Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Av hele sitt hjerte

von sjoe
Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P16 / Het
11.04.2006
30.05.2008
185
576.848
13
Alle Kapitel
459 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
11.04.2006 3.666
 
So wirklich wohl in ihrer Haut fühlte auch Emma sich nicht.
Sigurd hatte schon Recht.
Ein ungutes Gefühl blieb zurück. Und das, wo sie sich jetzt wieder eine ganze Weile nicht sahen.
Ziemlich blöd, irgendwie!
Aber sie wusste nicht, was sie hätte anders machen sollen. Sie konnte doch nicht so tun, als beschäftigte sie die Sache nicht weiter, nur um des lieben Friedens Willen!
Seufzend betätigte sie den Aufzugsknopf.
Man war das alles doof! Hatten sie auch ausgerechnet an diesem Tag auf das Thema kommen müssen? Total blöd. Nur ändern ließ es sich jetzt nicht mehr, leider.
Als sie die Küche betrat, saßen Toril und Solveig am Tisch. Erstaunt sahen sie auf und Emma bemerkte, dass Solveig geweint hatte.
„Ach, da bist du ja wieder. Du warst so schnell wieder verschwunden, wir haben das gar nicht mitbekommen.“ sagte Toril, „Erst als Sigurd zu dir wollte. Ich meine, du hattest zwar gesagt, dass du für ihn nicht zu sprechen bist, aber ich wollte noch mal nachfragen und dann war dein Zimmer leer.“
Emma setze sich auf einen der freien Stühle und sah ihn entschuldigend an: „Ja, Liv hatte angerufen und wollte reden und wir haben spontan beschlossen, uns noch mal in der Stadt zu treffen. Also bin ich quasi direkt wieder los.“
„Oh, ach so. Wie geht’s ihr denn?“
Das war Solveig. Ihre Stimme klang noch deutlich belegt.
„So lala. Ich glaube, es quält sie sehr, dass sie mit einer Entscheidung zwangsläufig einem der beiden ziemlich weh tun muss.“
„Mh, das kann ich verstehen. Und deswegen will sie sich gar nicht erst entscheiden, oder wie?“
„So ähnlich. Denke ich jedenfalls, ja. Aber sie will das natürlich nicht so sehen.“
„Scheiß Situation!“ sagte Toril trocken und Emma zuckte zusammen.
Aber er sah gar nicht sie an, sondern Solveig, die nickte und den Kopf an seine Schulter lehnte.
„Alles o.k.?“ fragte Emma, obwohl klar war, dass das natürlich nicht der Fall war.
Die Freundin schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippen, offensichtlich erneut mit den Tränen kämpfend.
„Ich bin wirklich schwanger und ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll!“ sagte sie erstickt.
„Oh scheiße!“ war alles, was Emma dazu einfiel.
Toril streichelte Solveig einmal beruhigend über den Arm, dann stand er wortlos auf, holte Milch aus dem Kühlschrank und goss diese in einen Topf, den er auf den Herd stellte.
Solveig schniefte und fragte dann: „Was wird das?“
„Ich mache dir eine heiße Milch mit Honig, das beruhigt. Hat meine Mutter jedenfalls immer für mich gemacht, als ich noch klein war.“
Das brachte sie immerhin zu einem schiefen Lächeln, in der nächsten Sekunde allerdings brach sie dann wirklich in Tränen aus.
Toril zog hilflos den Kopf ein.
Emma legte den Arm um die Freundin und versuchte so, ein wenig Trost zu spenden.
Nach einer Weile schniefte sie: „Tut mir leid, aber das mit deiner Mutter hat mich gerade wieder dran erinnert…“
Toril nickte: „Ich habe es schon fast befürchtet. Unnskyld, da hab ich eben echt nicht nachgedacht.“
„Schon gut, du kannst doch auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen!“
Als sie Emmas fragenden Blick sah, erklärte sie: „Meine Mutter war heute Nachmittag überraschend hier. Ich hatte dummerweise ein Buch über… mh… Schwangerschaft und so auf dem Küchentisch liegen lassen und dann war es nichts mehr mit ‚erst mal noch für sich behalten’. Sie hat es aber ganz gut aufgenommen. Mein Vater dagegen…“
Sie schluchzte auf und Toril trat hinter sie, um ihr die Hände auf die Schultern zu legen.
„Komm, der wird sich auch schon wieder einkriegen! Schließlich klang er am Schluss nicht mehr ganz so wüst!“
„Nein, ich weiß, aber… Als ob ich mir selber nicht schon genug Vorwürfe mache! Und Gedanken, ob ich das alles will, wie es weitergehen soll, was mit meinem Studium ist…“
Sie schüttelte den Kopf und ließ diesen dann hängen.
Toril ließ sie kurz los, goss die Milch aus dem Topf in eine Tasse und rührte Honig hinein.
Dann stellte er die Tasse auf den Tisch, setzte sich wieder daneben und zog sie in seine Arme.
Emma kam sich irgendwie überflüssig vor, weshalb sie sich dezent in ihr Zimmer verzog.
Dort ließ sie sich erst einmal auf ihr Bett fallen.
Man, in Solveigs Haut mochte sie echt nicht stecken! So eine Entscheidung treffen zu müssen, das musste doch echt der Horror sein!
Da hing so unendlich viel dran! Eigentlich ja das ganze restliche Leben! Und das war einfach so krass, wie konnte man denn da je wissen, was nun Richtig oder Falsch war?
Jede Art von Entscheidung zog so einen Rattenschwanz von anderen hinter sich her… und die dann wieder welche…
Klar, das war ja eigentlich immer so, aber in DER Sache? Da konnte sie wirklich nur hoffen, dass sie nie selbst mal in solch eine Situation kam!
Allein wenn sie sich vorstellte, wie ihr Mutter reagieren würde, oh oh! Die knabberte wahrscheinlich jetzt noch an der Tatsache, dass sie überhaupt mit Sigurd zusammen war.
Sigurd. Der wäre ja wenn dann auch daran beteiligt und es wären doch einige Voraussetzungen anders als bei Solveig. Zum Glück!
Doch dann fiel ihr wieder ein, wie sie auseinander gegangen waren.
Jetzt, mit ein wenig Abstand betrachtet, kam es ihr fast so vor, wie eine Trennung. Und das war ganz allein auf ihrem Mist gewachsen!
Wie hatte sie ihn bloß SO weggehen lassen können?
Entsetzt über sich selbst schüttelte sie den Kopf. Vor allem war das, über was sie gestritten hatten, doch wohl Peanuts im Vergleich zu den wirklichen Problemen, die Solveig und Toril gerade hatten.
Manchmal war man ja wohl echt bescheuert, oder?
Und nun? Er war doch bestimmt schon längst zu Hause!
Sollte sie jetzt noch einmal los? Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass das, selbst wenn sie gewollt hätte, nicht mehr funktionieren würde, die letzte Bahn war so eben gefahren.
Shit! Sie suchte nach ihrem Handy, doch dann fiel ihr ein, dass das ja noch in seiner Wohnung lag. Ein Glück konnte sie die Nummer inzwischen auswendig und so tippte sie diese in ihren Festnetz-Apparat ein.
Es klingelte ziemlich lange und sie wollte schon gerade wieder auflegen, als er dann doch noch dran ging: „Ja?“
„Sigurd? Ich bin es, Emma.“
„Hei. Was gibt es?“
„Ich… es tut mir leid! Man, ich hab mich echt total angestellt. Ich verstehe wirklich nicht mehr, wie ich dich so gehen lassen konnte!“
„Mh.“
„Idiotischer geht es doch wohl gar nicht mehr! Dabei… ich… ich will dich nicht verlieren, Sigurd!“
Er räusperte sich hörbar, dann: „Ich dich auch nicht, Emma!“
„Es tut mir wirklich total leid!“
„Schon gut.“
„Man, hätte mir das nicht früher einfallen können? Ich hätte dir das lieber persönlich gesagt!“
„Können wir gern noch nachholen!“
„Jetzt? Hast du mal auf die Uhr geschaut? Du musst doch morgen früh aufstehen!“
„Ja, sicher. Aber meinst du wirklich, ich kann so schlafen? Also, ich meine, jetzt bestimmt eher, als noch vor unserem Telefonat. Trotzdem! Mir wäre es wirklich wohler, wenn wir uns noch mal sehen würden.“
„Mir ja auch, aber du musst doch jetzt nicht noch mal durch die halbe Stadt kurven!“
„Komm einfach runter, ja?“
Damit legte er auf. Emma schüttelte den Kopf, aber natürlich war sie ihm nicht böse. Ganz im Gegenteil.

Liv lag schon im Bett, aber schlafen konnte sie trotz Müdigkeit doch nicht.
Zunächst kreisten ihre Gedanken um das, was Jan Erik und Emma gesagt hatten, aber irgendwann kam sie dann doch zu Bjørn Einars Rose und dem Zettel.
Vielleicht sollte sie ihm eine SMS schreiben, damit er wusste, dass sie die Blume gefunden hatte?
Zunächst verwarf sie den Gedanken wieder, weil ihr das zu unfair gegenüber Kristian schien.
Schließlich waren doch schon die Rose und das Briefchen eine Missachtung der Kontaktsperre!
Aber dann…
Schließlich flog er morgen nach Lahti und sie wollte nicht, dass er die ganze Zeit unsicher war, ob die Sachen überhaupt angekommen waren.
O.k., das hier war kein Studentenwohnheim, wo andere Leute das vielleicht schon mal witzig fanden, solche Dinge verschwinden zu lassen, nein, es handelte sich um ein ganz normales Wohnhaus, aber trotzdem…
Sie angelte nach ihrem Handy, das auf dem Nachttisch lag.
Und nun? Was schreiben?
Nach einigem Grübeln entschied sie sich für folgenden Text: „Lieber Bjørn Einar! Vielen Dank für die tolle Rose und den Gruß. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Liv.“
Nicht wirklich spektakulär, aber das sollte es ja auch gar nicht sein!  

Als Emma einige Minuten später vor die Tür des Wohnheims trat, wartete Sigurd schon auf sie.
„Bist du geflogen??“ fragte seine Freundin überrascht.
„Mh, nein. Ich… äh… war noch gar nicht weg.“
„Wie? Du hast die ganze Zeit hier gewartet??“
„Naja, nicht direkt. Ich…“ er senkte leicht verlegen den Kopf.
„Ja?“
„Unser Abschied hatte mich ziemlich fertig gemacht und ich war halt noch nicht losgefahren.“
„Oh. Man, es tut mir wirklich total leid. Ich hab mich aufgeführt, wie die letzte Zicke! Ätzend!“
„Naja, es war ja auch wirklich alles andere als schlau von mir, an so einem Tag mit dem Thema zu kommen!“
„Du hast es doch nicht drauf angelegt oder so. Das hat sich halt ergeben.“
„Mh, ja, irgendwie schon. Aber so lange wir das jetzt wirklich aus der Welt geschafft haben…?“ Er sah sie leicht unsicher an und sie erwiderte den Blick.
Dabei fiel ihr auf, dass seine Augen leicht gerötet waren.
„Hast du geweint??“ wollte sie entsetzt wissen.
„Naja, ein bisschen vielleicht.“ untertrieb er, um es ihr nicht noch schwerer zu machen.
„Oh Sigurd! Das wollte ich nicht! Manchmal bin ich doch wirklich ein Trampel!“
Sie sah ihn entschuldigend an.
Eigentlich hätte sie ihn viel lieber in den Arm genommen, aber das traute sie sich nach den Ereignissen der letzten Stunden dann doch nicht.
„Ich glaube, wir müssen beide noch eine ganze Menge lernen, also hör auf, dir die ganze Schuld zu geben! Jetzt wissen wir ja, dass das ein sensibles Thema ist und sind in Zukunft vielleicht etwas vorsichtiger, hm?“
„Auf jeden Fall!“
„Und jetzt ist alles wieder in Ordnung?“ vergewisserte er sich noch einmal.
„Ja.“
Er lächelte verhalten: „Darf ich dich dann vielleicht in den Arm nehmen?“
Anstatt darauf zu antworten, schlang Emma die Arme um ihn und rückte so nah an ihn heran, wie es nur ging.
Als er es ihr gleich tat, entfuhr ihm unwillkürlich ein erleichterter Seufzer.
Nach einer ganzen Weile, in der sie einfach nur da standen und einander festhielten, sahen sie sich wie auf Kommando an.
In seinem Gesicht spiegelte sich die gleiche, glückliche Erleichterung, die Emma ebenfalls empfand.
Dann wanderte ihr Blick zu seinen Augen weiter, die inzwischen wieder strahlten und sie versank in diesem wundervollen Blau.
Wie hatte sie eigentlich überhaupt mit ihm streiten können???

Liv hatte sich gerade von der rechten auf die linke Seite gedreht, als ihr Handy klingelte. Da es sich bei dem Anrufer eigentlich nur um Bjørn Einar handeln konnte, klopfte ihr Herz automatisch ein wenig schneller.
„Ja?“ fragte sie.
„Hei. Ich bin es, Bernar. Ich habe deine SMS bekommen.“
„Oh, das ist gut. Ja, vielen Dank noch mal, ich habe mich wirklich total gefreut! Allerdings hab ich die Rose erst in letzter Sekunde entdeckt, ich wollte gerade schon die Tür zumachen.“
„War die so unauffällig?“
„Nein, aber ich hatte im Dunklen aufgeschlossen, weil ich zu faul war, noch mal zum Lichtschalter zu tasten.“
„Ach so. Naja, immerhin ist sie überhaupt angekommen.“
„Ja, ist sie. Die ist total schön. Und riecht gut!“
„Ja, fand ich auch.“
„Ich möchte gar nicht wissen, wie lange du gebraucht hast, um in dieser Jahreszeit so etwas aufzutreiben. Vom Preis gar nicht erst zu reden.“
„Kein Kommentar!“ gab er trocken zurück und sie lachte.
„Verrückter Kerl!“
„Schon. Schlimm?“
„Nein. Überhaupt nicht! Mein Tag war eh… mh… sagen wir: verwirrend. War also ein richtig netter Abschluss!“
„Verwirrend? Wieso das?“
„Ich habe zum Beispiel deinen Bruder getroffen.“
„Jan Erik?? Aber den kennst du doch gar nicht!“
„Nein, bisher nicht. Er hat ja auch mich erkannt.“
„Er hat…? Ah ja.“
„Ja. Er meinte so etwas wie ‚er habe sich informiert, wie ich denn ausschaue’.“
Er schnaubte: „Das sieht diesem neugierigen Kerl ähnlich! Ich hoffe, er hat sich wenigstens anständig benommen!“
„Jaja, hat er, keine Sorge. Ich glaube, für alles andere hatte er auch viel zu viel Angst vor deiner Reaktion.“
„Da tat er auch ganz gut dran!“ knurrte Bernar.
Liv grinste.
„Und wo habt ihr euch getroffen?“ fragte er dann weiter.
„Vor so einem Black Metal-Laden in der Stadt. Ich habe ihn quasi über den Haufen gerannt.“
„Oj. Ja, klar, da hängt er öfter rum. Aber was hast DU da gemacht?“
„Ich bin einfach ein wenig herumgelaufen und irgendwie hatte ich mich in den Laden verirrt. Hatte es aber recht eilig, den wieder zu verlassen, deswegen war ich ja auch so stürmisch.“
Nun lachte Bjørn Einar: „Hast du dich gegruselt?“
„Ein wenig vielleicht. Ist doch nicht so ganz meine Welt.“
„Das hätte mich auch gewundert!“
„Oh, ich höre durchaus auch mal härtere Sachen, aber so etwas dann doch nicht!“
„O.k.“
„Aber sag mal, wieso schläfst du eigentlich noch nicht? Du musst doch sicher früh aufstehen, oder?“
„Ja, schon. Aber ich muss eh noch auf Siggen warten, sonst kommt der nicht mehr in seine Wohnung.“
„Aha?“
„Ja. Längere Geschichte. Willst du die hören oder lieber schlafen? Du hast doch sicher morgen Uni.“
„Ja. Aber ich kann eh nicht einschlafen.“
„Na dann.“
Er erzählte ihr also in groben Zügen vom Ablauf des Abends.
„Und jetzt ist Sigurd bei Emma oder wie?“
„Davon gehe ich mal aus, ja.“
„Gut, ich glaub nämlich, dass da Klärungsbedarf herrscht!“
„Ganz deiner Meinung! Ich hab deinem Herrn Cousin da mal ein paar Takte zu gesagt…“
„Und ich Emma…“
Bjørn Einar lachte: „Na, also, wenn die sich DANACH nicht wieder zusammenraufen, dann weiß ich ja auch nicht!“
„Stimmt!“
Sie schwiegen eine Weile, dann sagte er: „Ich fand es schade, dass du nicht da warst, vorhin. Ich… ich hätte dich vor der nordischen Tournee gerne noch mal gesehen.“
Liv schluckte.
Jetzt, wo er das so direkt aussprach… dagegen gehabt hätte sie sicher auch nichts.
Aber haben sollen!
Sie wollte doch schließlich beiden gegenüber fair sein. Auch wenn das wahrscheinlich gar nicht ging.
„Ähm? Bist du noch da?“ fragte er unsicher.
„Ja! Ja, bin ich. Ich weiß nicht. Vielleicht war es ganz gut so, dass ich nicht da war.“
„Findest du?“ das klang traurig.
„Nein. Ehrlich gesagt nicht. Aber ich sollte!“
„Oh bitte! Jetzt hör doch mal auf, dich deswegen so unter Druck zu setzen! Du machst dich doch selbst ganz fertig damit! Ich… das will ich nicht, Liv!!!“
„Ja, aber was soll ich denn machen? Die Sache ist ohnehin schon beschissen genug gelaufen! Muss ich da nicht wenigstens versuchen, es jetzt möglichst fair zu gestalten???“
„Wie kann denn so etwas jemals fair sein? Aber hör mal, bevor DU selbst daran kaputt gehst, lege ich lieber alle Ansprüche, die ich gestellt habe, ab!!!“
„Wie meinst du das??“
„Liv! Ich will nicht, dass du dich so fertig machst und ich einer der Gründe bin! Allein der Gedanke macht mich krank! Dann lass uns lieber jetzt ein für alle Mal einen Schlußtrich ziehen, damit dieses Gezerre an dir aufhört!“
„Einen Schlußstrich??“ kam es tonlos von ihr.
„Das soll nicht heißen, dass ich das gern und mit fliegenden Fahnen tun würde. Im Gegenteil. Du weißt, dass ich dich will, Liv! Lieber gestern als heute! Aber bevor DU daran den größten Schaden nimmst, überlasse ich dich lieber…“ er knirschte mit den Zähnen und pustete einmal tief durch, … Kristian.“
„Was?? Aber… das geht nicht! Das…“ sie schüttelte hilflos den Kopf, wusste nicht, was sie darauf sagen sollte.
„Ich weiß aber nicht, was ich stattdessen machen soll! Wie soll ich dir sonst helfen?“
„Du kannst mir nicht helfen!“
„Will ich aber!!!“ beharrte er bockig.
„Oh Bernar!“
„Was denn? Ist das nicht normal, dass man will, dass es den Leuten, die man sehr gern hat, gut geht? Das ist bei dir aber gerade nicht der Fall und ich bin Schuld daran.“
„Na und? Ich doch genauso!!!“
„Ja, klar. Aber ich würde eben gerne den Teil mit mir rausnehmen, irgendwie.“
„Das geht nicht! Dazu müsste ich dich schon hassen oder so. Und das ist definitiv nicht der Fall.“
„Zum Glück nicht, nein! Du willst also wirklich nicht, dass ich jetzt ein für alle Mal auf Abstand gehe? Ich mein das todernst, Liv. Ich habe zwar keine Ahnung, wie, aber ich würde es tun, wenn du das willst, wenn es dir hilft.“
„NEIN!!! Nein, bitte nicht!!!“
„Gut!“ er klang deutlich erleichtert, „Aber falls das doch irgendwann mal der Fall sein sollte, dann musst du es mir sagen, Liv. Bitte!“
„Mhm.“
„Kommst du eigentlich nach Lillehammer?“ wechselte er dann abrupt das Thema.
„Ja, klar!“
„Das ist schön. Und… sehen wir uns da auch? Kommst du zum Springen? Oder ist dann immer noch Kontaktsperre?“
„Scheiße! Darüber habe ich mir bisher noch gar keine Gedanken gemacht!!“
„Oh nein! Und dann komme ich, auch noch quasi mitten in der Nacht und sorge mit so einer doofen Frage dafür, dass du erst recht nicht einschlafen kannst.“
„Ach, ich glaube nicht, dass DAS noch einen Unterschied macht!“
„So schlimm?“
„Wenn wir uns gesehen hätten, wären dir meine schicken Augenringe sicher nicht entgangen!“
„So schlimm?? Pass nur auf, was du sagst, sonst steh ich in ein paar Minuten bei dir auf der Matte und sorge dafür, dass du schläfst!“
Liv lachte: „Und wie willst du das anstellen?“
„Romørensches Geheimrezept!“
„Klingt verdammt verlockend, weißt du das?“
„Sag einen Ton und ich mache das wirklich! Mein Auto parkt hier auf der Straße und ich hatte nur ein Bier, bin also noch fahrtüchtig!“
„Ja, aber dann kommt Sigurd nicht mehr rein!“
„Scheiße ja! Man, dieser Depp verdirbt wieder alles!“
„Heh! Du sprichst hier immer noch über meinen Cousin!“
„Ja und? Wenn der daran Schuld ist, dass du keinen Schlaf bekommst? Also, jedenfalls heute Nacht?“
„Meinst du wirklich, wir beide würden viel schlafen, wenn du jetzt zu mir kämst?“
„Mh, vielleicht nicht sofort, aber dann sicher!“
„Angeber!“
„Meinst du?“
„Keine Ahnung!“
„Dann riskier es doch!“
„Und wie willst du das mit dem Schlüssel machen??“
„Ich ruf ihn an und sag, dass er jetzt mal gefälligst seinen Arsch her schwingen soll! Ganz einfach!“
„Und wenn du mitten in deren Versöhnung reinplatzt??“
„Das ist mir gerade soetwas von egal!“
„Nein, Bernar, ich glaube, DAS ist wirklich keine gute Idee. Also, ich meine, gerade was das normale Schlafen angeht schon, es wäre wirklich nicht schlecht, wenn ich mal wieder könnte, aber alles andere… Würde es noch komplizierter machen!“
„Oder es entscheiden!“
„Man, du bist ganz schön überzeugt von dir!!!“
„Boah, SO war das jetzt doch nicht gemeint! Ich meinte eher, also… wenn ich an Kristians Stelle wäre und du mit mir geschlafen hättest, dann hätte sich das, glaube ich, schon ziemlich erledigt!“
„Hm, stimmt. Gilt das auch umgekehrt?“
„Umgekehrt? Du meinst, wenn du jetzt mit Kristian…?? Puh. Hm… Ja, ich denke schon. Ich würde es dann eben als Entscheidung für ihn werten. Wieso?? Gibt es da etwas, was ich wissen sollte??“
„Nein! Nein, wirklich nicht. Ich meine, ich habe ihn am Montag zwar auch noch zufällig getroffen, nach dem wir beide uns bei Sigurd gesehen hatten, aber… das ging ganz sicher nicht in diese Richtung!!!“
„Ihr habt euch getroffen?“
„Ja. Aber an DEM Tag hat mich echt gar nichts mehr gewundert! Er hat sich dann entschuldigt, wegen der Sachen, die er zu dir über mich gesagt hatte.“
„Hast DU davon angefangen?“
„Nein, er kam damit an.“
„Wow. Das nenne ich mal Größe! Ich meine, er konnte doch nicht wissen, dass du das aus Siggen rausgekitzelt hattest, oder?“
„Nein, woher denn? Und ich hab es ihm auch nicht gesagt.“
„Mh.“
„Was denn? Warum sollte ich?“
„Nein, nein, schon gut!“
„Was ist denn jetzt? Da war wirklich gar nichts!“
„Nichts ist.“
„Bjørn Einar Romøren! Verarschen kann ich mich selber! Los, rück’s raus!!!“
„Ach, es gefällt mir einfach nicht, dass du ihn getroffen hast.“
„Eifersüchtig?“
„Ja!“
„Ist er auch auf dich.“
„Kann ich mir vorstellen. Das ist aber auch alles total vertrackt!“
„Wem sagst du das??“
„Na, dir!“
„Haha!“
„Jaa, ich weiß, das war jetzt blöd. Aber es ist ja auch schon spät. Ich sag dir, wenn der nicht in den nächsten 10 Minuten hier auftaucht, dann ruf ich ihn wirklich an, Versöhnung hin oder her. Ich bin müde!“
„Ja, ich auch.“
„Meinst du, du kannst schlafen?“
„Keine Ahnung. Im Moment fühlt es sich so an, als ob, aber das kann auch täuschen!“
„Oh man, ich hoffe es wirklich für dich, Liv!“
„Ich auch, glaub mir. Macht es irgendwie nicht besser, wenn ich noch zusätzlich wegen Schlafmangel auf dem Zahnfleisch gehe!“
„Sollen wir auflegen?“
„Nein, die 10 Minuten warte ich jetzt noch mit dir. Dann müssen wir ja eh auflegen, weil du Sigurd anrufen musst.“
„Stimmt auch wieder.“
„Wann fliegt ihr denn?“
„Wann genau der Flug geht, weiß ich nicht, nur, dass wir um halb Acht am Flughafen sein müssen.“
„Puh! Ganz schön früh!“
„Ja. Aber ich denke, Mika will morgen auf jeden Fall noch eine Trainingseinheit auf der Schanze einlegen, deshalb passt das schon.“
„Magst du die Schanze?“
„In Lahti? Es geht. Andere sind mir lieber, aber die ist schon noch o.k.“
„Und insgesamt? Bist du schon sehr k.o., weil sich die Saison dem Ende zuneigt?“
„Man, Liv, das sind ja richtige Reporterfragen!“ frotzelte er, „Nein, eigentlich fühle ich mich körperlich ganz gut, fit. Frag mich nach dem nordic tournament noch mal! Da könnte es schon wieder ganz anders aussehen!“
„Mach ich!“
„Live?“
„Live? Ach so, du meinst, ob wir uns dann sehen? Ich weiß es nicht, Bjørn Einar, wirklich nicht.“
„Tut mir leid, das war unfair. Ich sollte wirklich nicht auch noch drängeln! Es ist nur… du fehlst mir!“
Zunächst kam keine Reaktion, dann ein leises: „Du mir doch auch!“
„Wirklich?“
„Mhm.“
„Oh, ich brauch nicht mehr anrufen, es klingelt gerade.“
„Pass auf dich auf, ja?“
Ohne seine Antwort abzuwarten legte sie auf. Sie war erstens nicht besonders gut in sowas und zweitens hatten sie die letzten Sätze auch schon so genug aufgewühlt.
Entschlossen schaltete sie ihr Mobiltelefon aus und versuchte zu schlafen.
Review schreiben
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast