet. Cornelia saß unbeteiligt in einer Ecke und zitterte vor Angst, da sie befürchtete, dass gleich alles aus wäre. Cinthya dagegen saß auf einer Liege und versuchte sich ihre Schmerzen nicht ansehen zu lassen.
Plötzlich betrat Tavington das Zelt. Cathrin bebte vor Wut. Cinthya bekam ihn erst mit, als er Cathrin wegstieß und sich direkt vor ihr niederkniete. Cathrin wollte sich das natürlich nicht gefallen lassen, aber sie wurde gleich von Captain Wilkins festgehalten. Cinthya erschrak, als sie Tavington erkannte und wollte schon aufspringen, aber er hielt ihren linken Arm fest. Dadurch schmerzte die Wunde nur noch mehr und der Colonel wusste das. Er hatte Verbände und eine entzündungshemmende Salbe dabei, die er kurz zuvor von einem der Soldaten bekam. „Haltet still. Ich muss die Wunde versorgen!“ Cinthya weigerte sich wehhemmend. Der Colonel wurde schnell ungeduldig: „Ich kenne auch andere Mittel und Wege Euch ruhig zu halten. Aber die würden Euch definitiv nicht zusagen. Wenn es sein muss, mache ich jedoch sehr gern Gebrauch davon!“ Cinthya schüttelte sich und aufgrund seines hämischen Grinsens, entschied sie sich doch dafür still zu halten.
Es dauerte nicht lange und ihr Arm war verbunden. Tavington verabschiedete sich höflich und bat, trotz der vorherigen Auseinandersetzung, Cinthya darum, ihn aufzusuchen, falls irgendwelche Wünsche beständen.
Als er das Zelt verlassen hatte, entschieden sich die Fünf sich hinzulegen, da es schon ziemlich spät war. Ann-Maria konnte nicht schlafen und so musste Cathrin ihr etwas Mut zureden. „Es wird alles gut. Bei Lord General Cornwallis wird man uns besser aufnehmen! Dieser Colonel wird ganz schön was zu hören kriegen, weil er Cinthya verletzt hat!“ „Bist du sicher? Ich meine, du hast doch gesehen, wie uns die Engländer angesehen haben. Als ob wir Aussätzige wären!“ Ann-Maria war noch immer geschockt. „Wir werden schon klar kommen. Aber stell dir vor, wir wären in unserem Heimatland geblieben! Wir wären doch hoffnungslos verhungert! Beruhige dich und schlaf jetzt.“ Cathrin war ihrer Zukunft sehr sicher, aber Ann-Maria hatte immer noch leise Zweifel. Allerdings wollte sie die anderen nicht wecken, denn die waren schon lange eingeschlafen. Cathrin atmete auch bereits viel ruhiger.

Elanor verfiel in einen unruhigen Traum. Sie sah nur Engländer, wie sie versuchten sie zu ergreifen. Sie rannte durch einen dunklen Tunnel. Vor ihr war Licht. Als sie es erreichte, verschwanden die Engländer und sie befand sich in einer irischen Kneipe. Es war dieselbe Kneipe, die in der Nähe ihres damaligen Hauses stand. Dort trafen sich die Fünf zum ersten Mal. Sie waren alle erst frisch in diese kleine Ortschaft gezogen, um sich den Engländern zu entziehen. Außer Cinthya, die schon damals in der Nähe wohnte, hatten sie jeweils eine kleine Wohnung für den Übergang. Elanor schaute sich in der Kneipe um. Sie war leer, aber sie hörte bekannte Stimmen und Gelächter. Langsam tauchten auch Gestalten vor ihr auf. Nun erkannte sie Cathrin, die zusammen mit Ann-Maria Karten spielte. Cornelia saß daneben und zeichnete alles Mögliche in ihr Skizzenbuch. Cinthya saß zwischen ein paar Männern am Tresen und unterhielt sich angeregt. Elanor kamen alle Erinnerungen an damals. Cathrin war eine nahezu perfekte Trickbetrügerin. Sie konnte jedes Spiel gewinnen, egal ob Black Jack oder Poker. Ann-Maria unterhielt die Leute am liebsten mit ihrer Musik. Cornelia lebte nur für ihr Skizzenbuch und Cinthya war ein unverbesserliches Großmaul. Elanor erinnerte sich auch, wie sie Cinthya zu einem irischen Tanz aufforderte. Sie lächelte und tat es darauf auch noch einmal. Cinthya sagte zu und Ann-Maria unterbrach das Kartenspiel, um die Geige herauszuholen. Cathrin gesellte sich zu ihnen und zu dritt legten sie einen irischen Folktanz hin. Es sah zwar noch nicht so schön aus, aber es würde sich noch verbessern. In dieser Situation malte Cornelia die erste Skizze von ihnen.
