Rumo und die Suche nach dem Lebensretter
von Smeik
Kurzbeschreibung
Fortsetzung von Die 13 1/2 Leben des Kaptn´ Blaubär und gleichzeitig auch von Rumo und die Wunder im Dunkeln.
GeschichteAbenteuer / P6 / Gen
Blaubär
Grinzold
Löwenzahn
Rala vom Wald
Rumo von Zamonien
10.12.2005
24.02.2006
6
14.592
10.12.2005
3.769
Kapitel 1:" Die Flucht aus Atlantis"
"Noch 30 Minuten bis zum Start", gellte der Ruf der unsichtbaren Leute durch die Kanalisation Atlantis. Ein mächtiger Ruck lies die Stadt und ihre Lebewesen erzittern. Rumo von Zamonien, der Wolpertinger rappelte sich vom feuchten, bebenden Boden der Kanalisation Atlantis auf.
Nachdem er sich von seinem Lebensretter Blaubär verabschiedet hatte, war er einfach ohne zu überlegen den Stimmen der unsichtbaren Leute bis in das Zentrum der Kanalisation gefolgt. Dort stand er jetzt zusammen mit Fredda, der Berghutze und dem merkwürdigen Regenwaldzwerg, der Fredda mit verträumten Blick anglotzte.
Das sogenannte Zentrum der Kanalisation war eine ziemlich geräumige Höhle
, in der sich jetzt auch einige der unsichtbaren Leute befanden und die von blauen Blitzen und leuchtend pulsierenden Generatoren erleuchtet war. Unsichtbare Leute liefen hin und her (man erkannte es daran, dass etwas in der Luft auf und ab schwebte)und hantierten eifrig an merkwürdigen Gerätschaften, welche ruckelten und laut rumorten. Immer wieder ging ein leichtes Beben durch den Boden. Rumo fühlte sich nicht wohl. Er hatte Blaubär alleine mit dem Stollentroll im Kanalisationslabyrinth zurückgelassen. Konnte er dem Troll Vertrauen schenken? Aber nein! Es war ja ein Stollentroll! Wie konnte er nur !
Er hatte seinen Freund und Lebensretter ins sichere Verderben geschickt. Es liegt einfach nicht in der Natur eines Stollentrolls jemandem zu helfen. Er musste ihm sofort zu Hilfe eilen , Rumo war ihm etwas schuldig, denn Blaubär hatte ihm das Leben gerettet. Ohne viel zu überlegen machte er sich auf den Weg durch die große Edelstahltür in die feuchten Gänge der Kanalisation . Fredda und der Zwerg beachteten ihn kaum, als er die Höhle verließ. Doch das interessierte ihn jetzt nicht. Er musste Blaubär finden, bevor der Stollentroll ihn in die Irre führte. Er wollte sein Freund werden, ihm bei jedem seiner Abenteuer zur Seite stehen. Rumo hatte keine richtigen Freunde mehr. Smeik diese fette, nach Phogarrenqualm riechende, faule Haifischmade. Einst war Smeik sein Freund gewesen, doch nun war Smeik immer habgieriger und herzloser geworden und brachte sogar Leute als Sklaven auf die Moloch. Seit Rala vom Wald vor ca. einem halben Jahr von ein paar heimtückischen Dämonenkriegern verschleppt worden war und sein Sohn Murghus von Zamonien weit weg in Wolperting als Fechtlehrer arbeitete war ihm Volzotan Smeik unsympathisch und unwichtig geworden. Rumo hatte nichts mehr zu verlieren
, er war auf sich alleine gestellt, denn es gab keine Hoffnung mehr für Rala. Wer von einer ganzen Armee von Dämonenkriegern verschleppt wird überlebt nicht lange, angesichts dieser bösen Daseinsform. Dennoch hoffte er für Rala das beste, da sie aus viel härterem Holz geschnitzt ist als sie aussieht. Er konnte für sich selbst entscheiden, denn er war immerhin 23 Jahre alt.
Rumo rannte los. Er rannte so schnell er konnte, er wusste den Weg zum Hafen
, denn er kannte das Labyrinth sehr gut.
Schon mehrere Male hatte er auf Befehl Volzotan Smeiks hin gescheiterte Lügengladiatoren auf die Moloch geführt. Links durch einen weiteren Gang voller komischer Apparaturen und zuckenden blauen Blitzen , dann rechts, wieder rechts!!! Er war in der gewöhnlichen Kanalisation angekommen, der Boden war nass und Trübes brackiges Wasser floss auf ihm.
Der Boden erzitterte ein zweites Mal. Diesmal noch viel stärker als das erste Mal. Rumo klatschte auf den Boden und schlitterte noch ein paar Meter weit
auf dem glitschigen, algenbewachsenen Grund und knallte gegen eine Wand aus gemauerten Granitsteinen. Wankend rappelte er sich auf und rieb sich den Schädel. An dem jetzt eine große, rote Beule pulsierte. Sein rechter Arm war total verkratzt und blutig.
Doch Rumo von Zamonien war ein Wolpertinger, keine Memme, wegen so ein paar Kratzern würde er doch nicht aufgeben. Er hatte immerhin mit kräftiger Unterstützung einiger Freunde und ein paar toten Yetis die KUPFERNEN
KERLE besiegt und ganz Untenwelt mitsamt allen dort lebenden Vrahoks
zum Einsturz gebracht. Jetzt rannte er nicht so schnell und er achtete wo er seine
Füße hinsetzte. Behutsam und schnell wie ein Schatten glitt er durch die Gänge
, immer auf seine Schritte achtend. Der Gang fing an abschüssig zu werden. "Komisch!!", dachte Rumo "An diesen Abhang kann ich mich gar nicht erinnern" ."WUUUUSCH", ein riesiger Pfropfen aus faulig riechendem Abwasser schoss das abschüssige Rohr entlang. Er stand hilflos im Gang und suchte nach einem Ausweg. Plötzlich bemerkte er eine rostige Eisenluke direkt über seinem Kopf. Rumo krallte sich an dieser fest und öffnete sie quietschend.
Noch im letzten Moment zog er sich durch die Luke hinauf in einen weiteren Gang. Die Luke war eng und der Rost kratzte unangenehm am Fell. Er knallte die Luke gerade noch zu, bevor das Wasser sie erreichen konnte. Rumo rappelte sich auf und schüttelte den Rost aus seinem Fell. Er stand in einem geräumigen Gang, dessen Boden trocken war. Schon bald stach ihm der beißende Geruch von vermodernden Algen und fauligem Fisch in seine empfindliche
Wolpertingernase. Er musste schon nah am Hafen sein. Tatsächlich! Am Ende des Ganges sah er ein Licht, das garantiert nicht von einer Leuchtqualle stammte. Rumo rannte in die Richtung aus der es kam. Als er aus dem Tunnel trat, stach ihm kalte stinkende Meeresluft ins Gesicht. Er blickte sich um. Ungefähr 20 Meter
entfernt sah er deutlich eine blaue, pelzige Gestalt zu der mächtigen Moloch aufblicken. Das war Blaubär! Endlich hatte Rumo ihn gefunden! Seinen Freund!
Seinen Lebensretter! Und schon begann in Rumos Kopf der vertraute Singsang
"Komm...Komm auf die Moloch!!! Komm....Komm auf die Moloch!!!
KOMM.........KOMM AUF DIE MOLOCH!!!!!!!!" Rumo hatte gelernt den verrückten Befehlen des Zamomins keine Beachtung zu schenken. Er war schon so oft in der Nähe der Moloch gewesen, doch er hatte nie den Drang verspürt den Befehlen folgen zu müssen. Anscheinend war er immun gegen diese Art von Gehirnwäsche. Er schüttelte sich einmal kräftig um die Stimme aus seinem
Kopf zu jagen und schloss für einen Augenblick die Augen , ging dann aber zielstrebig auf den Blaubären zu. Doch Plötzlich sah er ihn nicht mehr. Statt ihm standen da jetzt zwei riesige, bis an die Zähne bewaffnete Yetis die dem Stollentroll die Hand schüttelten. "Dieser miese Kerl!
Der hat nur böses im Kopf! Ich wusste es von Anfang an! Er hat ihn in eine Falle gelockt!", dachte Rumo. Der Yeti der dem Troll die Hand geschüttelt hatte wischte sie sich angewidert an seinem Fell ab. Rumo sah wie der fettige Schweiß die Haare des Yetis verkleben ließ. Das Letzte was Rumo sah war ein lederner, großer Sack, der von den zwei Yetis an Bord der Moloch gebracht wurde, bevor jemand ihm etwas braunes, lederartiges von hinten über den Kopf stülpte und ihm die Luft abschnürte. Rumo keuchte und röchelte, denn der Sack zog sich immer enger um seinen Hals. Doch Rumo war ein Wolpertinger, und Wolpertinger sind zäh wie rohes Fleisch. Er tat genau das Gegenteil was jeder andere gemacht hätte. Er verhielt sich ganz ruhig um Kraft und Luft zu sparen und ließ sich seelenruhig von den kräftigen Armen führen. Rumo nahm all seine Kräfte zusammen und trat so kraftvoll nach hinten wie er es noch nie getan hatte. Es gab ein brechreizerregendes Knacken und einen markerschütternden
Schrei. Der Griff um seinen Hals lockerte sich schlagartig. Er riss sich den Ledersack vom Kopf und schnappte gierig nach Luft. Er sog die kühle Meeresluft ein wie ein Schwamm das Wasser. Rumo blickte sich hastig um. Neben ihm lag ein Yeti, der sich schreiend das rechte Bein hielt, welches aussah als hätte versucht, es mit einem stumpfen Säbel durchzuhacken. Das Blut lief in
kleinen Rinnsälen von der Wunde.
"TUUUUUUUUUUUT, TUUUUUUUUUUT, TUUUUUUUUUUT", ertönte die Moloch hinter Rumo.
Es war zu spät, denn die Moloch legte ab. Sie fuhr mit einer Geschwindigkeit die für so ein riesiges Schiff erstaunlich war. Der beißende Geruch von Ruß stieg Rumo in die Nase und er konnte fast nichts mehr sehen. Er schloss seine Augen, doch ihm offenbarte sich nicht die Welt aus bunten Geruchsfäden, die er sonst vernahm. Er sah nur die dunkelgraue Farbe des Rußes. Es war ruhig. Nicht einmal das Stöhnen des verletzten Yetis war noch zu hören. Der Ruß schien alle Geräusche verschluckt zu haben. Man hätte ein Sandkorn fallen hören können.
Rumo schlich nervös, aber behutsam im Qualm der Moloch umher. Er hatte die Augen immer noch fest geschlossen, denn er befürchtete er würde erblinden, wenn er sie öffne. Die Stille drückte auf seine Ohren. Kein Plätschern der Wellen, keine Schreie oder sonstige Geräusche waren zu hören. Nicht einmal seine eigenen Schritte vernahm er. Er war taub und blind geworden, der viele Ruß hatte ihm die Ohren verstopft und ihn erblinden lassen, das war es!!
"He, wo sind wir? Ich sehe nichts!! Sind wir schon im Weltall, Rumo? RUMO?", ertönte da eine Stimme in Rumos Kopf . " AARRRGHHHHH!!,.....
puh hast du mich erschreckt Löwenzahn. Bin ich froh, dass du noch da bist.
Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt? Ich hätte deine Hilfe gut brauchen können!!", antwortete Rumo. " Wie jetzt?? Ich blick nicht mehr ganz durch! Wie bist du denn in Gefahr geraten? Wir waren doch in der Obhut der unsichtbaren Leute. Oder nicht? Kann mir mal jemand sagen was hier los ist??"
" Ja das kann ich", antwortete da eine Stimme. " GRINZOLD!! Bist du aus deiner Ohnmacht wieder erwacht? Kähähä..."
" Ja, ja rede du nur so weiter, von wegen Ohnmacht!! Wer war denn die ganze Zeit ohnmächtig? Ich war auf jeden Fall hellwach und bei Sinnen als wir gegen die Granitmauer gedonnert sind" " Welche Granitmauer??" " Siehst du Rumo!!
Nicht einmal an das kann dieser Waschlappen sich erinnern!" " Na und? Ich bin eben kein blutrünstiger Dämonenkrieger, so wie du einer bist. Ich halte eben nicht soviel aus wie du." " Genau!! Du Memme!" "Scherenspüler!!" " Nimm das zurück !!" " Scherenspüler, Scherenspüler, SCHERENSPÜLER!!" " Wenn ich nicht hier drin gefangen wäre, dann würde ich dir den Ha. . . . ." "Ruhe jetzt!! Ihr macht mich noch ganz verrückt, ihr zwei!! Ihr wisst ja nicht wie ätzend das ist.
Zwei Stimmen, die sich in meinem Kopf streiten. Ich versuche zu denken. Apropos, Grinzold, tue mir bitte einen Gefallen und erkläre Löwenzahn das Nötige, während ich hier versuche einen Ausweg aus dem Ruß zu finden."
, antwortete Rumo prompt. " Ein Kackertrattendreck werde ich tun, dieser Kerl kann selber zusehen wie er an die nötigen Informationen kommt" " Und wie du das tun wirst!! Ich werfe euch sonst ins Meer wenn ich jemals bis dorthin komme.", erwiderte Rumo. Er tastete sich langsam und behutsam durch die dicken Rußschwaden voran. Langsam, gaaaanz langsam!! Plötzlich ging ein weiteres Beben durch die Erde. Der Boden unter Rumos Füßen wölbte und krümmte sich, als wolle etwas aus ihm heraus. Es knirschte. Man hörte Gestein bersten und Holz zersplittern. Atlantis war bereit zum Abschuss ins Weltall.
Es rumorte in den Eingeweiden der Erde. Der Boden brach direkt neben Rumo auseinander. Er konnte es nicht sehen aber er spürte es. Kleine Gesteinsbrocken und Sand rieselte von der Decke auf Rumos Kopf. Ein riesiger blauer Blitz schoss aus diesem Loch und blendete ihn, obwohl er die Augen fest geschlossen hatte. Wasser spritzte. Ein ohrenbetäubendes Zischen erklang und es entstand ein kräftiger Sog nach oben. Der Sog war stark, aber nicht so stark, dass er Rumo hätte in die Luft heben können. Der fette Ruß verzog sich und es blieb nur noch klare, kalte Meeresluft übrig. Rumo öffnete unsicher die Augen.
Er blickte sich um. Der Boden um ihn herum war von Löchern und Spalten übersäht und er wunderte sich warum er nicht in eine dieser Spalten gefallen war. Doch das, dass ihn am meisten wunderte war das was etwa hundert Meter über ihm schwebte. Atlantis. Ein riesiger Kegel aus Erde und Gestein. Hin und wieder fielen Gesteinsbrocken so groß wie Häuser von dem Kegel ins naheliegende Meer. Dort wo sich Atlantis erhoben hatte klaffte jetzt ein mehrere Kilometer breites Loch, welches sich schnell mit Meereswasser füllte. Rumo staunte. So etwas Gigantisches hatte er noch nie gesehen. Er fühlte sich klein.
Kleine Gesteinsbrocken fielen auf Rumos Kopf. Er schüttelte sie aus seinem Fell und zeigte sich unbeeindruckt. Aber plötzlich wurde ihm bewusst in welcher Gefahr er schwebte. Neben ihm krachte ein Stein von der Größe einer Wassermelone auf den Boden. Er musste schleunigst aus dem Umkreis Atlantis verschwinden, wenn er nicht von einem Felsbrocken in der Größe eines Einfamilienhauses getroffen werden wollte. Atlantis flog immer schneller und dadurch bröckelte immer mehr von dem Gestein ab. Die Stadt war mittlerweile ungefähr einen Kilometer über Rumo und wurde wie er jetzt erst bemerkte von einer Kuppel aus knisterndem Strom umgeben. Wahrscheinlich sollte diese die
Atmosphäre der Erde beibehalten, um sie für Lebewesen der Erde bewohnbar machen. Die unsichtbaren Leute hatten über die Jahrtausende wirklich gute Arbeit geleistet. Doch er konnte sich jetzt nicht mit solchen Sachen beschäftigen. Er musste hier schleunigst verschwinden. Aber wohin. Überall fielen Felsbrocken vom Himmel und hie und da klafften kilometertiefe Löcher in denen es elektrisch knisterte und zischte. Es wäre sicher nicht gesund in eines reinzufallen überlegte Rumo. Er bewegte sich ganz langsam auf das Festland zu.
Er schlängelte sich behutsam durch den Hafen von Atlantis. Immer darauf achtend nicht in eines der Löcher zu fallen oder von einem tonnenschweren Stein zertrümmert zu werden. "Vorsichtig! Vorsichtig! Halt, noch ein Bisschen rechts und stopp! Achtung da kommt ein Stein geflogen. Wenn du nicht zermatscht werden willst musst du dich einen Schritt nach links bewegen! Gut!
Achtung, da kommt er! Achtung!". "BAAAAROOOOMS!!". Rumo torkelte hin und her und schon war es passiert. Er war mit dem Fuß in ein Loch gerutscht und hing jetzt nur noch mit einem Arm am Lochrand. Unter ihm gähnte ein mehrere Meter tiefer Schacht und über ihm regnete es Felsbrocken. Er vernahm einen unangenehmen beißenden Geruch. Dieser Geruch kam ihm sogleich vertraut als auch unvertraut vor. Er schloss die Augen und sah einen dicken Lichtsteifen in der Farbe, er wusste nicht warum aber merkwürdigerweise fiel ihm dazu das Wort Opalizam ein. Es roch nach Gennf!
Gennf, das
Faulgas, das von Zeitschnecken ausgeschieden wird. Eines der großen Mysterien des Universums ist die Frage, wohin die Zeit verschwindet. Jeder erlebt täglich das Vergehen der Zeit. Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Monate, Jahre gehen dahin - doch wohin gehen sie? Die Antwort ist: Die Zeit fließt in die Dimensionslöcher. Würde die Zeit nicht abfließen, würde sich die Atmosphäre der Erde mit Zeit füllen, bis sie platzt, also müssen Abflusslöcher für verronnene Zeit existieren. Diese Aufgabe bewältigen die Dimensionslöcher. Würde die Zeit aber lediglich durch die Dimensionslöcher in andere Dimensionen fließen, würden irgendwann diese Dimensionen platzen. Abhilfe dafür liefern die Zeitschnecken. Sie sitzen an den Rändern von Dimensionslöchern und fressen die hereinrinnende Zeit, die sie umgehend verdauen und als leicht übelriechendes Faulgas wieder absondern, welches die Dimensionslochwissenschaft »Gennf« nennt. Gennf ist also, etwas ordinär ausgedrückt, gefurzte Zeit.
" Jetzt nur nicht die Nerven verlieren! Wir kommen hier schon noch irgendwie raus. Du musst nur noch mit deiner anderen Hand an den Rand des Loches kommen und dich dann irgendwie herausziehen. Ich habe zwar keine Ahnung wie du es schaffen willst innerhalb von ungefähr drei Sekunden an den Felsvorsprung zu greifen und dich hochzuziehen...kähähä, aber du bist ja ein Wolpertinger, das schnellste aller Lebewesen....Kähähä". "Warum innerhalb von drei Sekunden?", fragte Rumo verwirrt. "Weil jeden Moment dieser riesige Stein auf das Loch fallen könnte...kähähä, dann wären wir erledigt! Wahrscheinlich zermalmt oder zerstückelt. Vielleicht haben wir auch Glück und landen in einer Dimension in der wir atmen können!" Noch im letzten Moment ließ Rumo von der Felskante los. Hätte er dies nicht getan, so wäre seine Hand jetzt unter tonnenschwerem Gestein begraben worden. Er stürzte. Doch er stürzte langsam! Ja, unglaublich langsam! Fast in Zeitlupe. Es wurde dunkel als der tonnenschwere Gesteinsbrocken auf das Loch krachte und es bröckelten faustgroße Stücke von den Wänden. Bald würde das Loch unter dem Gewicht des Steines einstürzen. Rumo musste sich entscheiden; entweder von einem riesigen Fels zermatscht werden oder in irgend einer anderen Dimension landen. Er entschied sich für letzteres und ließ sich kopfüber in das Dimensionsloch fallen, jetzt aber nicht mehr langsam sondern in einer unglaublichen Geschwindigkeit, dass ihm die Ohren ins Gesicht schlabberten und seine Augäpfel tief in ihre Höhlen gedrückt wurden. Sen ganzer Körper schien zu brennen. Die extreme Reibungshitze der Luft erwärmte sein Fell so stark, dass er befürchtete er würde jeden Moment anfangen zu brennen. Rumo krümmte sich in der Luft aufgrund der extremen Hitze und hielt sich die Pfoten vor sein Gesicht. "KAAAAAWOOOOOOMMMMS". "Das Loch muss erstaunlich tief sein", dachte Rumo. Er hatte mittlerweile die Schallmauer durchbrochen und flog jetzt im Überschalltempo. Ihm schwante nichts Gutes. Wenn er so schnell aufkommen würde, wäre das ganz sicher nicht gesund. Er würde zerquetscht wie eine Fliege, auf die man getreten war. Er drehte sich mehrmals in der Luft und fiel jetzt mit dem Rücken zum Dimensionsloch. Er hatte schon fast die Lichtgeschwindigkeit erreicht. Nein nicht fast. Er war schon schneller als das Licht geworden, denn er sah sich selbst über sich in das Loch fallen. Er musste jetzt schon einige Kilometer unter der Erde sein. So tief hatte Rumo sich das Loch nicht vorgestellt. Ihm war alles gleichgültig geworden; die Schmerzen, die Hitze. Er fiel in das Dimensionsloch. Wer war er überhaupt und wo war er? Rumo war im Zustand der Saloppen Katatonie.
Saloppe Katatonie, die
Geistiger und körperlicher Zustand der Muskulatur- und Gehirnverkrampfung, in den man gerät, wenn man sich für längere Zeit in einem Dimensionsloch aufhält. In diesem Zustand der fast absoluten Körper- und Gedankenstarre ist man durch nichts mehr zu beeindrucken, nicht einmal durch einen Dimensionslochsturz. Eine schöne, bleierne Schläfrigkeit macht sich im Körper breit, die Ohren werden sehr warm, und ein breites, doofes Grinsen bestimmt den Gesichtsausdruck. Er ist sehr entfernt dem Zustand der hilflosen Ekstase ähnlich, in die man gerät, wenn man auf einer Achterbahn in den doppelten Looping geht
Ihm wurde schwindelig. Er fiel in einen Zustand der Umnachtung. Seine Lider wurden schwerer und schwerer. Die unerträgliche Hitze empfand er schön, wie die angenehme Wärme eines Kamins. Der Fahrtwind erschien ihm als eine kühle Frühlingsbrise, die ihm sanft durch das Fell rauschte und sein Gesicht etwas abkühlte. Rumo schloss seine müden Augen und ihm offenbarte sich die Welt der Gerüche. Wie kleine bunte Würmer schwebten sie vor seinem inneren Auge; Gennf, Gestein, Erde, Meteoritenstaub, Metall, Gas, Gras, Wald, Wüste, Meer, Obst und Gemüse, Bergluft, Stickstoff, Methan, Angst, Trauer, Müdigkeit, Langeweile, ein frisch gebackener Apfelkuchen, Erdbeeren mit Schlagsahne, frisch gebrühter Kaffe, warmes Brot, Mist, Sumpfschweinkot, Blutschinken, Tod, Gift, Verderben, Verrat, Pilze, Wolpertinger, Folter, Blut, Fäulnis, Fisch, Zeit, Raum, Zukunft, Vergangenheit, Dasein, Gegenwart, Existenz, Nichts, Licht, Schall, Farben, Opalizam, Zitrin, Zamonit, Blau, Aquamarin, Gold, Silber, Chrom.... . So viele Gerüche hatte Rumo noch nie vernommen. Seine empfindliche Wolpertingernase war empört. Vor lauter bunten Fäden wurde Rumo schlecht. Sie wirbelten um ihn und erstickten ihn beinahe. Langsam öffnete er wieder die Augen und das was er sah gab ihm den Rest. Er schwebte im großen Alles des Alls. Berge, Planeten, Wälder, Wüstenlandschaften, Meere, Wolken, Meteoriten, fremde Daseinsformen, Wasser, Luftblasen und noch unbeschreiblich viele andere Dinge und Landschaften rauschten in Lichtgeschwindigkeit an ihm vorbei. Rumo konnte all diesen Eindrücken nicht standhalten. Er winselte leise und fiel dann in eine tiefe Ohnmacht.
"Noch 30 Minuten bis zum Start", gellte der Ruf der unsichtbaren Leute durch die Kanalisation Atlantis. Ein mächtiger Ruck lies die Stadt und ihre Lebewesen erzittern. Rumo von Zamonien, der Wolpertinger rappelte sich vom feuchten, bebenden Boden der Kanalisation Atlantis auf.
Nachdem er sich von seinem Lebensretter Blaubär verabschiedet hatte, war er einfach ohne zu überlegen den Stimmen der unsichtbaren Leute bis in das Zentrum der Kanalisation gefolgt. Dort stand er jetzt zusammen mit Fredda, der Berghutze und dem merkwürdigen Regenwaldzwerg, der Fredda mit verträumten Blick anglotzte.
Das sogenannte Zentrum der Kanalisation war eine ziemlich geräumige Höhle
, in der sich jetzt auch einige der unsichtbaren Leute befanden und die von blauen Blitzen und leuchtend pulsierenden Generatoren erleuchtet war. Unsichtbare Leute liefen hin und her (man erkannte es daran, dass etwas in der Luft auf und ab schwebte)und hantierten eifrig an merkwürdigen Gerätschaften, welche ruckelten und laut rumorten. Immer wieder ging ein leichtes Beben durch den Boden. Rumo fühlte sich nicht wohl. Er hatte Blaubär alleine mit dem Stollentroll im Kanalisationslabyrinth zurückgelassen. Konnte er dem Troll Vertrauen schenken? Aber nein! Es war ja ein Stollentroll! Wie konnte er nur !
Er hatte seinen Freund und Lebensretter ins sichere Verderben geschickt. Es liegt einfach nicht in der Natur eines Stollentrolls jemandem zu helfen. Er musste ihm sofort zu Hilfe eilen , Rumo war ihm etwas schuldig, denn Blaubär hatte ihm das Leben gerettet. Ohne viel zu überlegen machte er sich auf den Weg durch die große Edelstahltür in die feuchten Gänge der Kanalisation . Fredda und der Zwerg beachteten ihn kaum, als er die Höhle verließ. Doch das interessierte ihn jetzt nicht. Er musste Blaubär finden, bevor der Stollentroll ihn in die Irre führte. Er wollte sein Freund werden, ihm bei jedem seiner Abenteuer zur Seite stehen. Rumo hatte keine richtigen Freunde mehr. Smeik diese fette, nach Phogarrenqualm riechende, faule Haifischmade. Einst war Smeik sein Freund gewesen, doch nun war Smeik immer habgieriger und herzloser geworden und brachte sogar Leute als Sklaven auf die Moloch. Seit Rala vom Wald vor ca. einem halben Jahr von ein paar heimtückischen Dämonenkriegern verschleppt worden war und sein Sohn Murghus von Zamonien weit weg in Wolperting als Fechtlehrer arbeitete war ihm Volzotan Smeik unsympathisch und unwichtig geworden. Rumo hatte nichts mehr zu verlieren
, er war auf sich alleine gestellt, denn es gab keine Hoffnung mehr für Rala. Wer von einer ganzen Armee von Dämonenkriegern verschleppt wird überlebt nicht lange, angesichts dieser bösen Daseinsform. Dennoch hoffte er für Rala das beste, da sie aus viel härterem Holz geschnitzt ist als sie aussieht. Er konnte für sich selbst entscheiden, denn er war immerhin 23 Jahre alt.
Rumo rannte los. Er rannte so schnell er konnte, er wusste den Weg zum Hafen
, denn er kannte das Labyrinth sehr gut.
Schon mehrere Male hatte er auf Befehl Volzotan Smeiks hin gescheiterte Lügengladiatoren auf die Moloch geführt. Links durch einen weiteren Gang voller komischer Apparaturen und zuckenden blauen Blitzen , dann rechts, wieder rechts!!! Er war in der gewöhnlichen Kanalisation angekommen, der Boden war nass und Trübes brackiges Wasser floss auf ihm.
Der Boden erzitterte ein zweites Mal. Diesmal noch viel stärker als das erste Mal. Rumo klatschte auf den Boden und schlitterte noch ein paar Meter weit
auf dem glitschigen, algenbewachsenen Grund und knallte gegen eine Wand aus gemauerten Granitsteinen. Wankend rappelte er sich auf und rieb sich den Schädel. An dem jetzt eine große, rote Beule pulsierte. Sein rechter Arm war total verkratzt und blutig.
Doch Rumo von Zamonien war ein Wolpertinger, keine Memme, wegen so ein paar Kratzern würde er doch nicht aufgeben. Er hatte immerhin mit kräftiger Unterstützung einiger Freunde und ein paar toten Yetis die KUPFERNEN
KERLE besiegt und ganz Untenwelt mitsamt allen dort lebenden Vrahoks
zum Einsturz gebracht. Jetzt rannte er nicht so schnell und er achtete wo er seine
Füße hinsetzte. Behutsam und schnell wie ein Schatten glitt er durch die Gänge
, immer auf seine Schritte achtend. Der Gang fing an abschüssig zu werden. "Komisch!!", dachte Rumo "An diesen Abhang kann ich mich gar nicht erinnern" ."WUUUUSCH", ein riesiger Pfropfen aus faulig riechendem Abwasser schoss das abschüssige Rohr entlang. Er stand hilflos im Gang und suchte nach einem Ausweg. Plötzlich bemerkte er eine rostige Eisenluke direkt über seinem Kopf. Rumo krallte sich an dieser fest und öffnete sie quietschend.
Noch im letzten Moment zog er sich durch die Luke hinauf in einen weiteren Gang. Die Luke war eng und der Rost kratzte unangenehm am Fell. Er knallte die Luke gerade noch zu, bevor das Wasser sie erreichen konnte. Rumo rappelte sich auf und schüttelte den Rost aus seinem Fell. Er stand in einem geräumigen Gang, dessen Boden trocken war. Schon bald stach ihm der beißende Geruch von vermodernden Algen und fauligem Fisch in seine empfindliche
Wolpertingernase. Er musste schon nah am Hafen sein. Tatsächlich! Am Ende des Ganges sah er ein Licht, das garantiert nicht von einer Leuchtqualle stammte. Rumo rannte in die Richtung aus der es kam. Als er aus dem Tunnel trat, stach ihm kalte stinkende Meeresluft ins Gesicht. Er blickte sich um. Ungefähr 20 Meter
entfernt sah er deutlich eine blaue, pelzige Gestalt zu der mächtigen Moloch aufblicken. Das war Blaubär! Endlich hatte Rumo ihn gefunden! Seinen Freund!
Seinen Lebensretter! Und schon begann in Rumos Kopf der vertraute Singsang
"Komm...Komm auf die Moloch!!! Komm....Komm auf die Moloch!!!
KOMM.........KOMM AUF DIE MOLOCH!!!!!!!!" Rumo hatte gelernt den verrückten Befehlen des Zamomins keine Beachtung zu schenken. Er war schon so oft in der Nähe der Moloch gewesen, doch er hatte nie den Drang verspürt den Befehlen folgen zu müssen. Anscheinend war er immun gegen diese Art von Gehirnwäsche. Er schüttelte sich einmal kräftig um die Stimme aus seinem
Kopf zu jagen und schloss für einen Augenblick die Augen , ging dann aber zielstrebig auf den Blaubären zu. Doch Plötzlich sah er ihn nicht mehr. Statt ihm standen da jetzt zwei riesige, bis an die Zähne bewaffnete Yetis die dem Stollentroll die Hand schüttelten. "Dieser miese Kerl!
Der hat nur böses im Kopf! Ich wusste es von Anfang an! Er hat ihn in eine Falle gelockt!", dachte Rumo. Der Yeti der dem Troll die Hand geschüttelt hatte wischte sie sich angewidert an seinem Fell ab. Rumo sah wie der fettige Schweiß die Haare des Yetis verkleben ließ. Das Letzte was Rumo sah war ein lederner, großer Sack, der von den zwei Yetis an Bord der Moloch gebracht wurde, bevor jemand ihm etwas braunes, lederartiges von hinten über den Kopf stülpte und ihm die Luft abschnürte. Rumo keuchte und röchelte, denn der Sack zog sich immer enger um seinen Hals. Doch Rumo war ein Wolpertinger, und Wolpertinger sind zäh wie rohes Fleisch. Er tat genau das Gegenteil was jeder andere gemacht hätte. Er verhielt sich ganz ruhig um Kraft und Luft zu sparen und ließ sich seelenruhig von den kräftigen Armen führen. Rumo nahm all seine Kräfte zusammen und trat so kraftvoll nach hinten wie er es noch nie getan hatte. Es gab ein brechreizerregendes Knacken und einen markerschütternden
Schrei. Der Griff um seinen Hals lockerte sich schlagartig. Er riss sich den Ledersack vom Kopf und schnappte gierig nach Luft. Er sog die kühle Meeresluft ein wie ein Schwamm das Wasser. Rumo blickte sich hastig um. Neben ihm lag ein Yeti, der sich schreiend das rechte Bein hielt, welches aussah als hätte versucht, es mit einem stumpfen Säbel durchzuhacken. Das Blut lief in
kleinen Rinnsälen von der Wunde.
"TUUUUUUUUUUUT, TUUUUUUUUUUT, TUUUUUUUUUUT", ertönte die Moloch hinter Rumo.
Es war zu spät, denn die Moloch legte ab. Sie fuhr mit einer Geschwindigkeit die für so ein riesiges Schiff erstaunlich war. Der beißende Geruch von Ruß stieg Rumo in die Nase und er konnte fast nichts mehr sehen. Er schloss seine Augen, doch ihm offenbarte sich nicht die Welt aus bunten Geruchsfäden, die er sonst vernahm. Er sah nur die dunkelgraue Farbe des Rußes. Es war ruhig. Nicht einmal das Stöhnen des verletzten Yetis war noch zu hören. Der Ruß schien alle Geräusche verschluckt zu haben. Man hätte ein Sandkorn fallen hören können.
Rumo schlich nervös, aber behutsam im Qualm der Moloch umher. Er hatte die Augen immer noch fest geschlossen, denn er befürchtete er würde erblinden, wenn er sie öffne. Die Stille drückte auf seine Ohren. Kein Plätschern der Wellen, keine Schreie oder sonstige Geräusche waren zu hören. Nicht einmal seine eigenen Schritte vernahm er. Er war taub und blind geworden, der viele Ruß hatte ihm die Ohren verstopft und ihn erblinden lassen, das war es!!
"He, wo sind wir? Ich sehe nichts!! Sind wir schon im Weltall, Rumo? RUMO?", ertönte da eine Stimme in Rumos Kopf . " AARRRGHHHHH!!,.....
puh hast du mich erschreckt Löwenzahn. Bin ich froh, dass du noch da bist.
Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt? Ich hätte deine Hilfe gut brauchen können!!", antwortete Rumo. " Wie jetzt?? Ich blick nicht mehr ganz durch! Wie bist du denn in Gefahr geraten? Wir waren doch in der Obhut der unsichtbaren Leute. Oder nicht? Kann mir mal jemand sagen was hier los ist??"
" Ja das kann ich", antwortete da eine Stimme. " GRINZOLD!! Bist du aus deiner Ohnmacht wieder erwacht? Kähähä..."
" Ja, ja rede du nur so weiter, von wegen Ohnmacht!! Wer war denn die ganze Zeit ohnmächtig? Ich war auf jeden Fall hellwach und bei Sinnen als wir gegen die Granitmauer gedonnert sind" " Welche Granitmauer??" " Siehst du Rumo!!
Nicht einmal an das kann dieser Waschlappen sich erinnern!" " Na und? Ich bin eben kein blutrünstiger Dämonenkrieger, so wie du einer bist. Ich halte eben nicht soviel aus wie du." " Genau!! Du Memme!" "Scherenspüler!!" " Nimm das zurück !!" " Scherenspüler, Scherenspüler, SCHERENSPÜLER!!" " Wenn ich nicht hier drin gefangen wäre, dann würde ich dir den Ha. . . . ." "Ruhe jetzt!! Ihr macht mich noch ganz verrückt, ihr zwei!! Ihr wisst ja nicht wie ätzend das ist.
Zwei Stimmen, die sich in meinem Kopf streiten. Ich versuche zu denken. Apropos, Grinzold, tue mir bitte einen Gefallen und erkläre Löwenzahn das Nötige, während ich hier versuche einen Ausweg aus dem Ruß zu finden."
, antwortete Rumo prompt. " Ein Kackertrattendreck werde ich tun, dieser Kerl kann selber zusehen wie er an die nötigen Informationen kommt" " Und wie du das tun wirst!! Ich werfe euch sonst ins Meer wenn ich jemals bis dorthin komme.", erwiderte Rumo. Er tastete sich langsam und behutsam durch die dicken Rußschwaden voran. Langsam, gaaaanz langsam!! Plötzlich ging ein weiteres Beben durch die Erde. Der Boden unter Rumos Füßen wölbte und krümmte sich, als wolle etwas aus ihm heraus. Es knirschte. Man hörte Gestein bersten und Holz zersplittern. Atlantis war bereit zum Abschuss ins Weltall.
Es rumorte in den Eingeweiden der Erde. Der Boden brach direkt neben Rumo auseinander. Er konnte es nicht sehen aber er spürte es. Kleine Gesteinsbrocken und Sand rieselte von der Decke auf Rumos Kopf. Ein riesiger blauer Blitz schoss aus diesem Loch und blendete ihn, obwohl er die Augen fest geschlossen hatte. Wasser spritzte. Ein ohrenbetäubendes Zischen erklang und es entstand ein kräftiger Sog nach oben. Der Sog war stark, aber nicht so stark, dass er Rumo hätte in die Luft heben können. Der fette Ruß verzog sich und es blieb nur noch klare, kalte Meeresluft übrig. Rumo öffnete unsicher die Augen.
Er blickte sich um. Der Boden um ihn herum war von Löchern und Spalten übersäht und er wunderte sich warum er nicht in eine dieser Spalten gefallen war. Doch das, dass ihn am meisten wunderte war das was etwa hundert Meter über ihm schwebte. Atlantis. Ein riesiger Kegel aus Erde und Gestein. Hin und wieder fielen Gesteinsbrocken so groß wie Häuser von dem Kegel ins naheliegende Meer. Dort wo sich Atlantis erhoben hatte klaffte jetzt ein mehrere Kilometer breites Loch, welches sich schnell mit Meereswasser füllte. Rumo staunte. So etwas Gigantisches hatte er noch nie gesehen. Er fühlte sich klein.
Kleine Gesteinsbrocken fielen auf Rumos Kopf. Er schüttelte sie aus seinem Fell und zeigte sich unbeeindruckt. Aber plötzlich wurde ihm bewusst in welcher Gefahr er schwebte. Neben ihm krachte ein Stein von der Größe einer Wassermelone auf den Boden. Er musste schleunigst aus dem Umkreis Atlantis verschwinden, wenn er nicht von einem Felsbrocken in der Größe eines Einfamilienhauses getroffen werden wollte. Atlantis flog immer schneller und dadurch bröckelte immer mehr von dem Gestein ab. Die Stadt war mittlerweile ungefähr einen Kilometer über Rumo und wurde wie er jetzt erst bemerkte von einer Kuppel aus knisterndem Strom umgeben. Wahrscheinlich sollte diese die
Atmosphäre der Erde beibehalten, um sie für Lebewesen der Erde bewohnbar machen. Die unsichtbaren Leute hatten über die Jahrtausende wirklich gute Arbeit geleistet. Doch er konnte sich jetzt nicht mit solchen Sachen beschäftigen. Er musste hier schleunigst verschwinden. Aber wohin. Überall fielen Felsbrocken vom Himmel und hie und da klafften kilometertiefe Löcher in denen es elektrisch knisterte und zischte. Es wäre sicher nicht gesund in eines reinzufallen überlegte Rumo. Er bewegte sich ganz langsam auf das Festland zu.
Er schlängelte sich behutsam durch den Hafen von Atlantis. Immer darauf achtend nicht in eines der Löcher zu fallen oder von einem tonnenschweren Stein zertrümmert zu werden. "Vorsichtig! Vorsichtig! Halt, noch ein Bisschen rechts und stopp! Achtung da kommt ein Stein geflogen. Wenn du nicht zermatscht werden willst musst du dich einen Schritt nach links bewegen! Gut!
Achtung, da kommt er! Achtung!". "BAAAAROOOOMS!!". Rumo torkelte hin und her und schon war es passiert. Er war mit dem Fuß in ein Loch gerutscht und hing jetzt nur noch mit einem Arm am Lochrand. Unter ihm gähnte ein mehrere Meter tiefer Schacht und über ihm regnete es Felsbrocken. Er vernahm einen unangenehmen beißenden Geruch. Dieser Geruch kam ihm sogleich vertraut als auch unvertraut vor. Er schloss die Augen und sah einen dicken Lichtsteifen in der Farbe, er wusste nicht warum aber merkwürdigerweise fiel ihm dazu das Wort Opalizam ein. Es roch nach Gennf!
Gennf, das
Faulgas, das von Zeitschnecken ausgeschieden wird. Eines der großen Mysterien des Universums ist die Frage, wohin die Zeit verschwindet. Jeder erlebt täglich das Vergehen der Zeit. Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Monate, Jahre gehen dahin - doch wohin gehen sie? Die Antwort ist: Die Zeit fließt in die Dimensionslöcher. Würde die Zeit nicht abfließen, würde sich die Atmosphäre der Erde mit Zeit füllen, bis sie platzt, also müssen Abflusslöcher für verronnene Zeit existieren. Diese Aufgabe bewältigen die Dimensionslöcher. Würde die Zeit aber lediglich durch die Dimensionslöcher in andere Dimensionen fließen, würden irgendwann diese Dimensionen platzen. Abhilfe dafür liefern die Zeitschnecken. Sie sitzen an den Rändern von Dimensionslöchern und fressen die hereinrinnende Zeit, die sie umgehend verdauen und als leicht übelriechendes Faulgas wieder absondern, welches die Dimensionslochwissenschaft »Gennf« nennt. Gennf ist also, etwas ordinär ausgedrückt, gefurzte Zeit.
" Jetzt nur nicht die Nerven verlieren! Wir kommen hier schon noch irgendwie raus. Du musst nur noch mit deiner anderen Hand an den Rand des Loches kommen und dich dann irgendwie herausziehen. Ich habe zwar keine Ahnung wie du es schaffen willst innerhalb von ungefähr drei Sekunden an den Felsvorsprung zu greifen und dich hochzuziehen...kähähä, aber du bist ja ein Wolpertinger, das schnellste aller Lebewesen....Kähähä". "Warum innerhalb von drei Sekunden?", fragte Rumo verwirrt. "Weil jeden Moment dieser riesige Stein auf das Loch fallen könnte...kähähä, dann wären wir erledigt! Wahrscheinlich zermalmt oder zerstückelt. Vielleicht haben wir auch Glück und landen in einer Dimension in der wir atmen können!" Noch im letzten Moment ließ Rumo von der Felskante los. Hätte er dies nicht getan, so wäre seine Hand jetzt unter tonnenschwerem Gestein begraben worden. Er stürzte. Doch er stürzte langsam! Ja, unglaublich langsam! Fast in Zeitlupe. Es wurde dunkel als der tonnenschwere Gesteinsbrocken auf das Loch krachte und es bröckelten faustgroße Stücke von den Wänden. Bald würde das Loch unter dem Gewicht des Steines einstürzen. Rumo musste sich entscheiden; entweder von einem riesigen Fels zermatscht werden oder in irgend einer anderen Dimension landen. Er entschied sich für letzteres und ließ sich kopfüber in das Dimensionsloch fallen, jetzt aber nicht mehr langsam sondern in einer unglaublichen Geschwindigkeit, dass ihm die Ohren ins Gesicht schlabberten und seine Augäpfel tief in ihre Höhlen gedrückt wurden. Sen ganzer Körper schien zu brennen. Die extreme Reibungshitze der Luft erwärmte sein Fell so stark, dass er befürchtete er würde jeden Moment anfangen zu brennen. Rumo krümmte sich in der Luft aufgrund der extremen Hitze und hielt sich die Pfoten vor sein Gesicht. "KAAAAAWOOOOOOMMMMS". "Das Loch muss erstaunlich tief sein", dachte Rumo. Er hatte mittlerweile die Schallmauer durchbrochen und flog jetzt im Überschalltempo. Ihm schwante nichts Gutes. Wenn er so schnell aufkommen würde, wäre das ganz sicher nicht gesund. Er würde zerquetscht wie eine Fliege, auf die man getreten war. Er drehte sich mehrmals in der Luft und fiel jetzt mit dem Rücken zum Dimensionsloch. Er hatte schon fast die Lichtgeschwindigkeit erreicht. Nein nicht fast. Er war schon schneller als das Licht geworden, denn er sah sich selbst über sich in das Loch fallen. Er musste jetzt schon einige Kilometer unter der Erde sein. So tief hatte Rumo sich das Loch nicht vorgestellt. Ihm war alles gleichgültig geworden; die Schmerzen, die Hitze. Er fiel in das Dimensionsloch. Wer war er überhaupt und wo war er? Rumo war im Zustand der Saloppen Katatonie.
Saloppe Katatonie, die
Geistiger und körperlicher Zustand der Muskulatur- und Gehirnverkrampfung, in den man gerät, wenn man sich für längere Zeit in einem Dimensionsloch aufhält. In diesem Zustand der fast absoluten Körper- und Gedankenstarre ist man durch nichts mehr zu beeindrucken, nicht einmal durch einen Dimensionslochsturz. Eine schöne, bleierne Schläfrigkeit macht sich im Körper breit, die Ohren werden sehr warm, und ein breites, doofes Grinsen bestimmt den Gesichtsausdruck. Er ist sehr entfernt dem Zustand der hilflosen Ekstase ähnlich, in die man gerät, wenn man auf einer Achterbahn in den doppelten Looping geht
Ihm wurde schwindelig. Er fiel in einen Zustand der Umnachtung. Seine Lider wurden schwerer und schwerer. Die unerträgliche Hitze empfand er schön, wie die angenehme Wärme eines Kamins. Der Fahrtwind erschien ihm als eine kühle Frühlingsbrise, die ihm sanft durch das Fell rauschte und sein Gesicht etwas abkühlte. Rumo schloss seine müden Augen und ihm offenbarte sich die Welt der Gerüche. Wie kleine bunte Würmer schwebten sie vor seinem inneren Auge; Gennf, Gestein, Erde, Meteoritenstaub, Metall, Gas, Gras, Wald, Wüste, Meer, Obst und Gemüse, Bergluft, Stickstoff, Methan, Angst, Trauer, Müdigkeit, Langeweile, ein frisch gebackener Apfelkuchen, Erdbeeren mit Schlagsahne, frisch gebrühter Kaffe, warmes Brot, Mist, Sumpfschweinkot, Blutschinken, Tod, Gift, Verderben, Verrat, Pilze, Wolpertinger, Folter, Blut, Fäulnis, Fisch, Zeit, Raum, Zukunft, Vergangenheit, Dasein, Gegenwart, Existenz, Nichts, Licht, Schall, Farben, Opalizam, Zitrin, Zamonit, Blau, Aquamarin, Gold, Silber, Chrom.... . So viele Gerüche hatte Rumo noch nie vernommen. Seine empfindliche Wolpertingernase war empört. Vor lauter bunten Fäden wurde Rumo schlecht. Sie wirbelten um ihn und erstickten ihn beinahe. Langsam öffnete er wieder die Augen und das was er sah gab ihm den Rest. Er schwebte im großen Alles des Alls. Berge, Planeten, Wälder, Wüstenlandschaften, Meere, Wolken, Meteoriten, fremde Daseinsformen, Wasser, Luftblasen und noch unbeschreiblich viele andere Dinge und Landschaften rauschten in Lichtgeschwindigkeit an ihm vorbei. Rumo konnte all diesen Eindrücken nicht standhalten. Er winselte leise und fiel dann in eine tiefe Ohnmacht.
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