Tutorium: Kann man schreiben lernen?
Autor: Silio
Diese Frage hat sich wohl jeder, der hier unterwegs ist, schon mal gestellt. Meine tiefe Überzeugung: Ja, jeder kann schreiben. Denn jeder erlebt so viele Dinge im Alltag, aus denen sich eine gute Geschichte machen lässt. Das Schreiben schlägt die Brücke zwischen den Ideen im eigenen Kopf und dem, was ihr den Lesern davon präsentieren wollt. Natürlich gibt es diverse Tricks, wie einem "gutes Schreiben" gelingen kann. Ich versuche hier, eine Übersicht zu geben und einige Aspekte anzuschneiden.
- Frei oder strukturiert?
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Soll man einfach drauflosschreiben, wie einem die Gedanken gerade kommen oder zuerst die ganze Handlung mit allen Kapiteln strukturieren? Wenn man frei schreibt, kommen die Formulierungen natürlicher und die Handlung wird flüssiger, weil man sich nicht in eine Struktur einpferchen lässt. Jedoch kann es passieren, dass man sich in Details verliert und die Geschichte dadurch chaotisch wird. Strukturiertes Schreiben hilft bei der Übersicht, man läuft aber Gefahr, dass die Handlung ihren natürlichen Schwung verliert, weil man auf Biegen und Brechen auf ein geplantes Ziel hinschreibt. Am besten finde ich den Mittelweg. Zuerst eine grobe Übersicht über die Handlung erstellen, dann schreiben und wenn sich im Verlauf des Schreibens etwas anderes ergibt, einfach machen und eine neue Struktur erstellen.
- Sprachstile
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Der Stil ist ein wichtiges Thema, denn er gibt einem Text aber auch unterschiedlichen Figuren den Charakter. Wenn ihr für die unterschiedlichen Figuren andere Stile wählt, gibt das der Geschichte mehr Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit. Kinder sprechen anders als Erwachsene, Leute aus der Unterschicht anders als solche aus der Oberschicht. Darüber müsst ihr euch Gedanken machen, aber verbiegt euch nicht! Wenn ihrs nicht so mit den Fremdwörtern hat, braucht ihr sie auch nicht krampfhaft einzubauen. Ihr solltet euch immer wohl fühlen mit eurem Text, sonst leidet die Qualität.
- Erzählerperspektive
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Ich-Erzähler: Dieser Erzähler ist mitten in der Handlung drin, weiss über die Dinge, die er selber erlebt, sehr genau Bescheid. Er eignet sich gut, wenn es nur eine Haupthandlung ohne Nebenhandlungen gibt, in der ihr vertieft auf die Gefühls- und Gedankenwelt des Ich-Erzählers eingehen könnt, um die Handlung authentischer zu gestalten. Man ist aber limitiert in der Ausarbeitung der anderen Figuren.
Auktorialer Erzähler: Dieser Erzähler blickt aus der Vogelperspektive auf die Handlung. Er kennt die Gedanken und Gefühle aller Figuren, ist also der allwissende Erzähler. Diese Form eignet sich gut bei mehreren Handlungssträngen und wichtigen Figuren. Da der Erzähler jedoch nicht auf eine Figur fokussieren kann, wird es auch schwieriger, sich als Leser mit den einzelnen Figuren zu identifizieren.
Ihr müsst selber schauen mit welcher Erzählerperspektive ihr euch am wohlsten fühlt. Ihr könnt aber auch einen Kompromiss wählen, dass ihr z.B. in jedem Kapitel eine andere Figur aus der Ich-Perspektive erzählen lasst. Aber auch andere Kombinationen sind möglich.
- Synonyme
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Immer etwas andere Formulierungen halten einen Text lebendig. Wenn ich in einem Text ständig "dann" lesen muss, wird es mir schnell langweilig und ich habe keine Lust mehr weiterzulesen. Es ist daher wichtig, dass ihr mit euren Formulierungen variiert. Für "dann" gibt es viele Möglichkeiten: "anschliessend", "nachher", "danach" etc. Eine Ausnahme für mich ist die Benennung der Figuren. Nehmen wir an, es gibt einen Jungen namens Hans mit blauen Augen. Da ist es eher nervig, wenn man lesen muss: "Der blauäugige Junge sagt:..." Die Identifikation mit der Figur wird so gestört und als Leser muss man sich alle Attribute der einzelnen Figuren merken, was wirklich umständlich ist. Zudem hat man sich im Verlauf des Lesens vielleicht ein eigenes Aussehen ausgedacht. Hier ist es also völlig in Ordnung, Hans immer beim Namen zu nennen und nicht zwecks Abwechslung auf Umschreibungen auszuweichen.
- Schreibblockaden
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Ihr habt die perfekte Idee, seid hochmotiviert, habt euch viel vorgenommen, aber die Worte wollen einfach nicht fliessen. Ihr starrt auf euer Papier oder den Bildschirm und es will einfach nichts dabei rauskommen, obwohl ihr eine tolle Geschichte im Kopf habt, die ihr unbedingt aufschreiben wollt. Keine Panik, setzt euch nicht unter Druck. Kreativität kann man nicht erzwingen. Zwingt euch nicht zum Schreiben, wenn nur Quatsch dabei rauskommt. Macht etwas anderes. Putzen, Sport, Musik hören, einfach irgendetwas, was euch ablenkt. Und dann plötzlich kommt euch die zündende Idee oder die richtige Formulierung in den Sinn und ihr könnt problemlos weiterarbeiten.
- Fazit
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Ich hoffe, ich konnte euch einige nützliche Tipps zum Einstieg geben. Das Wichtigste ist: Üben, üben, üben, dranbleiben und nicht aufgeben. Wenn ihr Angst habt, dass euer Text nicht gut genug ist, ist diese Seite eine sehr gute Möglichkeit. Selbst wenn euer Text nicht so ankommt, wie ihr euch das erhofft habt, ist das nicht so schlimm. Es kann niemand in der realen Welt mit dem Finger auf euch zeigen und auslachen. Nehmt positive Stimmen und konstruktive Kritik als Ansporn, euch stetig zu verbessern und lasst euch von negativen Äusserungen nicht runterziehen. Denn in erster Linie schreibt ihr schliesslich für euch und weil es euch Spass macht. Das dürft ihr nicht vergessen!