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In allerletzter Sekunde

von Halabeth
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer / P12 / Gen
16.05.2005
16.05.2005
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2.385
 
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Ein ganz herzliches Dankeschön an Pantalaimon, die sich dazu bereit erklärt hatte, diese Fic Beta zu lesen.


In allerletzter Sekunde


A/N:
Diese Geschichte ist frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist zufällig.


10:15 AM, Eichendorff Stiftung - Privatschule
André öffnete seinen Spind und sah sich noch einmal aufmerksam um. Niemand, außer ihm, war auf dem Gang. Schnell holte er die Dose aus dem Rucksack, stellte sie hinein und verschloss ihn wieder. Er ging zurück. Sein Weg führte ihn direkt zum Seitenausgang. Doch als er die Tür öffnen wollte, ertönte hinter ihm eine Stimme. "Hey, warte einmal!" Er drehte sich um. Ein etwa anderthalb Köpfe kleinerer junger Mann stand vor ihm: Dominik. "Was hast du da eben in den Spind gestellt?" "Wieso sollte ich dir das sagen?" André war sichtlich genervt. "Nun ein Geständnis bringt mildernde Umstände. Sogar wenn jemand wie du versucht alle Schulinsassen zu vergiften." "Jetzt hör mir mal zu, du kleines Großmaul!" Ziemlich sauer ging er auf ihn zu. Plötzlich lag ein Paar Hände auf Andrés Schultern und zog ihn zurück. "Dafür sitzt du. Für Mord gibt es lebenslänglich. Und sollten die Eltern und Wohltäter erfahren, was du der Stiftung antun wolltest, hetzen sie dir ihre Staranwälte auf den Hals. Ich habe dir von Anfang an nicht getraut - Los Maik, bring ihn weg. - Deine Komplizen warten schon."
Maik war einer des angestellten Security Personals, die von den Eltern ungewöhnlich hohe Gehälter bekamen und sich dafür besonders intensiv um die Schüler kümmerten.
"Das ist ein Missverständnis. Dominik...Dominik!" Maik zog ihn einen Gang entlang bis er André vor einer Tür loslassen musste, um den richtigen Schlüssel zu suchen. Die Gelegenheit war zu verlockend um ihr widerstehen zu können und so rannte André los. "Hier geblieben, Junge!" Maik erwies sich als schneller als erwartet. Er brachte André zu Fall, drehte ihm den Arm auf den Rücken, drückte ihn gegen die Wand, schloss die Tür auf und stieß ihn das Klassenzimmer.

Seine Komplizen waren mehrere Schüler, mit denen er sich seit seinem ersten Besuch dieser Schule angefreundet hatte. - Das war vor einem dreiviertel Jahr.
"Pascal, du bist uns eine Erklärung schuldig." "Ich? Wie kommt ihr ausgerechnet auf mich?" "Dominik meinte, wir hätten dir geholfen giftige Chemikalien aus dem Labor zu entwenden und im Gebäude zu verteilen." André schüttelte den Kopf. "Was für ein absoluter Schwachsinn! Überlegt doch einmal. Niemand von uns hat Chemie. Also hat auch keiner Zutritt zum Labor, weil wir das Passwort nicht kennen."
Der Gong ertönte. Die dritte Stunde war zu Ende.
Mit einem Seufzer ließ sich André auf einem Stuhl nieder. In seinem Kopf arbeitete es. Er musste hier raus und das so schnell wie möglich.
"In der Fünften haben die Anderen doch hier Erdkunde", sagte Stefanie, die aufgehört hatte mit den blonden Strähnen in ihren Haaren zu spielen und nun aufgesprungen war. "Das heißt sie holen uns spätestens nach der vierten Stunde hier wieder raus." Aufgemuntertes Gemurmel ging daraufhin um. André hatte währenddessen im Stillen eine andere Idee.
Schnell zog er aus der Hosentasche sein Handy. "Komme bereits jetzt. Wieder Neue. Trotzdem wie erwartet. A!" Mit einem weiteren Tastendruck machte sich die SMS auf den Weg zu Simon.
Er überlegte. Hatte er alles Wichtige dabei? Handy und Ausweis trug er bei sich. Im Rucksack befand sich neben einem Kalender mit belanglosen Einträgen nur noch ein Block. Die Bücher hatte er immer im Spind.
"Verdammt!"
Die Anderen sahen verwundert zu ihm. "Pascal, was ist denn? Wir sind uns sicher, wenn wir alle bezeugen, dass keiner von uns im Labor sein konnte, werden sie uns hoffentlich wieder raus lassen. Wenn nicht, Thomas hat gerade seinem Vater Bescheid gegeben. Ich bin mir sicher, er als Anwalt bringt das wieder in Ordnung."
"Ja, klar. Natürlich."
Er wusste es. Als er heute Morgen die Wohnung verlassen hatte, hatte er das Gefühl gehabt etwas vergessen zu haben. Die CDs lagen gemeinsam mit seinem Laptop und der EC-Karte in der Küche.
Das wird sehr riskant werden.
Nun musste er nicht nur hier raus, nein, nun musste er auch noch in die Wohnung.
Innerlich nervös schaute er auf die Uhr. 11:15 AM. Hoffentlich kommen sie bald.