„Elanor. Elanor!“
Eine Stimme riss sie aus ihrem Traum. Sie blinzelte kurz und erkannte Cathrin, die sie zu wecken versuchte. „Steh auf. Wir müssen uns fertig machen. Dieser Colonel fährt gleich mit uns zu Lord Cornwallis.“ Cathrin war bereits angezogen. Es dauerte auch nicht lange und Elanor war bereit für die Abreise. Dann bemerkte sie Cinthya’s Fehlen. „Wo ist denn Cinthya?“ Cornelia antwortete ihr: „Sie ist eher aufgestanden, um unser Gepäck herauszubringen.“ „Hoffentlich ist ihr nichts passiert!“ Cathrin schaltete sich nun ein. „Was soll ihr denn passieren. Sie genießt hier doch schon fast Immunität.“
In dem Moment trat Cinthya auch schon ein und lächelte müde in die Runde. „Ich bin fertig. Wir können jetzt los. Dieser impertinente englische Hund wartet schon auf uns.“ Allen war klar, wen sie damit gemeint hatte. Schließlich hatte sie verdammt schlechte Laune gehabt, weil sie so früh aufstehen musste und ihr Arm noch immer schmerzte.

Zur selben Zeit hatte Tavington eine Kutsche organisiert. Allerdings nur für vier Personen. Also musste er noch ein Pferd von den Dragoons abziehen, damit eine der Irinen reiten konnte. Der Colonel hatte einen kleinen Trupp zusammengestellt, der die Kutsche begleiten würde. Dazu gehörte auch Bordon, ein enger Vertrauter. Wilkins ließ er hier stationiert, damit er sich um die Belange kümmerte und ihn bis zur Ankunft eines neuen Colonels vertrat. Denn Tavington hatte mit keiner Silbe vor, sobald wieder in dieses Lager zurückzukehren. Er lächelte. Ein wenig Urlaub könnte ihm nicht schaden, war sein einziger Gedanke.
Er saß bereits im Sattel, als Lady Cornwallis mit ihren Freundinnen um die Ecke bog. Tavington war amüsiert. Sie trug schon wieder Hose und Hemd. Lord General Cornwallis würde nicht sehr erbaut darüber sein. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, half Cinthya den anderen in die Kutsche und stieg auf das Pferd neben dem Colonel. Sogleich nahm auch Bordon seine Position auf der anderen Seite von Cinthya ein. Das gefiel ihr wenig, aber Tavington sagte etwas, von wegen Sicherheitsbestimmungen und Schutz der Familie von Cornwallis.
Der Tross setzte sich nun endlich in Bewegung. Cinthya fühlte sich wieder einigermaßen beruhigt. Ihr war es schon eine Ewigkeit nicht mehr möglich gewesen zu reiten. Also genoss sie es, so weit es ging.
In der Kutsche erzählte Elanor den anderen ihren Traum. Bald darauf brach heiteres Gelächter aus, weil man sich an die alten Zeiten erinnerte. Tavington hörte dem Ganzen aufmerksam zu. Es war Gälisch, aber er ließ sich nicht anmerken, dass er die Sprache beherrschte oder gar zuhörte.
„Wisst ihr noch“, fing Ann-Maria an, „als der große Eber in unserem Haus war?“ „Ja, Cinthya ging verschlafen die Treppe runter und wurde erst mal von diesem Ding über den Haufen gerannt!“ kam es von Elanor. „Ich erinnere mich gut. Sie hat geflucht und sich eine Axt gesucht, um das Tier zu erlegen. Dann hatte sie schnell Bekanntschaft mit seinen Hauern gemacht! Es hat drei Wochen gedauert bis sie wieder sitzen konnte.“ erläuterte Cathrin. Alle lachten und Cinthya wurde rot. Sie versuchte trotzdem sich nichts anmerken zu lassen. Allein schon, weil Tavington neben ihr ritt. Sie wollte ihre Haltung wahren, obwohl er nach ihrer Einschätzung die Sprache nicht verstand. Nun kam Cornelia: „Und könnt ihr euch erinnern, wie Cathrin die ganzen Typen in Dublin in Grund und Boden gespielt hatte? Was war es doch gleich? Poker, stimmt’s? Du hast sie bis zum Umfallen betrogen und ihnen das ganze Geld aus der Tasche gezogen! Diese Idioten haben es nicht mal mitbekommen!“ Wieder folgte schallendes Gelächter. Diesmal konnte sich selbst Cinthya ein fieses Grinsen nicht verkneifen. Am Ende machte sie bei dieser lebhaften Diskussion sogar mit. „Cathrin hatte es ja auch mal geschafft in einen Kessel mit Kartoffelsuppe zu fallen. Wisst ihr noch?“ Cathrin wurde schlagartig rot. „Sie war auf einem Schwamm ausgerutscht, den Ann-Maria dort vergessen hatte. Und ratsch... ab in den Kessel!“ „Zu Ann-Maria’s Glück war die Suppe bereits kalt, sonst hätte ich ihr den Hals umgedreht! Aber, Cinthya, du hast eine verdammt große Klappe für jemanden, der ständig gegen Türen läuft, in irgendwelche Tümpel fällt, sich in Schlammlöchern suhlt und vor allem dauernd an irgendwelchen Pub-Schlägereien beteiligt ist! Ich kann mich noch lebhaft erinnern, wie du immer angekrochen kamst - mit einem blauen Auge und einer blutenden Nase!“ Cinthya wäre nun am liebsten im Erdboden versunken und war heilfroh, dass niemand Gälisch konnte. Tavington dagegen amüsierte sich vorzüglich, auch wenn seine Miene versteinert schien. Cornelia interessierte sich mittlerweile eher wieder für die Landschaft, als für alles andere.
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