Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Die Chroniken der Trinität

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer / P12 / Gen
30.12.2005
30.12.2005
1
2.747
 
Alle Kapitel
2 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
 
 
30.12.2005 2.747
 
Die Chroniken der Trinität

Eins- Jinx oder: ungeahnte Kräfte

Es war ein trüber Tag des aufkeimenden Frühlings, noch sehr kühl und grau. Der letzte Schnee war gerade erst weggetaut; und man spürte den Frost noch, wenn man die Luft einsog. Und an diesem Frühlingstag war es auch, dass eine Mutter starb, als sie ihre Tochter gebar.
"Sie ist die Erbin.", sprach die Mutter und verendete.
Ihre kleine Tochter war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten: sie hatte schon nach der Geburt einen dünnen Schopf kurzer, roter Haare auf dem Kopf, und hatte Augen wie kleine, funkelnde Sterne. Sie war ganz ruhig und schrie nicht, bei voller Gesundheit und zart wie eine Blume. Jeder, der sie anschaute, mochte das kleine Mädchen.

Das änderte sich jedoch, als sie älter wurde. Sie lebte in einem kleinen Dorf in Kanada, wo jeder jeden kannte, zusammen mit ihren sechs Brüdern und ihrem Vater.
Ihr Vater Horatio war ein sanfter, gutaussehender Mann von vierzig Jahren, mit dunkeln, von grauen Strähnen durchzogenen Haaren und Bart und einer stattlichen Statur. Er zog sich immer sehr gut an und sammelte Degen und Pistolen aus dem 17. Jahrhundert. Ihre Brüder waren alle nette und natürliche Jungen im Alter von 7-21, die ihre Schwester sehr liebten und sie vor allen Leuten beschützten.
Was das junge Mädchen, welches den Namen Monica empfangen hatte, so unbeliebt bei den anderen Bewohnern des Dorfes- und vor allem den Jugendlichen- machte, war die Geschichte ihrer Familie, welche schon seit Generationen gehasst wurde.
Im Mittelalter waren viele von Monicas Vorfahren gejagt und verbrannt worden, allerdings immer nur die Frauen. Die Männer waren immer sehr beliebt gewesen, doch zogen Schande durch die Heirat mit den Frauen auf sich. Es hieß, ihre weiblichen Vorfahren waren allesamt Hexen gewesen, Häretikerinnen und Teufelsanbeterinnen, die blasphemisch auf Gottes Antlitz wandelten. Genau diesen mittelalterlichen Hass hatte man immer aufrechterhalten im Wandel der Zeiten, und in dem kleinen, abergläubischen Dorf war es schon mehrmals zu Ausschreitungen wegen den DeVaey Frauen gekommen. Und nun war eine weitere gestorben und eine neue geboren, und dieses unschuldige Mädchen bekam alle Verachtung ihrer Umwelt ab. Sie war ein schüchternes und stilles Mädchen, und die Hänseleien ihrer Mitschüler machten sie immer wieder traurig, egal wie oft einer ihrer Brüder ihr zu Hilfe kam. Ihre Mitschüler beschimpften sie als Hexe, als Sukkubus und als Teufelsweib, und noch vieles, was schlimmer war.  

An ihrem achtzehnten Geburtstag machte sie sich wie jeden Morgen auf den Weg in die Schule, traurig und mit gesenktem Blick. In ihre Schulbücher versunken trottete sie über die Straße, und versuchte, nicht auf die gehässigen Blicke der Menschen um sie herum zu achten.
"Seht mal, da ist die Hexe. Lasst uns schnell weitergehen, bevor sie uns noch verzaubert."
"Oh nein, das DeVaey Mädchen. Schau bloß nicht hin, sonst stirbst du morgen."
"Ihre Mutter war eine Hexe, ihre Großmutter war eine Hexe. Und sie ist auch nicht besser. Diese Schlange!"

