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Die Fetzen ihrer Erinnerung

von Mara
Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P6 / Gen
Colonel D. M. Lydecker Max Guevara Zack
12.04.2004
12.04.2004
4
8.845
 
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12.04.2004 2.363
 
Die Fetzen ihrer Erinnerung - Teil 2

3.Eintrag
Seitdem sind viele Tage vergangen, Ohne weiteren Erfolg. Auch wenn jenes Ereignis bewiesen hat, dass ich Erinnerungen gehabt habe, und nicht von heute auf morgen in mein Leben gefallen bin (was mir manchmal leicht fällt zu glauben), hilft mir diese dämliche Aufschreiberei nicht weiter. Je mehr ich versuche, mir über meine Vergangenheit klar zu werden, desto weiter scheint sie sich mir zu entziehen.
Ausserdem stört es mich gewaltig, dass Dr. Lydecker immer seine Nase in meine Aufzeichnungen rein steckt  und alles analysiert.

4.Eintrag.
Okay, Lydecker war sehr  glücklich über meine Beschwerde (er sah aus, als hätte er ein ganzes Glas der gräßlichen Tabletten verschluckt, die sie mir immer geben) und gab mir das Buch zurück mit der Bemerkung, dass es dann wohl sinnvoller wäre ,  das Schreiben als Therapie auszusetzen, wenn es mir derart mißfällt.
Komischerweise habe ich , seitdem ich weiß, dass meine Gedanken nicht mehr derart offen liegen, das sehr starke Bedürfnis, mich jemanden mitzuteilen, ohne das selbst die klitzekleinste Wortwendung durchleuchtet wird.  Besonders, seitdem ich diese Träume habe.
Es begann damit, dass ich aufhörte, die Tabletten zu schlucke. Dr. Lydecker meinte, sie würden mir helfen, mich zu erinnern und vor Alpträumen zu bewahren, die den Heilungsprozeß nur verlangsamen würden. Angeblich würde ich dann möglicherweise Probleme haben, Wirklichkeit und Traum auf lange Sicht auseinander zu halten.
Ich wünschte, ich hätte auf ihn gehört.
Aber an jenen Abend schnürte sich mir allein bei dem Gedanken, diese widerlichen fetten Brummer zu Schlucken, der Hals zu. Ich hasste das Gefühl, wenn diese Dinger langsam meine Kehle runter rutschen und trotz eimerweise Wasser drohen im Hals stecken zu bleiben. Ich schluckte also diese Dinger nicht, und nahm nur die kleineren Pillen, die sie mir ebenfalls verpaßt haben. Die Grossen warf ich ins Klo.
Weiß der Teufel, was mich da geritten hat.
Dr. Lydecker erzählte ich nichts von dem Traum, den ich in jener Nacht gehabt hatte, aus Scham und Angst, weil ich ihm nicht vertraut hatte.
Seitdem werde ich einen Teil des Traumes in jener Nacht nicht mehr los.

In meinen Traum lag ich in meinen Bett. Wie von Zentnergewichten wurde ich ins nieder gedrückt. Mein einziger Gedanke war: "Oh- oh, ein Deja-vu Erlebnis."
Es fiel mir schwer, meine Augen zu öffnen und nur verschwommen nahm ich unter meine Wimpern heraus die Personen an meinen Bettende wahr, die mich anstarrten.
Eine der Gestalten war eine Frau. Sie wies mit einer energischen Handbewegung auf mich und sagte sowas wie: "Da ist sie.  Am Leben und...fast... gesund. Im Moment jedenfalls noch."
Einer, ein Mann, sah mich lange an.
"Woher weiß ich, dass ihr nichts geschieht, wenn ich kooperiere? Falls ich das jemals tun sollte!" fügte er fast trotzig an.
"Du Narr," fuhr ihn die Frau an, "dass sie noch lebt, ist reine Großzügigkeit."
"Pah," der Mann lachte trocken auf "Ihr hofft ja nur, dass ihr mit ihrer Hilfe die anderen findet. Aber ihr täuscht euch, sie weiß ebenso wenig wie ich, wo sie sind." "Dann ist sie nutzlos für uns. Es sei denn,..."
"Niemals!"
"Dann können wir uns ihrer ja entledigen." Sie gab einer der beiden Wachen (?) neben den Mann einen Wink.
"Wartet."
"Ah, unser junger Held lenkt doch ein?"
"Ihr Schweine!"  brach es hasserfüllt aus ihm heraus. Einer der Wächter neben ihm schlug darauf zu.
"Nein, laßt.." wies die Frau den Wächter, der den Schlag ausgeteilt hatte, an.
Sie wandte sich wieder zu dem Mann hin.
"Ich werde dir einen ehrlichen Vorschlag machen, 569. Dein Wissen über deine Geschwister ist für uns sehr wertvoll. Ausserdem verschwende ich ungern  all die Gelder die wir in deine Entwicklung gesteckt haben. Also kooperiere - und sie wird leben."

Auch nach dem Aufwachen wurde ich das Gesicht jenes Mannes nicht mehr los. Obwohl ich nur schemenhaft seine Umrisse erkennen konnte,  erscheinen sie in jeder weiteren Nacht immer klarer. Als ob ich ihn berühren könnte.
Trotz dieser widerlichen Tabletten, die ich jetzt regelmäßig wieder nahm, sah ich es oft im Traum.
Wie ein Geist scheint es mich in den letzten drei Nächten durch den Schlaf gejagt zu haben. Immer nur das Gesicht, das durch die Schwärze meiner Träume gleitet, nie mehr. Immer ist er körperlos: Bis zu jenen Tag, als
sie mich in ein anderes Zimmer verlegten.

5. Eintrag
Dr. Lydecker kam direkt nach dem Frühstück in mein Zimmer. Verwundert schaute ich von meiner Lektüre Shakespeares "Mittsommernachtstraum" auf. Es war eine ungewöhnlich frühe Zeit, um mit meinen Therapiestunden  fortzufahren. Bevor ich aber irgend etwas in dieser Richtung sagen konnte, kam er mir zuvor: "Morgen , Lisa! Ich habe gute Neuigkeiten für Sie!"
"Ach ja?" Was kam denn jetzt? Hatten sie endlich den noch flüchtigen Verbrecher gefangen, oder wollte er mir wieder einmal eine neue Therapiemethode vorschlagen? Ich hatte immer noch die Nase voll von dem gestrigen Versuch, durch Hypnose meine Erinnerung auf Vordermann zu bringen. Aber ausser entsetzlichen Kopfschmerzen hatten Lydeckers Versuche meine Vergangenheit ans Tageslicht zu bringen, nichts gebracht. Er hätte mir richtig leid getan, da er anscheinend grosse Hoffnungen in diese Sache gesteckt hatte, wenn ich nicht selber so enttäuscht gewesen wäre.
Also erwartete ich eher mit gemischten Gefühlen seine Ankündigung.
"Sie kriegen ein neues Zimmer!"
"Was?"
"Ich finde, dieses Krankenzimmer ist nicht mehr notwendig. Körperlich sind Sie ja insoweit genesen. Wir verlegen Sie in eine Abteilung, wo Sie etwas mehr Freiraum genießen können."
"Freiraum?" Ich versuchte immer noch zu verdauen, was er mir da unterbreitet hatte.
"Sie haben sich doch immer beschwert, dass Sie hier sowenig raus können. Jener Bereich, in den wir Sie jetzt bringen  werden, ist besonders gesichert. Es besteht also keine Gefahr, dass irgendeiner ihrer Verfolger sie dort findet." setzte er beruhigend hinzu, als er mein Widerstreben bemerkte.
"Ich weiß nicht."
"Wollen Sie lieber  hierbleiben?" er zog erstaunt die Augenbrauen hoch .
"Nein, natürlich nicht. Es ist nur so..."
".Dieses Zimmer ist alles, an was Sie sich erinnern, ich verstehe. Aber keine Sorge, ich denke, Ihr neues Zimmer wird Ihnen ebenso gut gefallen. Ihre Sachen werden wir später holen."
Mit diesem Worten gab er den beiden Männern, die vor der Tür standen, ein Zeichen. Sie kamen rein, und schlossen mich in ihre Mitte ein, so dass ich ihnen nicht ausweichen konnte.
"Was soll das?"
"Das hier ist unter anderen auch eine militärische Einrichtung. Meine Männer werden dafür sorgen, das Ihnen nichts geschieht. z.B. Sie nicht versehentlich in irgendeinen Übungsbereich kommen, wo Sie von einer Kugel getroffen werden oder ähnliches."

Wir mussten auf unseren Weg  das Gebäude verlassen. Zum ersten Mal sah ich den Bereich außerhalb meines Krankenzimmers. Enttäuscht musste ich feststellen, dass es nichts besonderes zu sehen gab. Wir gingen durch graue, mit Zement verkleidete Gänge, die vollkommen Menschenleer waren. Nur manchmal hörte man undefinierbare Geräusche hinter den verschlossenen Türen, an denen wir vorbei gingen.
"Wo sind denn alle?"
"Wie bitte?" Lydecker sah mich überrascht an.
"Na, die Menschen. Sagten Sie nicht, dies sei eine Militäreinrichtung?"
"Es ist Morgenappell. In den nächsten Stunden werden diese Gänge noch leer bleiben."
"Schade". Ich hätte gerne mal andere Menschen gesehen.
Schließlich verließen wir das Gebäude. Überrascht blieb ich stehen. Es war wie ein Schock für mich, endlich draussen zu sein. Mir schien es, als hätte ich nie etwas köstlicheres als diese frische Luft gerochen, die nicht, wie ich es bis jetzt gewohnt war,  aus den Lüftungsschächten kam.
"Wir müssen weiter."
"Bitte , warten Sie." bat ich ihn.
"Also gut." Resignierend seufzte Lydecker. Aufmerksam sah ich mich um. In all den Wochen, wo ich mir vorgestellt hatte, endlich draussen zu sein, war die Realität doch etwas enttäuschend. Der Himmel war verhangen, und es war kühl. Wir standen in so einer Art Hof, der von drei Seiten von Gebäuden umschlossen wurde. Die offene Seite führte auf eine Art freien Platz hinaus, der schließlich in einiger Entfernung zu einer umzäunten Wiese überging . Erfreut sah ich, dass sich dort einige Gestalten bewegten.
Unwillkürlich trat ich einen Schritt auf sie zu, als eine Hand mich plötzlich am Arm griff.
"Was haben Sie vor?"
"Da sind Menschen.." wollte ich erklären.
"Wir haben keine Zeit dafür ihr Training zu stören. Folgen Sie mir jetzt bitte weiter." fuhr mich Lydecker unwirsch an.
" Aber..."  Mist, wieso war er plötzlich so komisch drauf?
"Kommen Sie!" wies er mich an. Beleidigt folgte ich ihm.
"Sie können später noch Ihren Wunsch noch weiteren menschlichen Kontakten nachkommen. Nur im Moment müssen Sie sich leider noch gedulden." beschwichtigte er mich.
"Wenn Sie........was zum...er sollte doch gar nicht " Er brach plötzlich ab. Auf dem Trainingsplatz war es unruhig geworden.  Laute Stimmen erschallten. Mit gerunzelter Stirn starrten meine Begleiter hinüber.
"Was ist los?" wollte ich wissen. Erst drängelte er, als würde es um sonst was gehen, wieder ins Gebäude zu gelangen, und dann rannte er jetzt plötzlich wie von der Tarantel gestochen los zum Trainingsplatz.
"Bringt sie weg." brüllte er im Laufen meinen Wächter zu, die mich prompt an den Armen fassten, und rücklings auf ein nahe stehendes Gebäude zu zerrten.
"Lassen Sie mich los!" Aber trotz meines verzweifelten Windens in ihrem Griff konnte ich nichts gegen sie ausrichten. Schließlich gab ich auf und ließ mich  von ihnen schleifen. Während meiner Befreiungsversuche hatte ich nicht mehr auf den Trainingsplatz geachtet. Jetzt, wo ich mich nicht mehr wehrte, kam er wieder voll in mein Blickfeld. Lydecker hatte den Platz fast schon erreicht, als plötzlich eine der Gestalten auf den Zaun zulief.
"Scheiße, er springt drüber" schrie einer meiner Bewacher. Fassungslos sah ich zu, wie tatsächlich die Gestalt mit einen gigantischen Satz über den Zaun sprang. Dabei war das Teil fast doppelt so hoch, wie sie selber.
Im selben Moment schallten Sirenen los, und von überallher rannten plötzlich quer über den Platz Leute auf die Gestalt zu, die sich bei näheren Herankommen als Mann erwies.
"Er kommt hierher, mach endlich die scheiß Tür auf." brüllte es hinter mir. Ich wagte es, einen Blick nach hinten zu werfen, auch wenn mich das Szenario vor mir faszinierte. Der Mann schien mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu zurasen und warf alle , die ihn aufhalten wollten, wie Puppen beiseite.
Meine Bewacher standen vor einer Eisentür und hantierten hektisch dran herum. Endlich ging die Tür auf und sie zerrten mich fast brutal hinein.
"Endlich", seufzte einer von ihnen, als die Tür sich hinter uns schloss. Sie drehten sich um, und schoben mich weiter in den Gang hinein.
"Gehen Sie, Miss, wir.." Ein Knallen ließ ihn Stocken. Irgend etwas war an die Tür geprallt. Laute Geräusche drangen durch das dicke Metall zu uns durch. So ähnlich müsste der Einschlag eines Meteoritenschwarms klingen. Leicht verängstigt sah ich zu, wie die Tür bebte.
Plötzlich war wieder Stille.
Meine Bewacher atmeten auf. Einer von ihnen setzte sich sein Headset wieder auf, das ihm bei der Flucht vom Kopf gefallen war, und lauschte hinein. Schließlich nickte er zufrieden. "Alles klar. Sie haben ihn."
Auf meine Fragen, was denn geschehen sei, antworteten sie nicht. Auch Dr. Lydecker, der mich später in meinen neuen Zimmer aufsuchte, sagte mir nichts. Er meinte nur, der Fall müsste noch untersucht werden, bevor er mir genaueres sagen könne.
Erst später wurde mir klar, das der Mann, der uns über den Platz verfolgt hatte , derselbe wie in meinen Traum gewesen war.
                  
                                                           Ende Teil 2
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