# # #

"In dem grünen Buch auf Seite 245. Das Blaue braucht ihr vorerst nicht mehr mitbringen. Wir arbeiten jetzt hauptsächlich mit diesem hier."
Lustlos starrte Simon auf das weiße Papier über das sich eine Fülle von kleinen schwarzen Buchstaben erstreckte.
Geschichte.
Einerseits war dies neben Informatik und Mathe eines seiner Lieblingsfächer, andererseits war der Unterricht bei Frau Peuthen mehr als einschläfernd.
Ein lautloses Vibrieren an seinem Bein weckte ihn aus seinem Tagtraum. Post von André.
Verwundert sah er auf die Uhr. Wieso denn jetzt schon? Obgleich die wenigen Worte missverständlich waren, wusste er was passiert war. Zumindest hatte er eine wage Vermutung. Er schnaubte und steckte das Handy wieder zurück. So Simon, dann lass dir etwas einfallen, wie du schnell hier raus kommst.

# # #

11:35 AM.
Die Augen brannten und tränten furchtbar. Es lag kein besonderer Geruch in der Luft, aber dennoch husteten viele.
An den Fenstern des neuen Raumes liefen Schüler vorbei. Die große Pause hatte vor wenigen Minuten begonnen. Glücklicherweise ließ sich eines der großen Fenster öffnen. Man hatte sie in einen Raum im Erdgeschoß direkt über den Keller gebracht. Woher hätten sie das wissen sollen?
André zwinkerte stark. Langsam wurde die Sicht klarer. Ein kurzer Blick zurück. Seine Freunde waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ihn zu erkennen.
Mit einem unbeholfenen Satz sprang er hinaus. Das Sonnenlicht blendete. Wegen seiner gereizten Augen musste er jetzt auch seine Sonnenbrille in der Wohnung suchen.
Mit schnellen Schritten lief er zum Tor. Zwar hatte diese Privatschule hohe Sicherheitsbestimmungen, aber zu Andrés Glück keine Überwachungskameras. Jetzt hieß es Beeilung. Bemerkte man erst sein Verschwinden, bliebe ihm nicht mehr genug Zeit.
Er bog nach Rechts ab in die Grafenstraße. Vormittags war hier nichts los. Die Geschäftsleute, die hier wohnten, waren zu dieser Zeit im Büro.
André ergriff einen Pfosten und kletterte über den Zaun. Beinahe wäre er in die Rosen gefallen, die auf der anderen Seite eine beachtliche Höhe erreicht hatten.
Flink rappelte er sich hoch und durchquerte den großen Garten.
Spätestens heute zeigte sich, was das Camp in Death Valley gebracht hatte. Acht Wochen lang hatten die Ausbilder sie gedrillt. Um fünf Uhr in der Früh: Aufstehen. Anschließend einen Hindernisparcours mit Sprint Strecken absolvieren. Während der Mittagshitze: Marathon ähnliche Läufe im Herzen der Wüste. Und abends war das restliche Trainingsprogramm an der Reihe.
Diesem Camp verdankte er seine Fitness und die Chance unentdeckt zu verschwinden.
Erneut kletterte er über einen Zaun. In der nächsten Straße rannte er nach Links und fiel in ein schnelles, unauffälliges Gehen. - Er hatte die Fußgängerzone erreicht.
Wie komme ich am schnellstens dorthin? Den PKW auf einen der nahe liegenden Parkplätze zu stellen, ist zu offensichtlich.
Andrés Blick schweifte umher. Keine Polizei weit und breit.
Noch zweimal Rechts und ich bin da. Hoffentlich sind sie noch nicht eingetroffen. Sollten sie den Zugang zum Laptop knacken, verbringe ich den Rest meines Lebens hinter schwedischen Gardinen. Simon würde ich mit hineinziehen.
Sein Atem begann zu rasseln und sein Herz klopfte hörbar laut. Endlich stand er vor der Doppelhaushälfte, deren Räume er bis heute Morgen sein zu Hause genannt hatte.
Der junge Mann war unendlich erleichtert. Keine Spur von Polizei und Sondereinsatzkommando.
Hastig schloss er die Tür auf, flitzte hinein, warf alles Unwichtige aus dem Rucksack und verstaute sorgsam den Laptop, die CDs und die kleine blaue unscheinbare Box, die er letzte Nacht noch ins Regal gestellt hatte. Anschließend nahm er die Autoschlüssel, die EC-Karte, lief nach oben um seine verspiegelte Sonnenbrille zu holen, griff den Rucksack und machte kehrt nach draußen zu seinem Auto.
Der Motor heulte auf und das Haus rückte in die Ferne.
André nahm die Autobahnauffahrt Ost und ging auf die Überholspur, als das Handy vibrierte.
"Alles klar! Brauchst es nur noch abholen, normaler Name. 12:45 PM. S!"
"Simon, du bist ein Genie", sagte André und verstaute das Telefon wieder. "Jetzt muss ich nur noch das Auto loswerden."

12:45 PM.
Der Flieger nach Stuttgart hob auf die Minute genau ab.
André warf einen Blick auf die Uhr. Um fünf vor Eins, in weniger als sieben Minuten, würde nichts mehr so sein wie zuvor. Das klumpige Gift, welches er auf die Minute genau in die Belüftungsanlage gelegt hatte, hatte sich aufgelöst und verbreitete sich vom Keller aus als Gas über die Luftschächte im ganzen Gebäude.
Dominik ist mit seiner Behauptung, es sei Mord, im Unrecht. Nehme jemand das Gift im festen oder flüssigen Zustand ein, so wäre er auf der Stelle tot. Wird es aber als Gas eingeatmet, so reizt es die Schleimhäute, Atemwege, führt zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen mit Übelkeit und verursacht Halluzinationen. Im schlimmsten Fall tritt eine kurze Ohnmacht ein. - Bei dem heutigen Stand der Medizin keine unbehebbaren Symptome. Außerdem handelt es sich um eine geringe Dosis, welche aufgrund der Größe des Gebäudekomplexes nur mittlere gesundheitliche Schäden hervorruft und dennoch nicht zum Tod führt, - vorausgesetzt sie werden behandelt.

Pünktlich landete der Flieger in Stuttgart.
Die Wagentür wurde geöffnet und ein junger Mann Anfang Zwanzig stieg ein, worauf der Pkw startete.
"Hi!"
"Hi! Wie war der Flug?"
"Kann mich nicht beklagen."
"Hast du alles dabei?"
"Absolut alles. Ich musste noch einmal zurück, um die Chips und den Laptop zu holen."
Der Beifahrer legte eine kurze Pause ein. "Was? Ist etwas schief gelaufen?" André nahm die Sonnenbrille ab. "Das Gas?! - Sie haben dich erwischt, stimmt's?"
"Nicht direkt. Jemand hat die leere Dose, in der das Gift war, gesehen und mich beobachtet als ich aus dem Keller kam. Deswegen musste ich so schnell weg. Funktioniert hat es, wie du siehst, trotzdem. Die Menge war so konzipiert, dass sich die Stücke innerhalb von 2 Stunden und 55 Minuten vollständig auflösen. Leider brachte die Security uns in einen Raum im Erdgeschoß über dem Keller. Tja, wir haben halt zuerst die entstandenen Gase gespürt."
"Andre, du hast unverschämtes Glück."

Die Autobahn hatten sie hinter sich gelassen. Nun zogen zu beiden Seiten Felder vorbei.
Simon grinste. "André bist du bereit für deine neue Identität?"
"Wieso lachst du, hat die Organisation vor mich dieses Mal wieder zurück auf die Schulbank zu schicken?" Simons Grinsen wurde noch breiter. "Viel besser, mein Freund, viel besser. Sie schicken dich nach Malaga. Du sollst als Franzose Pierre de Gouche dort jemanden für die Amis treffen. Für ein Sprachtalent wie dich, dürfte das kein Problem sein." André seufzte. "Lass mich raten: Ich soll Informationen beschaffen." "Si. Nebenbei, könntest du mir einen Gefallen tun und Sophie meinen Gruß ausrichten? Du wirst ihr dort garantiert über den Weg laufen." "So, so. Sophie legt also Wert darauf mit dir in Kontakt zu stehen. Willst du meine ehrliche Meinung hören?" "Schieß los." "Sie interessiert sich nur für dich, um Informationen über die Aufträge der Organisation zu bekommen. Aus welchem Grund sollte sie sich sonst mit dir abgeben?" "Das kann man bei ihr nicht wissen." "Ich weiß nur, dass sie hinterhältig ist und..." "Sie ist nicht hinterhältig! Sie mag vielleicht ausgekocht sein und es ist stets ungewiss, ob sie ein bloß ein Spiel spielt oder nicht. Aber hinterhältig ist sie auf keinen Fall." "Aber sie spielt nicht mit offenen Karten." "André, wann haben wir jemals mit offenen Karten gespielt? Es wäre unsere sichere Fahrkarte ins Gefängnis." "Schon gut, reg dich ab. Ich richte es ihr aus, keine Sorge. - Du kommst nicht mit?" Simon schüttelte den Kopf. "Mich schicken sie nach New York. Ich soll eine Nacht und Nebel Aktion koordinieren und überwachen. Mit deiner Abreise wirst du noch drei Wochen warten müssen. Mit deinen Augen kannst du dich nicht unter die Creme de la Creme mischen." "Von denen über achtzig Prozent Undercoveragenten und Spione sind." Beide lachten. "Wird schon schief gehen."
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