Das machte Monica alles sehr wütend. Doch wie immer hielt sie sich zurück und schluckte ihre Wut herunter. Sie hatte das Gefühl, dass sie das alles nicht mehr lange aushalten würde. Sie liebte ihren Vater und ihre Brüder sehr, doch schon lange hegte sie den Gedanken, einfach wegzulaufen- irgendwohin, wo man ihre Familie und ihre Geschichte nicht kannte. Doch zuerst musste sie die Schule beenden. Es war ja nur noch eine Woche...
Der Unterricht verlief nicht sehr viel besser. Ihre Klassenkameraden setzten sich mit Absicht so weit sie nur konnten von ihr weg, und lachten sie aus wegen ihren roten Haaren und ihren hochgeschlossenen, nach Lavendel duftenden Klamotten. Wie immer ignorierten sie die Lehrer die Stunden über völlig und gaben ihr erst nach dem Unterricht ihre Extraaufgaben, damit sie die fehlende mündliche Leistung aufholen konnte. Das hatte ihr Vater mit der Direktorin ausgehandelt. Nur ein Lehrer behandelte sie, als wäre sie völlig normal- ihr Französischlehrer Armand Boucher. Sie war schon seit drei Jahren heimlich in ihn verliebt. Ein weiterer Grund, wegzulaufen- Monsieur Boucher wollte nach diesem Schuljahr nach Ohen City gehen, eine große Stadt an der Ostküste der USA, nahe New York. Vielleicht sollte sie selbst auch mal Ohen City besuchen...
Der kurze Zauber der Französischstunde verflog, als es zum Mittagessen in der Schulkantine ging. Monica hasste es, in die Kantine zu gehen, denn dort war sie mehr als sonst irgendwann dem Spott und Hohn der Mitschüler ausgesetzt.
Monica stellte sich in die Schlange vor dem Ausgabeschalter und ließ noch ein paar Mitschüler vorbei, die sich vordrängelten. Sie war es gewohnt, als Letzte ihr Essen zu bekommen, weil alle sie wegdrängelten und -schubsten. Inzwischen ließ sie die Jungen und Mädchen vorgehen, dann wurde sie wenigstens nicht geschubst.
Sie holte ihr Essen und setzte sich wie immer alleine an den kleinsten, verdrecktesten Tisch ganz hinter in der Kantine. Lange stocherte sie in ihrem Instant- Kartoffelbrei mit Knödeln herum, bis sie schließlich ein wenig davon herunterbekam. Gerade als sie aufgestanden war, um ihr Tablett zurück zu bringen, wurde sie unsanft von hinten gepackt und herumgedreht. Hinter ihr stand Troy Kennedy, der beliebteste Junge und Mädchenschwarm der Schule und ein fieser Kerl.
"Na, Hexe? Hast du meine Französischhausaufgaben für die letzte Woche fertig? Sie sind überfällig und ich will keine schlechte Note bekommen. Ich musste Boucher schon erklären, warum ich sie Dienstag nicht hatte. Du weißt, ich habe dich gestern schon verwarnt."
Monica schaute zu Boden, darauf bedacht, Troy bloß nicht anzusehen. Schüchtern stotternd versuchte sie- sie musste ihren ganzen Mut und ihr ganzes, geringes Selbstbewusstsein zusammennehmen-  , ihm Paroli zu bieten.
"Ich habe dir doch schon gesagt, Troy, das ich deine Hausaufgaben nicht mehr machen werde. Ich habe keine Lust mehr, und ich lasse mich auch nicht mehr einschüchtern."
Troy und die Traube von Schülern, die sich um ihn versammelt hatte, staunten. So viel Gegenwehr waren sie nicht von dem schüchternen Mädchen gewohnt. Doch das war Troy egal- er ließ nicht locker.
"Morgen bekomme ich die Hausaufgaben, oder es gibt Ärger, verstanden?", sagte er mit einem drohenden Unterton in der Stimme.
Sie drehte sich um und wandte sich zum Gehen. Ihre langen Haare schwangen in einem plötzlichen Ruck, den sie spürte, und sie fiel hart auf den Boden. Gerade noch rechtzeitig konnte sie ihre Arme vor ihren Körper reißen und sich mit den Händen abfangen, bevor sie mit dem Kopf aufgeschlagen wäre.

