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Antworten

von Meldis
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P18 / Gen
27.05.2007
18.06.2007
4
9.401
2
Alle Kapitel
6 Reviews
Dieses Kapitel
noch keine Reviews
 
27.05.2007 1.976
 
Constantine

Disclaimer: Keiner der Charaktere aus dem Film oder dem Comic entspringen meinem geistigen Eigentum. Ich habe keinerlei Rechte an ihnen und verdiene mit dieser Geschichte, natürlich, kein Geld. Wäre ja auch noch schöner...

Das ganze ist immer noch ein Experiment :). Und ich weiß selber noch nicht so genau, ob es mir gefällt und in welche Richtung das alles gehen wird. Trotzdem wünsche ich euch viel Spaß dabei und würde mich über Kritik, egal ob negativ oder positiv, sehr freuen.
Gruß

Mel



Kapitel Eins - Kaffee

"Du weißt um das Gleichgewicht...es ist gestört und du hast es nicht bemerkt."

"...es ist gestört und du hast es nicht bemerkt. Nicht bemerkt...nicht...bemerkt."

Hustend und nach Atem ringend setzte sich John Constantine in seinem Bett auf. Mit zitternden Händen fuhr er sich fahrig durch seine schweißnassen Haare, während er verzweifelt versuchte die Orientierung wieder zu erlangen. Ein Blick sagte ihm, dass er nicht in seinem Appartement war. Panik schlug wie eine riesige Welle über ihm zusammen und es fiel ihm immer schwerer Luft zu bekommen.
Sein umherirrender Blick fiel auf seinen Nachttisch und er sah die angefangene und offene Jägermeisterflasche. Zitternd griff er danach und führte sie an seine Lippen. Das vertraute Brennen in seiner Kehle ließ ihn für einen Moment die Panik vergessen und er lehnte sich zitternd an die Bettrückwand.

Jägermeister - Europa.

Richtig, er war in Europa. Er setzte die Flasche beruhigt ab und warf einen Blick auf die grünlich-kalt scheinende Leuchtanzeige des Hotelweckers: 3:00 Uhr.

Keine gute Zeit um wach zu werden...

Noch ein Schluck und er war vollends in der Realität angekommen. Er stützte seinen schmerzenden Kopf gegen seine Fingerknöchel und holte tief Luft. Der Traum war beunruhigend gewesen und ließ sich nicht abschütteln. Der Geruch von Schwefel schien immer noch an ihm zu haften und John schnaubte angewidert. Vorsichtig und sehr langsam erhob er sich vom Bett und taumelte in Richtung Bad. Ein Blick in den hell erleuchteten Spiegel machte ihm klar, dass er selten abgefuckter ausgesehen hatte. Mit einem Achselzucken spritzte er sich ein wenig Wasser ins Gesicht und Haare. Constantine verließ das Bad und zog seinen Mantel von der Garderobe. Die Enge des Zimmers ließ ihm nach dem Albtraum nicht genügend Raum zum atmen, er brauchte frische Luft und einen klaren Kopf. Er steckte den Schlüssel in seine Hosentasche und stieg die enge Stiege hinab auf die nur durch das Mondlicht beschienene Straße. John schaute nach links und rechts, doch die Straße war wie leer gefegt. Hier regte sich nichts - was definitiv nicht seinen Erwartungen entsprach. Er hatte betrunkene Studenten, oder eine feiernde Meute erwartet, aber die Straße lag da wie ausgestorben.

Die Hände in die Manteltaschen versenkt lenkte er seine Schritte nach links zu einer der Hauptstraßen der Innenstadt. Die Stadt lag ruhig da und es dauerte eine Weile bis Constantine den ersten Menschen begegnete. Auf der Brücke zu dem alten Rathaus kam ihm ein sturzbetrunkener Trupp amerikanischer Soldaten entgegen und er wich ihnen stumm aus. Die Männer nahmen kaum Notiz von ihm, so sehr waren sie damit beschäftigt ihren Weg über das holprige Kopfsteinpflaster zu finden, mit dem die Brücke überzogen war.

John blieb kurz stehen und ließ seinen Blick über das Jahrhunderte alte Rathaus der Stadt schweifen, welches mitten auf den Fluß gebaut worden war. Ein Akt der Rebellion, wie er sich zu erinnern glaubte. Die barocke Fassade war über und über bunt und opulent bemalt und ließ auf den noch ehemaligen Reichtum dieser Bischofsstadt schließen. Unter dem Rathausbogen lag ein Obdachloser an seinen Hund geschmiegt und schlief. Ein seltsam friedliches Bild.

Seine Schritte führten ihn über die Brücke und er betrat den ältesten Teil der Stadt. Hier in der Altstadt war auch nicht mehr viel los, wie er sofort bemerkte. Die meisten Lokale hatten geschlossen oder waren im Begriff zu schließen.

Gibt es in dieser gottverdammten Stadt keinen einzigen Ort mehr, an dem man um drei Uhr morgens noch einen Kaffee bekommen kann?!

Beliebig bog er links in die nächste Querstraße ein und schlenderte diese ziellos entlang. Die Straße führte um eine Häuserecke und endete dann in einem kleinen Platz, welcher von drei Seiten umringt von alten und schiefen Häusern war, während die vierte Seite durch eine ruhig da liegende Straße begrenzt wurde. Die Spaghetteria hatte anscheinend noch gut zu tun. Aus dem Inneren ertönte leise Gitarrenmusik und die schmachtende Stimme eines italienischen Sängers. Auch zu seiner rechten brannte noch Licht durch ein paar Fenster. Constantine war sich erst nicht sicher, ob es sich überhaupt um ein Lokal handelte, bis er das dunkelgrüne Schild über der verglasten Eingangstür entdeckte.

Der Geruch von Kuchen und aufgebrühtem Tee schlug ihm verheißungsvoll entgegen, als jemand die Tür öffnete, um das Lokal zu verlassen. Johns Magen knurrte und er spürte, dass es dringend Zeit war für eine Tasse Kaffee. Sein Körper lechzte quasi danach und er war mehr als nur ein bisschen gewillt diesem Drang nachzugeben. Aus dem Inneren drang die melodische Stimme eines Mannes, welcher ein Gedicht auf Englisch vortrug, begleitet von den leisen Klängen klassischer Musik. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden stieg er die drei Stufen zum Eingang empor und öffnete leise die Tür.

Wärme und der unwiederstehliche Duft von frisch gebackenem Kuchen schlugen ihm wie eine Wand entgegen und er atmete tief ein. Ohne es sich erklären zu können fiel ein Teil seiner Anspannung von ihm ab und seine zu Fäusten geballten Hände entspannten sich langsam. Dieses Café, oder was immer es auch sein mochte, war zwar gar nicht seine Welt, aber in seiner momentanen Verfassung war bereit jeden Kompromiss einzugehen, solange dieser nur bedeutete, dass eine dampfende Tasse Kaffee vor seiner Nase landen würde.

"Kann ich Ihnen helfen?" fragte eine leise Frauenstimme hinter ihm und er drehte sich überrascht um. Die Frau, die vor ihm stand lächelte ihn offen an und ihre Knopfaugen, die hinter der Brille hervorblitzten, musterten ihn freundlich. Ohne seine Antwort abzuwarten redete die Frau weiter auf ihn ein und nahm ihm sanft und ohne dass er eine Spur von Gegenwehr zeigte seinen Mantel ab. Sie schob den Vorhang ein Stück zur Seite, der den Innenraum vom Eingangsbereich trennte und er konnte endlich einen Blick auf das Lokal werfen. Antike Möbel und dunkle Farben, sowie Stuck an der Decke fügten sich mit liebevoll arrangierter Kunst zu einem so gemütlichen Gesamtbild zusammen, dass es ihn schmerzhaft an die Wohnung seiner Mutter erinnerte...

Die Frau führte ihn sanft zu einem der großen Ohrensessel und bedeutete ihm sich zu setzen, während sie ihn nur kurz musterte und dann Richtung Theke verschwand. Constantine wandte seine Aufmerksamkeit dem Mann zu, welcher immer noch die Shakespeare Gedichte im Original zum Besten gab. Auch er schien ihm kurz zuzulächeln, bevor er sich weiterhin hoch konzentriert der Lesung widmete. Sich in den Sessel zurücklehnend beobachtete John die anderen Gäste des Cafés: Eine bunte Mischung aus Studenten, Mit-30jährigen und Senioren saß einträchtig auf buntzusammengewürfelten Sitzmöglichkeiten und lauschten andächtig dem Vortragenden.

"Entschuldigung?" Eine gedämpfte Stimme und eine kurze Berührung an der Schulter ließen ihn herumfahren und er blickte in ihr Gesicht. John wusste nicht, ob er überrascht sein sollte, dass ihn seine Schritte gerade hier hin gelenkt hatten, oder ob er es als weitere Fügung hinnehmen sollte. Die junge Frau aus seinem Traum war hier und schaute lächlend zu ihm herunter, während sie ihm die Karte hinhielt. Sie sah ein wenig anders aus als in seinem Traum - ihre Haare waren heller und insgesamt wirkte sie auf ihn kleiner und ihr Gesicht noch ein wenig rundlicher. Ihm wurde bewusst, dass er sie geradezu anstarrte und er schüttelte den Kopf. "Keine Karte? Wissen Sie etwa schon, was Sie möchten?" fragte sie, sein Kopfschütteln misstverstehen. Constantine grinste schief und hob die Schultern, um ihr zu signalisieren, dass er kein Wort von dem verstand, was sie sagte. Stirnrunzelnd musterte sie ihn und fing dann an zu lächeln. "Amerikaner?" grinste sie und fasste sich mit der Hand an die Stirn, während sie fließend ins Englische wechselte. "Entschuldigen Sie, das hätte ich mir wirklich auch denken können. Normalerweise fällt mir sowas sofort auf, aber bei Ihnen war ich mir einfach nicht sicher."

"Schon gut, Miss. Ist ja kein Verbrechen mir nicht anzusehen, dass ich von weiter weg bin. Ich hätte übrigens gerne einen Kaffee, stark wenn es geht." Sie nickte und notierte sich etwas auf ihrem Zettel. "Darf es sonst noch was sein?"
Müde schüttelte er den Kopf und sah ihr nach, während sie, scherzend mit der anderen Bedienung, hinter dem Tresen verschwand, um seinen Kaffee aufzubrühen.
Constantine seufzte leise und strich sich mit der Hand über sein stoppeliges Gesicht. Dass er überhaupt in das Café gelassen worden war, kam einem Wunder gleich. Er wusste, dass er sich nicht nur schlecht fühlte, sondern auch so aussah. Midnite würde ihn auslachen, wenn er wüsste, dass John Constantine in einem europäischen und dazu noch literarich angehauchten Café gelandet war.

Verdammte Scheiße...diese Stadt macht mich wahnsinnig. Kaum bin ich hier fangen diese Scheißträume wieder an. Ich hätte den Kaffee doch lieber mit Rum bestellen sollen.

Grimmig starrte er aus dem Fenster, während sich seine Miene verfinsterte. Die Albträume hatten nach dem Erlebnis mit Angela kurz nachgelassen und waren nicht so stark wie früher zurückgekehrt. Er hatte gehofft, dass der Zustand so anhalten würde, aber das war wohl Wunschdenken gewesen. Genervt verzog er den Mund und ballte die Hände zu Fäusten.

"Entschuldigung?" Ihre Stimme riss ihn aus seiner Gedankenwelt und er schaute zu ihr hinauf, sich wohl bewusst, dass sein Gesicht immer noch ein wütender Ausdruck zierte.
"Eh..soll ich gleich lieber noch mal wieder kommen?" fragte sie verstört und schaute ihn stirnrunzelnd an. Sie konnte sich keinen Reim auf sein seltsames Verhalten machen und war ein wenig verletzt, dass er sie mit diesem grimmigen Blick bedachte. Mit einer seltsamen Genugtuung bemerkte er ihre Verwirrung und winkte sie näher zu sich. Er wusste, dass er sich wie ein Arschloch benahm, aber das war das, was er am besten konnte. Schon Angela hatte das unumwogen festgestellt, als sie ihn verlassen hatte - stark genug ihren Weg nun alleine zu machen.
"Schon in Ordnung, Anah. Lassen Sie den Kaffee einfach hier. Ich bezahle gleich - Wieviel?"

"Das macht 1,60 Euro. Aber entschuldigung, kennen wir uns vielleicht?" Stirnrunzelnd legte sie den Kassenzettel auf das Tischchen zu dem Kaffee. Aufmerksam blickte Constantine sie an. Sein Gefühl sagte ihm, dass er hier etwas auf der Spur war, von dem er noch nicht sicher sein konnte, was es war.

Sei vorsichtig...die Kleine könnte genauso gut auch zum alten Lu gehören...

"Nicht das ich wüsste. Warum fragen Sie? Ist das eine Anmache oder was?" grinste er dreckig und bemerkte mit Genugtuung, dass sie erneut errötete. Leise lachend ließ sie sich kurz auf dem Sessel neben ihm nieder. "Nein, das ist bestimmt keine Anmache. Dafür habe ich bessere Sprüche auf Lager, wie zum Beispiel 'Bist du öfter hier?'. Ich frag mich das nur, weil Sie gerade meinen Namen gesagt haben."

"So, hab ich das?" John war enttäuscht. Er hatte mehr oder weniger erwartete, dass sie sich ihm zu erkennen gab, doch stattdessen schien das Versteckspiel weiterzugehen. Bevor er nicht wusste welcher Seite sie angehörte, war er nicht bereit auch nur eine weitere Information herauszugeben.

Anah musterte ihn verwirrt und nickte bedächtig. "Ich denke schon, oder Sie nennen jede Kellnerin Anah, was mich doch sehr stark wundern würde. Also, kennen wir uns?"

"Nicht das ich wüsste." antwortete er gelassen und sie erhob sich wieder. "Na dann war es wohl ein reiner Glückstreffer." lächelte sie, doch ihm entging ihr vorsichtiger Blick nicht. Sie drehte sich noch einmal zu ihm und nickte ihm zu. "Übrigens, wir schließen in zehn Minuten. Trinken Sie ihren Kaffee lieber schnell."
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