Jemand hatte ihr ein Bein gestellt. Es war Troy gewesen, natürlich. Ihr Tablett war auf den Boden gefallen und das Geschirr darauf zerbrochen. Der Kartoffelbrei verteilte sich auf dem Kantinenboden. Und alle um Monica herum lachten- lachten sie aus. Sie hörte die "Hexe, Hexe!" Rufe schwinden, sie verschwammen und klangen plötzlich, als würden sie aus weiter Ferne kommen. In ihrem Kopf sang eine leise, engelsgleiche Frauenstimme. So musste ihre Mutter geklungen haben- wunderschön! Und irgendetwas sagte ihr, sie musste nun handeln. Sie durfte sich das nicht länger gefallen lassen. Und mit einem Mal explodierte die ganze aufgestaute Wut in ihrem Inneren und vereinigte sich zu einem Feuerwerk. Sie fühlte sich unglaublich stark, und diese neue Stärke durchströmte ihren ganzen Körper, in jedem Muskelstrang und in jeder Ader war sie zu spüren.
Gefestigt durch diese Kraft und den Mut, welchen ihr die Wut gab, stand sie energisch auf. Ihre Hände taten nicht mehr weh, doch sie zitterten. Auch die Beleidigungen und das Lachen ihrer Mitschüler wurden wieder lauter, realer. Sie stand auf, drehte sich ein weiteres Mal zu Troy um und schaute ihn mit ihren dunklen, zornfunkelnden Augen an.
"Schweig!", rief sie, und mit einem Mal hörte der Junge auf zu lachen und schaute sie erstaunt an. Auch die restliche Menge hörte auf zu lachen, und als auch der Letzte seinen Spruch beendet hatte, trat Monica mit ungewohnt festen und selbstbewussten Schritten zu Troy heran.
"Ich lasse mich nicht mehr von dir oder irgendwem anders fertigmachen! Ich habe keine Lust mehr auf eure kindischen Vorurteile! Mir reicht´s!"
Mit diesen Worten ging sie, und ihre Aura hatte etwas Ehrfurchtgebietendes im Raum gelassen. Keiner bewegte sich, auch nicht minimal. Keiner sagte ein Wort. Noch nicht einmal Troy, welcher den Mund schon geöffnet hatte, während Monica noch sprach. Doch es kam einfach kein Ton aus seinem Mund heraus. Es war schon seltsam...

Es war sogar so seltsam, dass Troy Kennedy noch am gleichen Abend zu dem Haus der DeVaeys fuhr. Er wollte sich mit Monica unterhalten. Monicas Vater Horatio ließ ihn herein und führte ihn in das Wohnzimmer, wo Monica in ihrem Französischbuch blätterte. Horatio selber machte seine Tochter auf den Besuch aufmerksam und verschwand dann selber zu seinen Söhnen in die Küche. Monica schlug ihr Buch zu und schaute Troy in skeptischer Erwartung an, immer noch ungewöhnlich selbstbewusst. Troy schaute einen Augenblick etwas verwirrt, da er offenbar gehofft hatte, sie sei wieder normal- das hieß für ihn kleinlaut und einschüchterbar.
"Ähm... ich wollte mich für vorhin entschuldigen, Martha. Aber ich brauche wirklich Hilfe in Französisch.", fing er an. Monica seufzte.
"Du brauchst dich nicht entschuldigen, Troy. Ich weiß, dass du dich sowieso nicht ändern wirst und hinter meinem Rücken weiter irgendwelche Gemeinheiten über mich verbreitest. Und ich nenne es nicht Nachhilfe, deine kompletten Hausaufgaben zu machen. Außerdem heiße ich Monica."
"Natürlich."
"Ich habe keinerlei Lust, dir wieder und wieder zu erklären, dass ich dir nicht mehr helfen werde und mich auch nicht mehr erpressen lasse- schon gar nicht bedrohen. Ich habe einfach genug von deinen blöden Sprüchen und deinen geltungssüchtigen Versuchen, dich wichtig zu machen. Und jetzt verlass bitte mein Haus, es reicht mir schon, dich morgen in der Schule sehen zu müssen."
Diese kleine Ansprache gefiel Troy gar nicht, und der junge Mann trat sehr schnell an sie heran. Seine ganze Körperhaltung wirkte bedrohlich und machte Monica ein wenig Angst. Sie ließ es jedoch nicht zu, dass er dies merkte.
"Jetzt hör mal zu, du kleine Hexe. Der einzige Grund, warum du bis jetzt in Ruhe gelassen wurdest, war meine Gunst, weil du meine Hausaufgaben gemacht hast. Wenn du jetzt damit aufhörst, wird deine letzte Woche der blanke Horror. Hast du das verstanden, Mädchen?"
Er ließ seine Knöchel knacken und trat noch näher an sie heran. Monica schluckte fast unmerklich und erwiderte:
"Nein. Ich mache nichts mehr für dich. Du bist ein schlechter Mensch. Geh jetzt, bevor ich meinen Vater hole."
Troy reichte es, und er verlor die Fassung.
"Ich werde dir gleich einmal zeigen, was für ein schlechter Mensch ich bin, du kleine dumme Gans. Da wird dir deine Frechheit im Halse stecken bleiben!"
Mit aufgerissenen Augen verfolgte Monica Troys Faust, die auf ihn zuraste. Ihr einziger Gedanke nach einem Blick auf den kräftigen, angsteinflössenden Körperbau des Jungen war:
Bitte lass ihn nicht treffen!
Und erstaunlicherweise traf er nicht. Monica war nicht ausgewichen, hatte sich keinen Zentimeter bewegt. Doch seine Faust schlug genau neben ihm in der Wand ein und ließ diese kaum merklich zittern. Auch Troy verstand es nicht, und blickte mit verwirrter Wut auf seine Faust, die wahrscheinlich wehtat. Doch das machte ihm nichts auf, denn er holte sofort wieder aus. Monica war wie angewurzelt.

Und dann passierte etwas. Monica sah hinter Troy, der sich irgendwie in Zeitlupe zu bewegen schien, eine durchscheinende Gestalt. Obwohl das Mädchen diese Gestalt- eine Frau mit roten Haaren und leuchtend grünen Augen- noch nie gesehen hatte, wusste sie sofort, dass es ihre Mutter war, die nun zu ihr sprach.

Du musst deine Zauberkräfte benutzen, Monica. Du bist die nächste Hexe unserer Familie. Du musst deine Kräfte entfalten und zum Guten nutzen. Verteidige dich!

Und Monica verstand. Mit einem Mal war ihr klar, dass sie der Grund war, warum Troy seine Faust immer noch in Zeitlupe auf sie zuschleudern ließ. Sie ging sofort einen Schritt zur Seite, und sofort hörte die Zeitlupe auf, und Troy schlug wieder daneben, mitten in die Luft, und torkelte vorwärts, bevor er sich aufrichtete.
 "Was zum...?"
"Lass, es, Troy. Du wirst mich nicht mehr einschüchtern!"
Ein weiteres Mal flog seine Faust auf sie zu, und diesmal war Monica sicherer. Sie hob- zwar noch ein wenig in Sorge- die Hand auf die Höhe von Troys Faust. Und tatsächlich- die Faust blieb einige Zentimeter vor ihrer Hand einfach stehen, obwohl Troy mit aller Kraft dagegendrückte. Nun wich die Wut in Troys Gesicht einem Ausdruck von blanker Panik.
"Wie kannst du...? Wie ist das möglich? Du bist wirklich eine Hexe!"
In Monicas Augen war ein weißes Leuchten erschienen, der das Dunkle völlig verdeckte. Sie versuchte, mit Hilfe ihrer Gedanken ihren Willen durchzusetzen, und schaute auf die Haustür hinter Troy, welche augenblicklich aufsprang. Troy schaute sich paranoid um, doch sogleich umspielte ein Wind, der von Monica auszugehen schien und ihre Haare aufwirbelte, seinen gesamten Körper und trug ihn unsanft heraus.
Vor der Tür fiel er auf den kalten Steinboden, rappelte sich sogleich auf und rannte, so schnell er nur konnte, sich immer wieder umschauend. Mit einem Knall fiel die Tür nach einer Handbewegung von Monica zu.
"Monica?", ertönte eine Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um. Es war ihr Vater mit drei ihrer Brüder, die noch zu Hause wohnten. Verwirrt schauten sie die junge Frau an. Ihr Vater fing an, traurig zu lächeln.
"Es ist soweit, Liebling. Du führst die Tradition der Familie fort."
Monica nickte entschlossen.
"Schau in den Spiegel, Monica.", warf ihr Bruder Thomas ein.
Die junge Frau drehte sich um und sah in den großen Spiegel, der in dem Übergang von Wohnzimmer und Flur hing, in dem sie stand.
Ihre langen, roten Haare waren nicht mehr rot, sondern strahlend hellblau. Ihre Augen leuchteten weiß, was sie selber erst jetzt bemerkte. Ihre blasse Haut schien fast zu leuchten. Als sie dies ganze fast erschrocken zur Kenntnis nahm und sich ins Gesicht fasste, verschwand jedoch die blaue Haarfarbe und wich langsam von den Spitzen bis zum Ansatz in die Normale zurück. Auch das weiß ihrer Augen wurde immer blasser und musste schließlich dem dunklen Braun weichen. Mit einem Mal war ihr klar, was sie zu tun hatte, jetzt, da sich herausgestellt hatte, dass sie wirklich eine Hexe war, so wie alle gesagt hatten. Jetzt, da Troy sie gesehen hatte.
"Vater, ich muss weg von hier."
Ihr Vater und ihre Brüder nickten, und noch am selben Abend packte sie ihre Sachen für die Abreise nach Ohen City.

----
Für Jelena, weil ich ihr schon immer einmal eine Story widmen wollte und ich sie ganz doll lieb habe
----
Cast
Monica deVaey--- Scarlett Johansson
Horatio DeVaey--- Gabriel Byrne
Thomas DeVaey--- Tobey McGuire
Troy Kennedy--- Matt Damon
Review schreiben
 
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast